Kurz: Wege und Ziele

Per­spek­ti­ven­wech­sel: ein inter­es­san­ter Neben­aspekt eines im wei­te­ren Sin­ne pra­xis­theo­re­ti­schen Blicks auf die Welt besteht dar­in, dass Pro­zes­se gegen­über Pro­duk­ten an Bedeu­tung gewin­nen. Im All­tag kommt es kaum vor, dass Din­ge über eine län­ge­re Zeit fer­tig sind. Das eben noch her­vor­ra­gend auf­ge­räum­te Wohn­zim­mer wird von den Kin­dern bespielt und sieht schon wie­der ganz anders aus. Die Sit­zung ist noch nicht been­det, da steht schon die Pla­nung der nächs­ten an. Von Debat­ten in sozia­len Medi­en will ich gar nicht erst anfangen.

Natür­lich gibt es abge­schlos­se­ne Wer­ke mit Bestand; sei­en es Gemäl­de oder Posi­ti­ons­pa­pie­re. Aber auch die sind Tei­le von Pro­zes­sen. Sue kor­re­spon­die­ren mit dem nächs­ten Bild; die eben gefun­de­ne Posi­ti­on muss kurz dar­auf schon wie­der neu begrün­det wer­den. Wahl­er­geb­nis­se tre­ten als Ereig­nis auf – aber selbst die sind nach vier oder fünf Jah­ren und in einem gewis­sen Sinn bereits mit der nächs­ten Umfra­ge überholt.

Was ich damit sagen will: sozia­le Wirk­lich­keit ent­steht ein­zig im wie­der­hol­ten Voll­zug. Arte­fak­ten kommt dabei viel­leicht eine unter­stüt­zen­de Rol­le zu. Und natür­lich die Funk­ti­on eines Mul­ti­pli­ka­tors (egal, ob das Arte­fakt eine Net­flix-Serie oder ein mas­sen­pro­du­zier­ter Gegen­stand ist). Aber ganz oft sind die Wege wich­ti­ger als das Resul­tat. Das ist anders als die übli­che Wahr­neh­mung, in der Pro­duk­te und Ereig­nis­se gefei­ert wer­den, nicht die Wege dort­hin. Und es ist tröst­lich, weil damit der Anspruch der Per­fek­ti­on – vie­le ken­nen das – rela­ti­viert wird.

(P.S.: Was dem zu wider­spre­chen scheint, sind a. Din­ge-mit-Dau­er (sagen wir, Häu­ser, lang genutz­te Möbel­stü­cke), an die als Ergeb­nis ande­re Per­fek­ti­ons­an­sprü­che gestellt wer­den, und b. Ereignisse-mit-Folgen …)

Photo of the week: Wendelstein 7x – V … und eine längere Erörterung zur Kernfusionsforschung

Wendelstein 7x - V

 
Letz­ten Frei­tag war ich für die grü­ne Bun­des­ar­beits­ge­mein­schaft Wis­sen­schaft, Hoch­schu­le und Tech­no­lo­gie­po­li­tik (zusam­men mit u.a. Robert Habeck, Kai Geh­ring und Syl­via Kot­ting-Uhl) in Greifs­wald, um das dor­ti­ge Max-Planck-Insti­tuts für Plas­ma­phy­sik (IPP) zu besu­chen. Das IPP betreibt For­schungs­ein­rich­tun­gen in Gar­ching bei Mün­chen und eben in Greifs­wald; es ist zu 90 % bun­des­fi­nan­ziert und hat das Bud­get einer klei­ne­ren Uni­ver­si­tät. Erforscht wird hier – und da wird es poli­tisch – Kern­fu­si­on. Zunächst ein­mal ganz grund­sätz­lich: was pas­siert, wenn ein Plas­ma (also ein Gas, in dem die ein­zel­nen Elek­tro­nen und Ionen aus den Ato­men sich frei ver­tei­len – All­tags­bei­spiel: Ker­zen­flam­me), sehr hoch erhitzt wird, so dass – bei 100 Mio. Grad – Was­ser­stoff­ato­me zu Heli­um fusio­nie­ren? Und kon­kre­ter die Roh­re oben, die zusam­men eine Art nähe­rungs­wei­se donut­för­mi­ges U‑Boot erge­ben, einen von Magnet­spu­len umge­be­nen „Käfig“, um hoch­er­hitz­tes Plas­ma „ein­zu­sper­ren“ und erst auf die genann­ten Tem­pe­ra­tu­ren erhit­zen zu kön­nen: das Fusi­ons­expe­ri­ment Wen­del­stein 7x, einen soge­nann­ten Stel­ler­a­tor. Wie muss die­ser Käfig kon­stru­iert wer­den, um Plas­ma über län­ge­re Zeit sta­bil in Bewe­gung zu hal­ten, ohne dass des­sen Wän­de zu heiß wer­den oder die Fusi­on zusam­men­bricht? Was ist mit Ver­wir­be­lun­gen und Tur­bu­len­zen? Was bedeu­tet das alles für die ver­wen­de­ten Mate­ria­li­en? Wie sehen die Algo­rith­men aus, um den Auf­bau eines sol­chen Plas­ma­kä­figs zu opti­mie­ren? Wo lie­gen die Unter­schie­de zu den Pro­zes­sen, die in Ster­nen ablaufen?

Das sind alles zunächst ein­mal span­nen­de wis­sen­schaft­li­che Fragen.

Poli­tisch wird es, weil mit der For­schung an Kern­fu­si­on auch die Idee ver­bun­den ist, eines Tages – frü­hes­tens in den 2050er Jah­ren – Kern­fu­si­on zur Ener­gie­ge­win­nung zu nutzen. 

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Nicht von der Klimakrise ablenken (lassen)!

Sun power

Nach der gest­ri­gen Twit­ter-Debat­te unter ande­rem mit dem Jour­na­lis­ten Nils Mink­mar erscheint es mir doch not­wen­dig, noch ein paar Wor­te zu Fri­days for Future und der Metho­de des Schul­streiks auf­zu­schrei­ben. Aber das wich­tigs­te zuerst: ins­ge­samt ist die Debat­te um die Schul­pflicht aus mei­ner Sicht ein Ablenk­ma­nö­ver, ein funk­tio­na­les Äqui­va­lent zur Fra­ge „what about“, die vom Kern der Sache fort­führt – bewusst oder als unin­ten­dier­te Folge.

Kern der Sache ist und bleibt die Kli­ma­kri­se. Der Alar­mis­mus ist fak­ten­ba­siert und tief in der Wis­sen­schaft ver­an­kert. Heu­te schon beob­ach­ten wir mas­si­ve Fol­gen der stei­gen­den CO2-Wer­te in der Atmo­sphä­re – höhe­re Durch­schnitts­tem­pe­ra­tu­ren, Hit­ze­wel­len, Unwet­ter­er­eig­nis­se, schmel­zen­des Eis in der Ark­tis, ein schnel­ler als erwar­tet stei­gen­der Mee­res­spie­gel. Gleich­zei­tig gibt es zwar das Pari­ser Abkom­men – die tat­säch­li­che Ent­wick­lung der Emis­si­ons­wer­te gibt aber glo­bal wie natio­nal wenig Grund zur Zuversicht. 

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Ein Programm für heute

Berlin

Ges­tern und vor­ges­tern fand in Ber­lin der Grund­satz­kon­vent statt, auf dem der „Zwi­schen­be­richt“ für das neue grü­ne Grund­satz­pro­gramm vor­ge­stellt wur­de, und zugleich ein biss­chen gefei­ert wur­de – schließ­lich trat genau vor 40 Jah­ren die „Sons­ti­ge Poli­ti­sche Ver­ei­ni­gung DIE GRÜNEN“ zur Euro­pa­wahl an, das war sozu­sa­gen die ers­te Grün­dung der Grü­nen als Par­tei, die zwei­te folg­te dann ein Jahr spä­ter nach deut­schem Recht in Karls­ru­he (nähe­re Infos zum Kon­vent mit Link zum Zwi­schen­be­richt).

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Die Welt im Jahr 2020

New York LVII (Times Square)

Die Zukunft vor­her­zu­sa­gen, ist bekann­ter­ma­ßen schwie­rig. Das gilt umso mehr, wenn es um die fer­ne Zukunft geht. Dage­gen las­sen sich über die nahe Zukunft – also zum Bei­spiel das Jahr 2020 – recht zuver­läs­si­ge Aus­sa­gen tref­fen. Mal abge­se­hen von dem Fall, dass ein unvor­her­seh­ba­res Ereig­nis ein­tritt – schwar­ze Schwä­ne mit Gischt und Ver­wir­be­lung. (Es gab eine Zeit, in der die Zahl 2020 mal für die rich­tig weit in der Zukunft lie­gen­de Zukunft stand. Aber hey – heu­te sind das weni­ger als ein­ein­halb Jahre.)

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