In wenigen Tagen jährt sich Tschernobyl zum dreißigsten Mal. Ich erinnere mich noch gut daran – elf Jahre alt, warmes schönes Wetter Ende April/Anfang Mai, satte grüne Wiesen voller Sonnenstrahlen, ein Besuch im Allgäu auf dem Bauernhof meines Onkels. Dann Nachrichten über erhöhten Strahlenwerte in Schweden im Radio, später die Gewissheit, dass es in dem sowjetische Reaktor in Tschernobyl einen Super-GAU gab. Bericht über die radioaktive Wolke und den Fallout, „draußen“ plötzlich als gefährlicher Ort, gesperrte Spielplätze und Sandkästen, keine Frischmilch und kein Pilzesammeln.
Auch das sind Assoziationen, die der kraftvoll grünende Frühling jedes Jahr wieder in mir auslöst.
Hier am Oberrhein ist der Tschernobyl-Jahrestag Anlass für Demonstrationen und Mahnwachen auf den Rheinbrücken oder bei dem noch immer nicht abgeschalteten französischem AKW Fessenheim. Dieses Jahr bin ich – mit schlechtem Gewissen, weil es sich ja eigentlich gehört (selbst die lokale Gratiszeitung hat’s als Thema auf Seite eins) – nicht hingegangen; zu viele Politiktermine und zu wenig Wochenende in letzter Zeit.