Die Sache mit dem Ehegattensplitting

Laut Medi­en­be­rich­ten will Bun­des­fa­mi­li­en­mi­nis­te­rin Kris­ti­na Schrö­der zur Gleich­stel­lung von homo­se­xu­el­len Part­ner­schaf­ten bei­tra­gen, indem das Ehe­gat­ten­split­ting dafür geöff­net wer­den soll. Klingt erst­mal gut, wird aber von ihr selbst gleich wie­der rela­ti­viert. Es gehe ihr um den Erhalt kon­ser­va­ti­ver Wer­te, heißt es, und das glau­be ich ihr durch­aus. Es geht ihr, zuge­spitzt, um die Ret­tung der Ehe vor dem Feminismus.

Die CDU dazu zu brin­gen, sich ein klei­nes biss­chen pro­gres­si­ver zu zei­gen, indem sie die letz­ten Schrit­te zur Gleich­stel­lung der ein­ge­tra­ge­nen Part­ner­schaft mit der Ehe macht, ist nicht schlecht (und kann als spä­ter Erfolg unter ande­rem der dies­be­züg­li­chen Initia­ti­ven von Vol­ker Beck gese­hen wer­den, bei deren nament­li­cher Abstim­mung diver­se CDU-MdBs sich vor ihrem Gewis­sen ziem­lich blamierten).

Aber: Eigent­lich müss­te es dar­um gehen, den Ana­chro­nis­mus einer staat­li­chen Sub­ven­ti­on der Allein­ver­die­ner­ehe ganz abzu­schaf­fen. Ehe­gat­ten­split­ting bringt dann etwas, wenn ein Part­ner in einer Ehe oder Part­ner­schaft deut­lich mehr ver­dient als der ande­re. Das allei­ne ist schon ein­mal schwie­rig, weil in den meis­ten Fäl­len zufäl­li­ger­wei­se die Frau in einer hete­ro­se­xu­el­len Ehe die­je­ni­ge ist, die weni­ger ver­dient. Zur Not lie­ßen sich hier auch ent­spre­chen­de Sta­tis­ti­ken auskramen. 

In gleich­ge­schlecht­li­chen Part­ner­schaf­ten lie­gen die Ein­kom­mens­ver­hält­nis­se ver­mut­lich ähn­li­cher – eine Öff­nung hier hat also in vie­len Fäl­len mehr einen sym­bo­li­schen als einen mate­ri­el­len Wert.

Ehe­gat­ten­split­ting heißt, Anrei­ze dafür zu set­zen, dass Men­schen hei­ra­ten (weil es sich ja steu­er­lich lohnt), und es heißt, staat­li­che Anrei­ze für unglei­che Ein­kom­mens­ver­hält­nis­se in der Ehe (oder eben auch der Part­ner­schaft) zu set­zen. Also: das deut­sche Part­ner­schafts­mo­dell der 1950er Jah­re am Leben zu erhalten.

Eine Abschaf­fung des Ehe­gat­ten­split­tings wür­de nicht bedeu­ten, dass es kei­ne Ein­kom­mens­un­ter­schie­de – und damit erheb­li­che mate­ri­el­le Ungleich­hei­ten – in Part­ner­schaf­ten mehr geben wür­de. Aber es wür­de einen wich­ti­gen Anreiz dafür weg­neh­men. Das Geld könn­te dann bei­spiels­wei­se in eine tat­säch­li­che För­de­rung von Kin­dern und Fami­li­en jeder Art gesteckt werden.

Wenn Schrö­der sich in der CDU damit durch­setzt, das Ehe­gat­ten­split­ting für ein­ge­tra­ge­ne Part­ner­schaf­ten zu öff­nen, ret­tet sie ihr Fami­li­en­mo­dell und ver­län­gert die Lebens­zeit eines gesell­schaft­li­chen Ana­chro­nis­mus. Inso­fern glau­be ich, dass zu viel Begeis­te­rung über die­sen Vor­stoss sei­tens pro­gres­si­ver Kräf­te nicht ganz die rich­ti­ge Reak­ti­on ist.

Dis­clai­mer: Eine Abschaf­fung des Ehe­gat­ten­split­tings zuguns­ten höhe­rer Kin­der­leis­tun­gen wür­de dem von mir geleb­ten Fami­li­en­mo­dell (unver­hei­ra­te­te hete­ro­se­xu­el­le Part­ner­schaft mit Kin­dern, inzwi­schen Tren­nung, aber wei­ter­hin gemein­sa­me Kin­der­er­zie­hung) zu Gute kom­men. Inso­fern könn­te es sich bei die­sem Blog­bei­trag um Kli­en­tel­po­li­tik in ganz eige­ner Sache han­deln. Aller­dings zeigt ein Blick auf die Sta­tis­ti­ken, dass weder getrennt auf­wach­sen­de Kin­der noch unver­hei­ra­te­te Eltern heu­te völ­li­ge Aus­nah­me­fäl­le sind.

P.S.: Zum The­ma Wir­kung und Unge­rech­tig­kei­ten des Ehe­gat­ten­split­tings (aus einer Pro-Ehe-Sicht) ist die­ser ZEIT-Arti­kel von Eli­sa­beth Nie­jahr sehr lesens­wert. Dan­ke an @Krrrcks für den Hinweis.

3 Antworten auf „Die Sache mit dem Ehegattensplitting“

  1. Stimmt, das Ehe­gat­ten­split­ting soll­te abge­schafft und durch ein Sys­tem der steu­er­li­chen Ent­las­tung für Unter­halts­leis­ten­de ersetzt wer­den. Wie vie­le Men­schen leben von einem Ein­kom­men, egal wie oder ob sie mit­ein­an­der direkt ver­wandt oder viel­leicht „nur“ befreun­det sind. Das ist die eine Baustelle.

    Eine voll­kom­men ande­re Bau­stel­le ist die Dis­kus­si­on über die steu­er­li­che Gleich­stel­lung von Ein­ge­tra­ge­nen Lebens­part­ner­schaf­ten. Men­schen wie Kris­ti­na Schrö­der for­dern sie jetzt nicht etwa, weil sie ihr Herz für Homo­se­xu­el­le ent­deckt haben, son­dern um eine Ehe­öff­nung für Les­ben und Schwu­le zu ver­hin­dern! Denn solan­ge das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt sagt, es muss nur eine finan­zi­el­le Gleich­heit her­ge­stellt wer­den, kann das Kon­strukt der Ein­ge­tra­ge­nen Lebens­part­ner­schaft wei­ter bestehen blei­ben. Rich­tig ver­hei­ra­tet sind wir dann immer noch nicht. Das bedeu­tet in der Rea­li­tät: Kran­ken­häu­ser betre­ten wir in man­chen Regio­nen am bes­ten nur in Beglei­tung von juris­ti­schem Bei­stand, weil die Soft­ware den Fami­li­en­stand „ver­part­nert“ nicht kennt; Fami­li­en­st­än­de wie z. B. „Lebens­part­ner ver­stor­ben“ nimmt auch noch zwan­zig Jah­re spä­ter auf jedem For­mu­lar ein Zwangs­ou­ting vor und in Per­so­nen­stand­ur­kun­den wird ver­stor­be­nen Partner_innen anstel­le ihres Namens eine Ord­nungs­zahl ver­passt. Die tag­täg­li­che Homo­pho­bie, die von der Hete­ro­welt nicht gese­hen wer­den will.
    Nein, anstatt sich damit aus­ein­an­der­zu­set­zen, wird jedes Mal, wenn es um die steu­er­li­che Gleich­be­hand­lung von homo- mit hete­ro­se­xu­el­len Ehe­paa­ren geht, die Gele­gen­heit genutzt und nach der Abschaf­fung des Ehe­gat­ten­split­tings geschrien, wohl wis­send, dass die­se For­de­rung in abseh­ba­rer Zeit in der Bun­des­re­pu­blik nicht durch­setz­bar sein wird. Ich bin die­sen Monat seit 11 Jah­ren ver­part­nert und habe kei­ne Lust mehr, noch wei­te­re elf Jah­re dar­auf zu war­ten, bis sich in unse­rem Steu­er­recht etwas ändert und Ein­ge­tra­ge­ne Lebens­part­ner­schaf­ten viel­leicht auto­ma­tisch der hete­ro­se­xu­el­len Ehe finan­zi­ell gleich­ge­stellt wer­den bzw. alle Lebens­for­men gleich behan­delt wer­den, nur weil das jet­zi­ge Sys­tem, das für Hete­ros gilt, ein Ana­chro­nis­mus ist.

    1. Dan­ke für den aus­führ­li­chen Kom­men­tar! (War im Spam gelan­det, des­we­gen erst jetzt freigeschaltet).

      Das mit der Nicht­ab­schaff­bar­keit des Ehe­gat­ten­split­tings ist so eine Fra­ge – ich bin nicht so über­zeugt davon, dass es nicht allein auf­grund des enor­men finan­zi­el­len Drucks, unter dem die öffent­li­chen Haus­hal­te ste­hen, doch nicht so ganz unmög­lich ist, es in naher Zukunft abzuschaffen.

      Soll­te es nicht abschaff­bar sein, stim­me ich dir zu, dass eine steu­er­li­che Gleich­be­hand­lung hete­ro­se­xu­el­ler wie homo­se­xu­el­ler Part­ner­schaf­ten not­wen­dig ist. Wobei – am liebs­ten hät­te ich eine kla­re Unter­schei­dung zwi­schen „Ehe“ (als Rechts­form, bei der zwei oder von mir aus auch mehr Men­schen egal wel­chen Geschlechts eine auf Dau­er ange­leg­te Part­ner­schaft und Wirt­schafts­ge­mein­schaft staat­lich regis­trie­ren) und „regis­trier­te Part­ner­schaft“ (nicht im Sin­ne der heu­ti­gen Lebens­part­ner­schaft, son­dern als recht­li­chen Sta­tus für in einer Bezie­hung zusam­men­le­ben­de Men­schen gleich wel­chen Geschlechts, aus der bei­spiels­wei­se kei­ne Erb­schafts­an­sprü­che oder Zusam­men­ver­an­la­gungs­mög­lich­kei­ten erwach­sen, wohl aber z.B. Besuchs­rech­te im Kran­ken­haus). Aber auch das ist ver­mut­lich zu uto­pisch, oder?

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