Brandung (14)

Wie­der zurück in die Stadt am Meer.

Journey of waiting XXXV: train behind window

Brandung (14)

Flüs­ternd stritt Kath sich mit dem Mäd­chen mit den Dre­ad­locks über die bes­te Stra­te­gie. Kath war sich sicher, dass an der nächs­ten Hal­te­stel­le bereits Poli­zis­tIn­nen war­ten – ent­we­der, um sie in Emp­fang zu neh­men, oder um die Stadt­bahn zu stür­men. „Wir stel­len uns – was sol­len wir auch sonst tun? Es ist ja auch gar nicht klar, was uns über­haupt vor­ge­wor­fen wird.“ – das war ihr letz­ter Plan. 

Der jugend­li­chen Dre­ad­lock-Trä­ge­rin pass­te das über­haupt nicht. „Typisch – beim ers­ten Anzei­chen von Trou­ble gleich klein bei­geben! Sobald wir in die Sta­ti­on ein­ge­fah­ren sind, ziehst du die Not­brem­se, wir bre­chen die Türe auf und sind dann im Stadt­bahn­tun­nel. Dann sehen wir weiter.“ 

Sie hat­ten nicht mehr viel Zeit. Kath über­leg­te – bis zum Water Tower waren es maxi­mal noch zwei Minu­ten. Der Plan des Mäd­chens im schwar­zen Kapu­zen­pul­li hat­te den Vor­teil, ein Plan zu sein – aber Kath gefiel er nicht. „Das klappt doch nie. Ber­ti kann sich doch kaum noch auf­recht hal­ten. Mit ihm kom­men wir nie im Leben heil durch den Tunnel!“

„Wir ent­schei­den das jetzt ein­fach so. Traust uns das wohl nicht zu. Pah.“ Das war der Jun­ge aus der Bezugs­grup­pe, der bis­her nichts gesagt hatte. 

Abrupt und mit krei­schen­den Brem­sen blieb die Stadt­bahn ste­hen. Ein Kof­fer knall­te auf den Boden. Kath flog dem Dre­ad­lock-Typen in die Arme. Sie rap­pel­te sich wie­der hoch und sah sich um. Die Bahn stand mit­ten auf einer der Brü­cken über die Auto­stra­ße. Ernst­haft zu Scha­den gekom­men war wohl kei­ner der weni­gen Pas­sa­gie­re. Auch Ber­ti und das Mäd­chen aus sei­ner Bezugs­grup­pe hat­ten die Brem­sung heil über­stan­den. Das Mäd­chen setz­te an, etwas zu sagen. 

In die­sem Moment wur­de eine der Türen auf­ge­ris­sen. Eine Droh­ne schoss her­ein. Ziel­stre­big flog sie auf die an der Decke des Wagens befes­ti­ge Über­wa­chungs­ka­me­ra zu und hüll­te die­se zischend in einen schwar­zen Farb­ne­bel. Das­sel­be Spiel mit der zwei­ten Über­wa­chungs­ka­me­ra – schon zipp­te die Droh­ne wie­der zur Tür und dann aus dem Wagen her­aus. Nur weni­ge Sekun­den waren vergangen. 

Jetzt erschien eine in rotes Leder geklei­de­te Gestalt in der Tür. Sie blick­te sich kurz um, deu­te­te dann in Rich­tung der Vie­rer­sitz­grup­pe, wo Kath, Ber­ti und die ande­ren saßen. „Da sind sie. Los, jeder schnappt sich eine, dann nichts wie raus.“ Drei Män­ner in der­sel­ben roten Mon­tur klet­ter­ten in den Stadtbahnwagen. 

Kath wuss­te nicht, ob sie sich weh­ren soll­te, und was hier eigent­lich geschah. „Raus hier, schnell!“ – das war die Anfüh­re­rin der Grup­pe. Sie warf sich Ber­ti über die Schul­ter, der dies lei­se jam­mernd hin­nahm. Die ande­ren drei pack­ten Kath und die bei­den Dre­ad­locks am Arm und zogen sie Rich­tung Ausgang. 

Dort konn­te Kath sehen, dass die vier über eine Strick­lei­ter zur Brü­cke hoch­ge­klet­tert waren. Die Strick­lei­ter war mit gro­ßen Haken an der Brü­cke befes­tigt. Sie reich­te meh­re­re Meter hin­ab bis zur Lade­flä­che eines Last­wa­gens, der quer unter der Stadt­bahn­brü­cke park­te. „Da run­ter! Du zuerst!“, herrsch­te die Anfüh­re­rin sie an. „Schnel­ler!“

So schnell sie konn­te, klet­ter­te Kath die Lei­ter hin­ab. Unten ange­kom­men, konn­te sie beob­ach­ten, wie immer abwech­selnd einer der Roten und ihre Grup­pe hin­ab­klet­ter­ten. Die Anfüh­re­rin folg­te, mit einer Hand an der Lei­ter, und mit einer Hand Ber­ti stüt­zend, der ver­bis­sen ver­such­te, nicht zu fal­len. Kath konn­te eine gewis­se Scha­den­freu­de nicht ver­heh­len, als sie sah, dass die bei­den Jugend­li­chen käse­bleich im Gesicht waren. Soviel zur Action. Wenn sie ehr­lich war, fühl­te sie sich nicht anders. 

Kaum waren alle unten ange­kom­men, lös­ten sich auf ein Signal der Anfüh­re­rin hin die Haken und die Strick­lei­ter knall­te auf die Lade­flä­che. Rund um die Lade­flä­che schloss sich die Pla­ne des Last­wa­gens. Die glei­ßen­de Som­mer­son­ne sorg­te für ein rotes Däm­mer­licht. „Fest­hal­ten! Und kein Wort!“ – wie­der die Anfüh­re­rin. Und damit setz­te sich der Last­wa­gen in Bewegung.

(to be continued)

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