Vor der Mega-BDK: Neuerfindung oder Weiterwursteln?

Rasmus' painting II

Ab heu­te Don­ners­tag, am spä­ten Nach­mit­tag, 17 Uhr, beginnt in Karls­ru­he die 49. Bun­des­de­le­gier­ten­kon­fe­renz (BDK) von Bünd­nis 90/Die Grü­nen. Das ers­te Mal, dass die­ser Par­tei­tag mit rund 800 Dele­gier­ten für vier Tage zusam­men­kommt – und es steht auch eini­ges auf der Tages­ord­nung: der Bun­des­vor­stand und der Par­tei­rat wer­den neu gewählt, das Wahl­pro­gramm für die Euro­pa­wahl 2024 und die Lis­te dazu – für die 40 Plät­ze, die gewählt wer­den sol­len, bewer­ben sich rund 65 Per­so­nen – sol­len beschlos­sen wer­den, und zudem gibt es eine gan­ze Rei­he von Dring­lich­keits­an­trä­gen, u.a. zur Hal­tung zu Isra­el und zur Migra­ti­ons­po­li­tik. Alles gut? Ich mache mir Sorgen.

Karls­ru­he, weil dort vor im Janu­ar 1980 die dama­li­gen DIE GRÜNEN gegrün­det wur­den, und coro­nabe­dingt erst jetzt das 40-jäh­ri­ge Jubi­lä­um gefei­ert wer­den kann. So rich­tig viel Par­ty­stim­mung sehe ich jedoch im Vor­feld der BDK nicht. Zwar ste­hen wir Grü­ne mit rund 15 Pro­zent in den bun­des­wei­ten Umfra­gen unge­fähr da, wo wir bei der Bun­des­tags­wahl 2021 lagen. Aber die Per­for­manz der Ampel, die all­ge­mei­nen Kri­sen (bis hin zu den Wahl­er­geb­nis­sen in Bay­ern und Hes­sen vor ein paar Wochen und dem Rechts­ruck in den Nie­der­lan­den heu­te), und jetzt noch das Urteil des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts zur Ver­fas­sungs­wid­rig­keit des Kli­ma- und Trans­for­ma­ti­ons­fonds – das alles lädt nicht zum Jubeln ein. 

Die Dring­lich­keits­an­trä­ge sind hef­tig umstrit­ten. Der Bun­des­vor­stand (der kom­plett noch ein­mal kan­di­diert) steht im Wind­schat­ten der grü­nen Minister*innen und wird, so mein Ein­druck, als wenig tat­kräf­tig wahr­ge­nom­men. Der Par­tei­rat ver­liert an poli­ti­scher Bedeu­tung. Und bei er Euro­pa­lis­te wird es spä­tes­tens ab Platz 2 ein Hau­en und Ste­chen geben, weil fast alle bis­he­ri­gen Abge­ord­ne­ten wie­der ins Euro­pa­par­la­ment wol­len, aber alle Pro­gno­sen davon aus­ge­hen, dass das Rekord­ergeb­nis von 2019 nicht gehal­ten wer­den kann.

Viel­leicht, noch einen Schritt wei­ter­ge­hend, zeigt sich ein Kon­struk­ti­ons­pro­blem in Regie­rungs­zei­ten. Robert Habeck macht sei­ne Sache als Kli­ma- und Trans­for­ma­ti­ons­mi­nis­ter so gut, wie das in die­sen Zei­ten eben geht. Er ist als Vize­kanz­ler zugleich für die Koor­di­na­ti­on der grü­nen Regie­rungs­sei­te ins­ge­samt zustän­dig. Da wird es mit dem geschlos­se­nen und abge­stimm­ten Auf­tre­ten schon schwie­ri­ger. Und beim Blick auf die Par­tei zeigt sich so etwas wie ein Führungsvakuum. 

Omid Nou­ri­pour und Ricar­da Lang haben zwi­schen den wider­stre­ben­den Inter­es­sen der Regie­rungs­po­li­tik und einer eigent­lich recht selbst­be­wuss­ten Par­tei wenig Bein­frei­heit. 2018 bis 2021 war eine Zeit des mas­si­ven Mit­glie­der­wachs­tums, getra­gen von der Unter­stüt­zung der Öffent­lich­keit für grü­ne The­men. Erfol­ge wer­den ger­ne zusam­men gefei­ert. Die­ser Wind hat sich nun gedreht. Und die Fra­ge danach, wie eine Par­tei mit dem Anspruch, die gesam­te Gesell­schaft zu ver­tre­ten und zu moder­ni­sie­ren, in einer Zeit hef­ti­gen Gegen­winds agie­ren soll, bleibt ungeklärt. 

Das ist der Ele­fant im Par­tei­tags­raum. Wenn alles gut läuft, dann ist die­se Mega-BDK der Punkt, an dem die Par­tei sich wie­der ein­mal neu erfin­det und damit auch zu neu­er Geschlos­sen­heit fin­det. Wenn nicht, dann blei­ben die nächs­ten Mona­te schwierig. 

P.S.: Ich wer­de mir die BDK heu­te und mor­gen im Stream anschau­en und bin vmtl. Sams­tag vor Ort.

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