Der Frühling macht schon mal seine Generalprobe. Und in ein paar Tagen geht’s dann richtig los, Frühlingsbeginn, Tag-und-Nacht-Gleiche und all das.
Photo of the week: Big No
Gestern war ich mit den Kindern bei der – wohl relativ spontan organisierten – Menschenkette in der Freiburger Innenstadt anlässlich des 1. Jahrestags der Fukushima-Katastophe. Ein umfassender Bericht dazu steht bei der Badischen Zeitung.
Was mich etwas irritierte, war eine Begegnung nach der Menschenkette, als ich mich mit Kind an der einen Hand und Fahne in der anderen Hand zu unserem Fahrrad bewegte. Ein älterer, mir unbekannter Herr passte mich ab und sprach mich dann unvermittelt an, ja eigentlich setzte er direkt zu einer Schimpfkanonade an. Ob ich, wie der Fahne zu entnehmen sei, gegen Atomkraft wäre? Ja? Das sei völlig unverantwortlich, ich solle doch erwachsen werden, vielleicht sei ich ja auch gegen Kohlekraftwerke, dabei brauchten doch alle grünen Pflanzen CO2. Nachdem ich versuchte, ruhig zu bleiben und zu erläutern, dass ich durchaus gute Gründe für meine Meinung habe, platzte es dann aus ihm heraus – unverantwortlich sei es auch, wenn so einer wie ich Kinder in die Welt setzte etc.
Fand ich äußerst unangenehm. Zum einen, weil ich den Eindruck hatte, dass da einfach ein missionarischer Autosermon abgespult wurde, und jeder Versuch meinerseits, zu argumentieren, zu erläutern, sich überhaupt erstmal auf sowas wie Gesprächsregeln zu einigen, abgewürgt wurde, um auf einer (für einen mir Unbekannten) extrem persönlichen Ebene zu auf mich loszugehen. Ja, mit 37 fühle ich mich erwachsen.
Da dann ruhig zu bleiben, finde ich ziemlich schwer – ich habe ihn dann letztlich mit einem „Was wollen Sie denn eigentlich, lassen Sie mich doch in Ruhe“ oder so stehen lassen. Fazit: Trolle gibt’s nicht nur im Netz.
Besonders unangenehm fand ich das ganze, weil ich eben mit dreijährigem Kind an der Hand dumm angequatscht wurde (während der Menschenkette gab’s naturgemäß eher positives Feedback). Wer so viel Wert auf „Erwachsensein“ legt wie dieser Real-Life-Troll, sollte sich vielleicht mal kurz überlegen, was für einen Eindruck es auf ein Kind macht, wenn dessen Vater aus heiterem Himmel beschimpft wird. Selbst wer es für völlig unverantwortlich hält, gegen Atomkraft zu sein, muss sich – speziell in einer solchen Situation – doch nicht wie ein Rohrspatz verhalten, oder?
Photo of the week: Evening sky remix
Seit ein paar Tagen ist hier wunderbares Frühlingswetter (zwischendrin mal Nebelmorgende) – könnte meiner Meinung nach das ganze Jahr über so bleiben. Der Stuttgarter Schloßplatz am 1. März oder die Freiburger Innenstadt heute: Lauter fröhliche Leute, die sich in die ersten Sonnenstrahlen wagen. Urbanität, Straßenmusik, kein Wetterstress. Frühling – die nette Jahreszeit.
Photo of the week: Black ice III
Photo of the week: Ice in the sunshine XIX
Und auch diese Woche nochmal eines meiner Eisfotos, auch wenn inzwischen hier mit plus 5 Grad schon fast wieder frühlingshafte Temperaturen herrschen.
Noch eine kleine Beobachtung zur Debatte um Gauck: Ich komme mir gerade nicht so vor, als würde ich mich in einer „Filter-Bubble“ befinden, sondern gleich in zwei, die sich überschneiden. Die eine ist der Meinung, dass Joachim Gauck nicht nur konservativ ist, sondern richtig weit rechts steht, und gräbt dafür Belege aus. Die andere ist der Meinung, dass Gauck ein toller Kandidat ist, und dass es jetzt – mit den Filter-Bubble-Artikeln und der einen oder anderen Sprachregelungen – auch eine gute Keule gibt, mit der auf jeden, der sich irgendwie kritisch äußert, drauf geschlagen werden kann. In der Schnittmenge dieser beiden Blasen* ist es ziemlich laut und hört sich ungefähr so an, wie wenn meine Kinder sich streiten („Nein!“ – „Doch!“ – „Nein!“ – „Du bist blöd!“ – „Du bist blöd!“). Und ich fühle mich jedesmal mitgemeint, nur weil ich glaube, dass Gauck kein guter grüner Kandidat ist, und finde, dass diese Meinung durchaus auch geäußert werden kann, und dass es gute Argumente dafür gibt. Das ist das.
* Eigentlich sind’s weniger Blasen als Hoch- bzw. Tiefdruckgebiete, die aufeinander zu rauschen.





