… denn die Zeiten ändern sich (bloß wie?)

Fünf­zig Jah­re 1968 ist selbst­ver­ständ­lich Anlass für Events. Dem kann sich auch das baden-würt­tem­ber­gi­sche Haus der Geschich­te in Stutt­gart nicht ver­schlie­ßen und zeigt noch bis zum 24.6.2018 in sei­nem Kel­ler die Son­der­au­stel­lung „… denn die Zei­ten ändern sich: die 60er Jah­re in Baden-Würt­tem­berg“ (Ein­tritt: 5 €).

Vor­ne­weg: der Kata­log zur Aus­stel­lung (19,80 €) ist fast inter­es­san­ter als die sehr kon­ven­tio­nell-muse­al gemach­te Schau selbst. Archi­va­li­en, Ton­do­ku­men­te, Film­aus­schnit­te und der eine oder ande­re Gegen­stand (ein Stuhl, auf dem mal Hen­drix geses­sen haben soll, ein rotes Kleid, Rudi Dutsch­kes Akten­ta­sche, etc.) wer­den prä­sen­tiert und erläutert.

Das ist durch­aus gefäl­lig. Inhalt­lich schlägt die Aus­stel­lung einen wei­ten Bogen. Die 1960er begin­nen hier etwa 1957 und enden viel­leicht 1975. Der in schwarz gehal­te­ne Aus­stel­lungs­raum glie­dert sich in etwa in vier Abschnit­te: Rock- und Beat­mu­sik als neue, uto­pisch ange­hauch­te Jugend­kul­tur – Klei­dung und Sexua­li­tät – (stu­den­ti­sche) Pro­tes­te in Hei­del­berg, Stutt­gart und Karls­ru­he – Jugend­zen­tren und Clubs in der schwä­bi­schen Pro­vinz (pro­mi­nent: der Club Alpha 60 aus Schwä­bisch Hall). Gezeigt wer­den vor allem Doku­men­te und Objek­te aus der Jugend­kul­tur und Pro­test­sze­ne, dazwi­schen das eine oder ande­re Schrei­ben der Obrig­keit und der NPD.

Der musea­li­sie­ren­de Ansatz ver­frem­det. Aber er stößt mir doch als schwie­rig auf.

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In eigener Sache: Essay über Netz und Politik bei dradio.de

Unter dem Label diskurs.dradio.de betreibt der Deutsch­land­funk ein Debat­ten­por­tal, in dem zur Zeit über ver­schie­de­ne Aspek­te von Poli­tik, Medi­en und Öffent­lich­keit in Zei­ten der Digi­ta­li­sie­rung dis­ku­tiert wird. Net­ter­wei­se durf­te ich auch ein Essay für die­ses Por­tal schrei­ben, das heu­te unter dem Titel „Fest, flüs­sig, flüch­tig: Aggre­gat­zu­stän­de des Poli­ti­schen im Netz“ ver­öf­fent­licht wur­de und natür­lich unbe­dingt lesens­wert ist.

Eigent­lich woll­te ich ja dar­über schrei­ben, dass hin­ter den schein­bar so flüch­ti­gen Pro­test­for­men im Netz und mit dem Netz kei­nes­wegs flüch­ti­ge­re sozia­le For­ma­tio­nen und Milieus ste­hen, als das bei ande­ren poli­ti­schen Akti­vi­tä­ten der Fall ist. 

Die­sen Vor­satz ein­zu­hal­ten ist inso­fern miss­lun­gen, als ich fest­ge­stellt habe, dass ich dann doch erst ein­mal mei­ne tech­nik­so­zio­lo­gisch und pra­xis­theo­re­tisch gepräg­te Sicht auf „das Netz“ los­wer­den muss­te – in einem ers­ten Teil, der mit der (wie ich fin­de) schö­nen Tau­to­lo­gie „Das Netz ist das Netz.“ beginnt. Eine Schluss­fol­ge­rung die­ses ers­ten, all­ge­mei­nen Teils des Essays ist die Beob­ach­tung, dass es para­do­xer­wei­se gera­de in den sich über­lap­pen­den Tei­löf­fent­lich­kei­ten des Net­zes not­wen­dig wird, als Per­son, als Ganz­heit auf­zu­tre­ten – und damit die funk­tio­na­le Dif­fe­ren­zie­rung der luh­man­nia­ni­schen Moder­ne ein Stück weit zu überwinden. 

Der zwei­te Teil des Essays wid­met sich dann doch noch den flüch­ti­gen Pro­test­for­men, und ver­gleicht die Netz­be­we­gung (ja, auch die Pira­ten­par­tei) mit den neu­en sozia­len Beweegun­gen der 1970er und 1980er Jah­re, und deren milieu­bil­den­den Arrangements. 

Und nun wür­de mich inter­es­sie­ren, ob das geehr­te Publi­kum den Text und die dar­in auf­ge­stell­ten The­sen eini­ger­ma­ßen nach­voll­zieh­bar findet.

Wes­ter­may­er, Till (2012): »Fest, flüs­sig, flüch­tig: Aggre­gat­zu­stän­de des Poli­ti­schen im Netz«, diskurs.dradio.de, Debat­ten­por­tal des Deutsch­land­funk, 26.03.2012, URL: http://diskurs.dradio.de/2012/03/26/fest-flussig-fluchtig-aggregatzustande-des-politischen-im-netz/.

Flagge zeigen im Rieselfeld und anderswo

Das Rieselfeld zeigt Flagge gegen Atomkraft

Am 23. Okto­ber gab es in Frei­burg von meh­re­ren Orga­ni­sa­tio­nen gemein­sam die Akti­on „Frei­burg zeigt Flag­ge“ (Pres­se­mit­tei­lung (pdf), Face­book-Sei­te) – neben einer Kund­ge­bung in der Innen­stadt ging es vor allem dar­um, die bekann­te Anti-AKW-Son­ne als sicht­ba­res Zei­chen des Pro­tests im Stadt­bild wehen zu las­sen. Ich selbst konn­te wegen eines Ter­mins in Stutt­gart am 23.10. nicht dabei sein, konn­te aber in der Zeit seit­dem hier im Rie­sel­feld an eini­gen Häu­sern schö­ne Anti-AKW-Son­nen bestau­nen. Das weck­te dann in mir den Wunsch, auch mei­nen Bal­kon mit einer Anti-AKW-Flag­ge zu schmü­cken. Bei der Lan­des­de­le­gier­ten­kon­fe­renz konn­te ich am Stand der Fechen­bach-Koope­ra­ti­ve dann eine Flag­ge erwer­ben, und seit­dem ist auch unser Bal­kon damit verziert.

Heu­te bin ich nun end­lich dazu gekom­men, ein paar der Anti-AKW-Flag­gen zu foto­gra­fie­ren (s.o.) und damit dann auch einen Anlass für die­sen Blog­ein­trag zu haben. Ich kann mir näm­lich gut vor­stel­len, dass es ande­ren wie mir geht, und sie – im Rie­sel­feld, in Frei­burg oder wo auch immer – eben­falls ein sicht­ba­res Zei­chen gegen den der­zei­ti­gen Pro-Atom-Roll­back zu setzen. 

Flag­gen gibt es mög­li­cher­wei­se noch in den Geschäfts­stel­len der an der Akti­on am 23.10. betei­lig­ten Grup­pen (sie­he die oben ver­link­te Pres­se­mit­tei­lung), aber auch an diver­sen Stel­len im Netz zu kaufen:

  • Zum Bei­spiel bei der bereits erwähn­ten Fechen­bach-Koope­ra­ti­ve (je nach Grö­ße 7–16 Euro).
  • Oder direkt bei ausgestrahlt.de (je nach Grö­ße 3,50 Euro bis 25 Euro).
  • Im Shop der taz mit der Auf­schrift „Atom­kraft – nicht schon wie­der“ für 14 Euro.
  • Im Mit­glie­der­shop der Grü­nen als Fah­ne mit grü­nem Hin­ter­grund für 12 Euro.
  • Selbst bei Ama­zon gibt es einen Fah­nen­shop, der eine – aller­dings recht häß­li­che – Anti-AKW-Fah­ne anbietet.

Kurz um, für rela­tiv wenig Geld ist es mög­lich, am eige­nen Fens­ter, Bal­kon oder Gar­ten­zaun deut­lich zu machen, dass die Atom­po­li­tik der Regie­rung nicht geteilt wird. Je mehr dabei sind, des­to wir­kungs­vol­ler. Und prak­tisch sind die Fah­nen mit der Anti-AKW-Son­ne oben­drein: mit einem Besen­stiel o.ä. ver­se­hen, kön­nen sie bei der nächs­ten Demo dann als Trans­pa­rent mit­ge­nom­men werden.

War­um blog­ge ich das? Weil ich schon län­ger mal auf die­se Akti­ons­form hin­wei­sen wollte.

Kurz: Grüne zum NATO-Gipfel

Sowohl zum poli­zei­li­chen Vor­ge­hen rund um den NATO-Gip­fel in Baden-Baden, Kehl und Straß­burg als auch zu den inhalt­li­chen Ergeb­nis­sen gibt’s eini­ges an grü­nen Posi­tio­nie­run­gen. Hier erweist sich z.B. das neue Blog der baden-würt­tem­ber­gi­schen Grü­nen als inter­es­san­tes Dis­kus­si­ons­fo­rum. Und gera­de, weil ich mir sicher bin, dass es in der „Bewe­gungs­ge­schichs­schrei­bung“ zu die­sem Gip­fel ganz unter­schied­li­che Wahr­hei­ten (z.B. das bren­nen­de Hotel in Straß­burg: hat die Feu­er­wehr aus Angst vor Ran­da­lie­ren­den nicht gelöscht – oder wur­de sie von der Poli­zei nicht durch­ge­las­sen? Bei­des wird behaup­tet!) gibt, fin­de ich es inter­es­sant, die Bewer­tun­gen zusammenzutragen.

Eine klei­ne Über­sicht über das grü­ne Spek­trum. Ergän­zun­gen in den Kom­men­ta­ren sind ger­ne gesehen.

Inhalt­lich

Zum sicher­heits­staat­li­chen Drumherum

Kurz: G8-Protest weiterhin kein Terror

Anläss­lich des G8-Gip­fels in Tokio hat sich die tages­schau noch­mal ange­schaut, was aus den Vor­wür­fen „Bil­dung einer ter­ro­ris­ti­schen Ver­ei­ni­gung“ bezüg­lich der Pro­tes­te zum G8-Tref­fen in Hei­li­gen­damm gewor­den ist – und stellt (hier zu eini­gen Brand­stif­tungs­vor­wür­fen) fest: 

Der Beschluss des Land­ge­richts Flens­burg vom Juni 2008 ist deut­lich. Dort heißt es zu einem Ermitt­lungs­ver­fah­ren gegen meh­re­re lin­ke Akti­vis­ten: „Ein Anfangs­ver­dacht nach §129a StGB war von vorn­her­ein nicht gegeben.“

[…]

Die Vor­aus­set­zung „der beson­de­ren Bedeu­tung des Fal­les“ lag nicht vor, „weder wur­den Men­schen gefähr­det, noch ist es zu einer merk­li­chen Beein­träch­ti­gung des Sicher­heits­ge­fühls der Bevöl­ke­rung durch die­se Taten gekommen“. 

Bereits im Janu­ar hat­te der Bun­des­ge­richts­hof ent­spre­chen­de Über­wa­chungs­maß­nah­men kassiert. 

Gut so. Ich hof­fe, die Gene­ral­bun­des­an­wäl­tin hat was dar­aus gelernt.