Taktisch betrachtet ist der Vorschlag „Joachim Gauck“ für die Bundespräsidentenwahl ein Meisterstück von SPD und Grünen.
Wir zeigen damit: selbst bürgerlich-konservative Bundespräsidenten vorschlagen können wir besser als die Bürgerlich-Konservativen. Und wenn ich mir die vier zur Wahl stehenden Personen so anschaue, dann würde ich auch sagen, dass Joachim Gauck derjenige ist, der sich am besten für dieses Amt in all seiner Repräsentativität und Angestaubtheit eignet. Ebenso wäre es schön, wenn der ostdeutschen Kanzlerin mit der Mitwahl eines Repräsentanten der Bürgerrechtsbewegung, die die DDR zu Fall gebracht hat, durch Mitglieder ihrer eigenen Koalition ein Strich durch die Parteitaktik gemacht wird. Und der Linken gleich mit dazu.
Weniger klar sind mir die langfristigen Auswirkungen. Also die Strategie. Das betrifft erstens die Frage, wie sich SPD und Grüne zu einem auch ihnen durchaus unbequemen Kandidaten verhalten werden, wenn er denn gewählt wird. Und andersherum. Da sehe ich keine große Klarheit. Zweitens frage ich mich, wie sich ein möglicher Erfolg bei der Bundesversammlung auf die politische Positionierung von SPD und Grünen auswirkt.
Und dann gibt es noch Schlandland. Bzw. die kuriose Tatsache, dass der schwarz-rot-güldenen Flaggenrausch mit der brutalen und bierseeligen Verniedlichung des Nationalen Landesnamens einhergeht. Ist das ein Zu-Eigen-Machen, oder ist es schlicht national gesättigte Trunkenheit, die sich im „Schland“ zusammenzieht?
Zurück zu Gauck: rund um die Kandidatur wimmelt es von Instant-Bürgerbewegung. „Wir, das Volk“ ist da nicht fern, unterstützt durch Parteizentralen und Freiwillige. Das ist einerseits beeindruckend und hat was von Obamobilisierung. Andererseits frage ich mich, wann die Nationalfarben der „Wir, das Volk“-Bewegung in den Parteilogos der Mitte-Links-Parteien auftauchen – als drittes großes Aber dieser Kandidatur.
Warum blogge ich das? Weil mir Gauck in Schlandland ein bißchen Angst macht.
P.S.: Ich gebe zu: ich habe auch schon bei Facebook auf ein „Dieser Gruppe beitreten“ für eine der großen BürgerInnen-Ansammlungen geklickt.