20 Jahre nach dem ersten virtuellen Parteitag und ein halbes Jahr nach der großen Schaltkonferenz, dem digitalen Länderrat, tagte an diesem Wochenende die grüne Bundesdelegiertenkonferenz (BDK) digital. Hashtag #dbdk20. Corona macht’s möglich – und gleichzeitig lässt sich feststellen: so eine digitale BDK ist fast genauso anstrengend wie zweieinhalb Tage in irgendeiner Messehalle zu sitzen, dort Reden zu lauschen, konzentriert abzustimmen und nebenbei noch den einen oder anderen Plausch zu halten. Die Hin- und Rückfahrt entfällt, aber das macht das fehlende Wochenende auch nicht wett.
Kurz: „… zu achten und zu schützen …“
Ein bisschen mitgefiebert habe ich dann doch, heute morgen, als in einer Pressekonferenz der Entwurf für das grüne Grundsatzprogramm vorgestellt wurde. Damit erreicht der seit Anfang 2018 laufende Prozess für die Erstellung eines neuen grünen Grundsatzprogramms seinen vorletzten Schritt, mit vielen Konventen, Diskussionsveranstaltungen, einem breiten Beteiligungsprozess im Netz, einem Impulspapier und einem „Zwischenbericht“. – Vorletzter Schritt, weil jetzt – ganz final erst nach einer weiteren Phase der Beteiligung im Netz – klar ist, über was auf dem Bundesparteitag im November diesen Jahres in Karlruhe abgestimmt werden kann. Und mitgefiebert habe ich, weil ich an der Urfassung, dem Zwischenbericht, mitwirken durfte.
Für eine Bewertung des Programms (58 Seiten, 383 nummerierte Absätze) ist es noch zu früh. Was ich nach der Pressekonferenz und dem ersten Durchblättern sagen kann, ist aber sehr positiv. Mit gefällt der Werteteil sehr gut, der aus einer anthropozentrischen Perspektive – der Mensch in seiner Freiheit und Würde – unser ökologisches und emanzipatorisches Programm herleitet. Natur- und Klimaschutz nicht als Selbstzweck, sondern um Freiheiten für alle heute und in Zukunft lebenden Menschen auf diesem Planeten zu erhalten. Das ist der richtige Ansatz. Ebenso wichtig finde ich, dass an der Orientierung an planetaren Grenzen als harten Leitplanken für Politik festgehalten wurde, und dass zentrale Projekte eines grünen Zukunftsentwurfs sich im Programm wiederfinden – etwa die Idee einer Föderalen Republik Europa. Und nicht zuletzt gefällt mir, dass dieses Programm Fortschritt gegenüber offen ist, die Bedeutung von Wissenschaft und Technik würdigt und dabei eine gute Balance aus kritischer Begleitung und Freiheit findet. Neu hinzugekommen ist aufgrund der Corona-Krise ein Fokus auf Resilienz und Krisenfestigkeit; auch das über den Tag hinaus eine gute programmatische Ergänzung.
Das als allererster Blick in diesen frischen und nach vorne weisenden Programmentwurf. Ich bin gespannt auf die weiteren Diskussionen in der Partei – und darauf, wie dieser Entwurf die November-BDK übersteht.