„A‑01 Strategiewechsel in Afghanistan“

Wei­ter geht’s in der Rei­he Län­der­rats­an­trä­ge mit dem poli­ti­schen Schwer­ge­wicht, d.h. dem Antrag zu Afgha­ni­stan, bzw. genau­er gesagt: zum wei­te­ren Vor­ge­hen in Afgha­ni­stan. Der Antrag umfasst drei Sei­ten und hat eigent­lich die Über­schrift „Für eine poli­tisch-zivi­le Offen­si­ve in Afgha­ni­stan ((selt­sa­mer Sprach­ge­brauch, die zivi­le Offen­si­ve)) – ein Stra­te­gie­wech­sel ist nötig“. Die ers­te der drei Sei­ten nimmt vor allem eine Ana­ly­se der Situa­ti­on aus grü­ner Sicht ein. Dabei wird betont, dass die Situa­ti­on in Afgha­ni­stan sich ins­ge­samt ver­schlech­tert, und dass dies ins­be­son­de­re für den vom mili­tä­ri­schen Vor­ge­hen der „Ope­ra­ti­on Endu­ring Free­dom“ (OEF) beson­ders betrof­fe­nen Süden des Lan­des gilt. Die grü­ne Unter­stüt­zung der „Inter­na­tio­nal Secu­ri­ty Assis­tance Force“ (ISAF) mit zivi­len wie mili­tä­ri­schen Kom­po­nen­ten wird noch ein­mal begrün­det (Sta­bi­li­sie­rung durch die inter­na­tio­na­le Gemein­schaft) und dar­ge­stellt, dass OEF als rein mili­tä­ri­scher Ein­satz abge­lehnt wird.

Als Aus­gang aus die­ser Ana­ly­se der Situa­ti­on wird ein drin­gen­der Stra­te­gie­wech­sel in Afgha­ni­stan begrün­det (und dabei auf den Par­tei­tags­be­schluss der letz­ten BDK und auf ent­spre­chen­de grü­ne Vor­schlä­ge im Bun­des­tag ver­wie­sen). Mit Stra­te­gie­wech­sel gemeint sind vor allem zwei Punk­te: (1) eine Ver­bes­se­rung und mas­si­ve Aus­wei­tung der zivi­len Maß­nah­men (u.a. Auf­bau von Infra­struk­tur, Poli­zei und Jus­tiz­we­sen) und (2) eine „Ver­än­de­rung des mili­tä­ri­schen Vor­ge­hens im Süden“. 

Punkt 1 bedeu­tet im Klar­text vor allem eine Erhö­hung des Bud­gets der zivi­len Mis­sio­nen der euro­päi­schen Staa­ten und Kri­tik an den Stra­te­gien der USA in die­sem Bereich (u.a. das „ame­ri­ka­ni­sche Vor­ge­hen […], para­mi­li­tä­ri­sche Ein­hei­ten im Schnell­durch­lauf durch pri­va­te Sicher­heits­fir­men aus­zu­bil­den“). Genannt wird außer­dem die auf Feld­zer­stö­rung set­zen­de Antidro­gen­po­li­tik. Zu Punkt 2 heißt es:

„ISAF ist mitt­ler­wei­le im gan­zen Land aktiv, auch im Süden. Das künf­ti­ge mili­tä­ri­sche Vor­ge­hen von ISAF darf sich nicht am Vor­ge­hen von OEF ori­en­tie­ren. Wir brau­chen eine mili­tä­ri­sche Asis­tenz beim Wie­der­auf­bau und nicht eine mit­un­ter völ­lig fehl­ge­lei­te­te Auf­stands- und Ter­ror­be­kämp­fung, die mas­si­ve zivi­le Opfer in Kauf nimmt […].“

Aller­dings sagt der Antrag auch, dass ein der­ar­ti­ger Stra­te­gie­wech­sel inner­halb der NATO unwahr­schein­lich ist. Der Antrag schließt mit einer Lis­te von 16 „For­de­run­gen an die Bun­des­re­gie­rung“, die die oben genann­ten Punk­te in kon­kre­te Maß­nah­men umset­zen (etwa Bünd­nis­ar­beit mit Kana­da und den Nie­der­lan­den inner­halb der NATO, um doch noch einen Stra­te­gie­wech­sel zu erreichen).

Beim Lesen des Antrags sind mir zwei Fra­gen durch den Kopf gegan­gen. Zum einen: was steht drin­ne, was nicht schon im Beschluss der Bun­des­de­le­gier­ten­kon­fe­renz vom letz­ten Jahr steht? Da müss­te ich noch­mal nach­schau­en, ich gehe aber davon aus, dass der Län­der­rats­an­trag nicht viel Neu­es bei­trägt, son­dern die dort gefun­de­ne Posi­ti­on ver­stär­ken soll. Die wich­ti­ge­re Fra­ge ist aber: was steht nicht im Antrag – zum Bei­spiel wird die Tor­na­do-Ent­schei­dung des Bun­des­tags (bei der die grü­ne Frak­ti­on ziem­lich gespal­ten abge­stimmt hat) nicht erwähnt. Mir ist es gera­de zu spät am Tag, um mich im Zwi­schen-den-Zei­len-Lesen-und-diplo­ma­ti­sche-Inten­tio­nen-Inter­pre­tie­ren zu üben. So erweckt der Antrag auf mich erst­mal den Ein­druck, dass die inner­halb der grü­nen kon­tro­ver­sen Punk­te lie­ber umgan­gen wer­den, als sich direkt dazu zu äußern. 

Wie wer­de ich abstim­me? Ohne wei­te­res Hin­ter­grund­wis­sen sieht der Antrag erst­mal sinn­voll aus. Inter­es­sant könn­te es wer­den, wenn noch von irgend­wem Ände­rungs­an­trä­ge ein­ge­bracht wer­den … bis­her ist davon aber nichts zu hören.

Neben­be­mer­kung: Ich hof­fe, die Antrags­be­grün­dung fällt etwas bes­ser aus als die selt­sa­men Kom­men­ta­re zu den Oster­mär­schen aus der Par­tei­spit­ze – der offe­ne Brief von Julia See­li­ger und ande­ren sagt alles wich­ti­ge dazu.

War­um blog­ge ich das? Als Teil einer Rei­he über die Anträ­ge beim Län­der­rat am Sams­tag, über die ich mit­ab­stim­men wer­de. Anre­gun­gen dazu neh­me ich wei­ter­hin ger­ne entgegen.

2 Antworten auf „„A‑01 Strategiewechsel in Afghanistan““

  1. Moin Til,
    ich berei­te im GJ wiki der­zeit einen Afgha­ni­st­an­an­trag für die GJ vor, viel­leicht willst du dich mit einbringen:
    http://wiki.gruene-jugend.de/index.php/Afghanistan

    Und noch ein Input: http://wiki.gruene-jugend.de/index.php/Afghanistan_und_Opium

    Licen­sing pop­py for medi­ci­ne in Afghanistan
    http://www.senliscouncil.net/modules/Opium_licensing

    Die Län­dern wie Afgha­ni­stan sind IMHO nicht zu ver­ste­hen, wenn die dor­ti­ge Dro­gen­pro­duk­ti­on nicht berück­sich­tigt wird. Das wäre als wür­de man beim Irak die dor­ti­ge Erd­öl­pro­duk­ti­on und ‑vor­kom­men nicht beach­ten. Außen­po­li­tik und Dro­gen­po­li­tik müs­sen hier gemein­sam gedacht werden.

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