Photo of the week: BUGA Mannheim 30

BUGA Mannheim 30

 
Letz­ten Mon­tag hat­te ich die Chan­ce, die Bun­des­gar­ten­schau in Mann­heim zu besu­chen. Das lohnt sich nicht nur wegen der Seil­bahn, die die bei­den Gar­ten­schau-Flä­chen ver­bin­det (und nach Ende der BUGA lei­der wie­der abge­baut wird), son­dern auch, weil die­se BUGA ins­ge­samt sehr schön deut­lich macht, wie eine nach­hal­ti­ge und urba­ne, an Upcy­cling und Wie­der­ver­wer­tung ori­en­tier­te Ästhe­tik einer Gar­ten­schau aus­se­hen kann. Wei­te­re Fotos auf Flickr.

Ein Gedanke zur politischen Geografie

Fried­rich Merz sprach davon, dass die Uni­on eine „Alter­na­ti­ve für Deutsch­land mit Sub­stanz“ sei – ein wei­te­rer Schritt auf dem Weg von CDU und CSU zurück nach rechts; die Ablö­sung des Gene­ral­se­kre­tärs durch einen Hard­li­ner und die Erklä­rung, dass Grü­ne der Haupt­geg­ner sei­en, gehö­ren eben­falls zu die­ser Geschich­te. Eben­so wie der Vor­schlag von Thors­ten Frei, das Asyl­recht abzu­schaf­fen; rechts-offe­ne Aus­sa­gen der säch­si­schen CDU und erst recht der Söder-Popu­lis­mus-Plus-Wahl­kampf in Bay­ern. Ich schrei­be bewusst „zurück nach rechts“. Mei­ne Jugend­zeit fällt mehr oder weni­ger mit Kohls „geis­tig-mora­li­scher Wen­de“ zusam­men, und ein bay­ri­scher CSU-Poli­ti­ker namens Franz-Josef Strauß ist mir noch gut mit dem Spruch erin­ner­lich, dass rechts von der CSU nur die Wand kom­men dür­fe. „Kin­der statt Inder“ war ein Wahl­kampf­slo­gan (2000), und die Asyl­rechts­ver­schär­fun­gen in den 1990er Jah­ren wür­de ich ursäch­lich eben­so auf das Kon­to der CDU/CSU schreiben.

Also: die Uni­on bewegt sich nach rechts. In der übli­chen poli­ti­schen Geo­gra­fie aus „links“, „Mit­te“ und „rechts“ wird dadurch ein Platz in der Mit­te frei. Und es mag in der aktu­el­len Lage mit bedroh­li­chen Zustim­mungs­wer­ten für die AfD etc. nach Zweck­op­ti­mis­mus klin­gen, aber ich bin über­zeugt davon, dass durch den Rück­zug der CDU aus der mit Mer­kel breit besetz­ten poli­ti­schen Mit­te sicht­bar wird, dass die­ser Ort längst besetzt ist – und zwar durch Bünd­nis 90/Die Grü­nen. Und zwar nicht durch einen Rechts­ruck und die Über­nah­me popu­lis­ti­scher Posi­tio­nen, son­dern weil es eine star­ke Reso­nanz zwi­schen einem, sagen wir, pro­gres­si­ven Bür­ger­tum des 21. Jahr­hun­derts und den poli­ti­schen Hal­tun­gen mei­ner Par­tei gibt. 

Die poli­ti­sche Geo­gra­fie ist ja höchst vola­til. Es gibt allen Kom­pas­sen und Umfra­gen zum Trotz kei­ne Null­mar­ke, die eine abso­lu­te Mit­te defi­niert. Auf Ska­len von ‑5 bis +5 wer­den die Über­zeu­gun­gen und Hal­tun­gen von Bünd­nis 90/Die Grü­nen meist „links der Mit­te“ ein­sor­tiert. Und das ist auch rich­tig so. Genau­so, wie für alle außer für die Anhänger*innen der AfD klar ist, dass die­se Par­tei ganz weit rechts auf die­ser Ska­la steht. Aber ers­tens ist das poli­ti­sche Spek­trum nicht ein­di­men­sio­nal, und zwei­tens ist die Hal­tung einer Par­tei kein Punkt. 

Wie gesagt, viel­leicht mag es Zweck­op­ti­mis­mus sein, davon aus­zu­ge­hen, dass ein gro­ßer Teil der Men­schen in Deutsch­land für Wer­te des 21. Jahr­hun­derts steht – für Welt­of­fen­heit und Tole­ranz, für eine öko­lo­gi­sche Grund­fär­bung und die Ori­en­tie­rung an Nach­hal­tig­keit, für gesell­schaft­li­che Soli­da­ri­tät und für den Zusam­men­halt. Viel­leicht ist ein grö­ße­rer Teil der Bevöl­ke­rung viel ver­ängs­tig­ter, kon­ser­va­ti­ver und ins­ge­samt schlim­mer in sei­nen Ein­stel­lun­gen, als ich das ger­ne hät­te. Aber ist das die Mit­te der Gesell­schaft? Ist das die Mit­te des poli­ti­schen Spek­trums? Oder gibt es nicht doch ein Bünd­nis der Ver­nünf­ti­gen (um nicht den „Auf­stand der Anstän­di­gen“ zu zitie­ren), einen com­mon sen­se, das es gut wäre, die wirk­lich wich­ti­gen Pro­ble­me wie den Kli­ma­wan­del gemein­sam anzu­ge­hen, sich kei­ne Angst machen zu las­sen und anstän­dig und respekt­voll mit­ein­an­der umzugehen? 

Ich gehe davon aus, dass es eine Mehr­heit gibt, die so denkt – und dass die­se Mehr­heit nicht am Rand steht, son­dern sich selbst als Mit­te der Gesell­schaft sieht. Und genau da sehe ich eine gro­ße Pas­sung zur grü­nen Pro­gram­ma­tik, zu grü­nen Grund­hal­tun­gen und nicht zuletzt zum grü­nen Per­so­nal. Aktu­ell wird das über­deckt. Vie­les liegt hin­ter Nebel­ker­zen und Rauch­bom­ben, die der­zeit bewusst und in gro­ßer Zahl gewor­fen werden. 

Wenn sich der Nebel lich­tet, wird deut­lich wer­den, dass wir längst da sind, „ick bin all hier“, wie der Igel im Wett­lauf mit dem Hasen sagt. Und dazu soll­ten wir stehen. 

Photo of the week: Lavender bees – III

Lavender bees - III

 
Der gro­ße Laven­del­busch in unse­rem Gar­ten ist der­zeit inten­siv umschwärmt von allen Arten von Bie­nen und Hum­meln, ab und zu kommt auch mal ein Schmet­ter­ling vor­bei. Und das gibt dann die Gele­gen­heit zu Action­fo­tos wie diesem … 

Lesetagebuch Science Fiction und Fantasy – Juni 2023

Black forest

Vor­satz: in kür­ze­ren Abstän­den dar­über schrei­ben, was ich an SF & Fan­ta­sy gele­sen und ange­schaut habe. Mal sehen, wie lan­ge das klappt. Im Juni waren das jeden­falls zwei Fil­me, ein biss­chen Seri­en und weni­ge Bücher. 

Die Black-Pan­ther-Fort­set­zung Wakan­da Fore­ver war nicht ganz so über­zeu­gend wie Black Pan­ther selbst, der Plot wirk­te ein wenig wirr und man­che Ent­schei­dung (war­um jetzt ein über­mäch­ti­ges Was­ser­volk als Haupt­geg­ner?) konn­te ich nicht so rich­tig nach­voll­zie­hen. Trotz­dem anseh­bar und unterhaltsam.

Sehr begeis­tert hat mich die Comic-Ver­fil­mung Nimo­na von ND Ste­ven­son, die – nach­dem Dis­ney+ das Stu­dio auf­ge­kauft und die Pro­duk­ti­on ein­ge­stellt hat­te, jetzt bei Net­flix zu sehen ist. Der gra­fi­sche Stil ist span­nend, es geht um Rit­ter in einem futu­ris­ti­schen König­reich, die die­ses gegen Mons­ter ver­tei­di­gen. Bei der Ver­ei­di­gung des neus­ten Rit­ter­jahr­gangs geschieht eine Kata­stro­phe, die nicht nur die Lie­bes­ge­schich­te zwi­schen Bal­lis­ter Bold­he­art – dem ers­ten Rit­ter aus der Arbei­ter­schicht – und Ambro­si­us Gol­den­lo­in jäh unter­bricht, son­dern Bold­he­art auch in die Rol­le des Schur­ken drängt. Nimo­na will sein Side­kick wer­den. Ist sie – als Gestaltwandler*in – das Mons­ter, dass das König­reich zum Unter­gang brin­gen wird?

Kurz bevor die Serie abge­setzt wur­de, habe ich mir dann mal noch Star Trek: Pro­di­gy ange­schaut – tief­grün­di­ger und näher an Star Trek dran, als die Auf­ma­chung mit bun­ter Ani­ma­ti­on etc. ver­mu­ten lässt. Soll­te sie irgend­wo mal wie­der auf­tau­chen, lohnt es sich, sie anzuschauen.

Und auch die ers­ten drei Fol­gen der zwei­ten Ses­si­on von Star Trek: Stran­ge New Worlds haben viel Poten­zi­al. Das Zurück zur epi­so­dischen Erzähl­wei­se – anders als bei Picard oder Dis­co­very – tut der Serie gut, und auch wenn die übli­chen Star-Trek-Tro­pes, etwa die Zeit­rei­se in eine par­al­le­le Zeit­li­nie oder das Gerichts­ver­fah­ren mit „rich­ti­gem“ Ende nach phi­lo­so­phi­schen Plä­doy­er, breit aus­ge­rollt wer­den, ist das kein blo­ßer Fan­ser­vice, son­dern funk­tio­niert. Etwas irri­tie­rend: Unter­ton aller drei Fol­gen ist ein Rüt­teln an der Star-Trek-Grund­über­zeu­gung, das gen­tech­ni­sche Ver­än­de­run­gen an Men­schen ein Kapi­tal­ver­bre­chen sind und mit den „euge­ni­schen Krie­gen“ gro­ßes Leid gebracht haben.

Dann zu den Büchern. Ein „rich­ti­ger“ Roman war dabei, näm­lich Sub­Or­bi­tal 7 (2023) von John Shir­ley. Der inzwi­schen 70-jäh­ri­ge Shir­ley war einer der Cyber­punk-Autoren der spä­ten 1980er, ins­be­son­de­re sei­ne Eclip­se / A Song Cal­led Youth-Tri­lo­gie und City Come a‑Walkin‘ dürf­ten eini­gen bekannt sein. Dass er außer die­sen eine gan­ze Rei­he wei­te­rer Roma­ne und Dreh­bü­cher geschrie­ben hat, war mir nicht bekannt. Vor der Erwar­tungs­hal­tung „Cyber­punk“ ent­täuscht Sub­Or­bi­tal 7 – das ist eher Mili­ta­ry SF (wobei A Song Cal­led Youth bei genau­er Hin­sicht gar kei­nen ganz unähn­li­chen Blick auf die Welt wirft), und noch dazu aus recht männ­li­cher Per­spek­ti­ve. Inhalt­lich geht es in einer nahen Zukunft um die Auf­rüs­tung des Welt­raums mit Orbi­tal­sta­tio­nen und Waf­fen, um den Kon­flikt Ame­ri­ka – Russ­land und in bei­den Fäl­len um Aus­ein­an­der­set­zun­gen inner­halb des jewei­li­gen Staats­ap­pa­rats und um Spio­na­ge, ein biss­chen James Bond, ein biss­chen Thril­ler. Vor dem Hin­ter­grund der aktu­el­len Ereig­nis­se in Russ­land (ich las den Roman, als die Wag­ner-Trup­pen Rich­tung Mos­kau fuh­ren) hat der Roman noch­mal sei­nen ganz eige­nen Gruselfaktor.

Abge­se­hen davon habe ich im Juni Ursu­la K. LeGu­ins Essay-Samm­lung Words Are My Mat­ter: Wri­tin­gs on Life and Books (2016) gele­sen – zur Hälf­te sind das Buch­re­zen­sio­nen von ihr, eini­ge haben mich auch noch­mal auf ande­re Wer­ke auf­merk­sam gemacht, zur ande­ren Hälf­te essay­is­ti­sche Tex­te, die sich mit Lite­ra­tur und Schrei­ben, um die Aus­ein­an­der­set­zung zwi­schen SF als „Gen­re“ und „rich­ti­ger Lite­ra­tur“ und um einen femi­nis­ti­schen Blick auf den Betrieb richten. 

The Best of Greg Egan (2021) trägt die­sen Namen völ­lig zu recht. Das ist eine dicke Samm­lung sei­ner Kurz­ge­schich­ten und Novel­len; eini­ge davon bil­den über meh­re­re Geschich­ten hin­weg einen Hand­lungs­bo­gen. Und fast jede die­ser Geschich­ten setzt sich mit tie­fen Fra­gen aus­ein­an­der – also (durch­aus span­nen­de und span­nend geschrie­be­ne) SF als Medi­um des Nach­den­kens dar­über, was die Fol­gen davon sein könn­ten, wenn Bewusst­seins­frag­men­te dazu genutzt wer­den, KIs zu trai­nie­ren, die in Spie­le­wel­ten NPC dar­stel­len sol­len. Was pas­siert, wenn Ein­grif­fe in das Gehirn unse­re Wahr­neh­mung ver­än­dern. Wie Reli­gio­nen ent­ste­hen. Etc. Sehr emp­feh­lens­wert und ein guter Ein­stieg in Egans Werk.

Eine zwei­te dicke Kurz­ge­schich­ten­samm­lung, die ich im Juni gele­sen habe, trägt den Titel Life bey­ond us (2023) – eine vom Euro­pean Astro­bio­lo­gy Insti­tu­te her­aus­ge­ge­be­ne Antho­lo­gie. Die­ses Insti­tut war mir bis­her kein Begriff, es scheint eine der Platt­for­men der Euro­pean Sci­ence Foun­da­ti­on (ESF) in Stras­bourg zu sein, das ist ein Dach­ver­band von Wis­sen­schafts­or­ga­ni­sa­tio­nen wie Helm­holtz-Gesell­schaft und Max-Planck-Gesell­schaft. Life bey­ond us jeden­falls ent­hält zahl­rei­che Kurz­ge­schich­ten, teil­wei­se von bekann­ten Autor*innen wie Mal­ka Older oder Gre­go­ry Ben­ford, teil­wei­se von mir bis­her unbe­kann­ten Verfasser*innen, wohl zum Teil direkt aus der wis­sen­schaft­li­chen Com­mu­ni­ty. Gemein­sa­mes The­ma sind Kon­tak­te mit außer­ir­di­schen Lebens­for­men und die Fra­ge, was eigent­lich Leben ist, und wie wir Leben fin­den kön­nen, das ganz anders als unse­res ist. Eine Beson­der­heit an die­sem Band – der ja schließ­lich auch wis­sen­schaft­li­ches „out­reach“ dar­stellt – ist, dass jede Geschich­te mit einem Kom­men­tar aus der Wis­sen­schaft ver­se­hen ist, samt Fuß­no­ten und Quel­len. Die­se Tex­te gehen teil­wei­se direkt auf die Geschich­ten ein, teil­wei­se sind es eher all­ge­mei­ne Erläu­te­run­gen zum Stand des Wis­sens, wie Leben ent­steht, wie Exo­pla­ne­ten ent­deckt wer­den usw. Die Mischung aus Kurz­ge­schich­ten und Wis­sen­schafts­jour­na­lis­mus fand ich anre­gend und lehr­reich – jeden­falls mal was anderes.