Im Juni hatte ich ja davon berichtet, eine Ferienwohnung an der Nordsee gebucht zu haben. So ganz wohl war mir nicht dabei, aber letztlich haben wir trotz Corona-Krise Urlaub am Meer gemacht. Konkret waren das lange Bahnfahrten in recht leeren Zügen, teilweise in der ersten Klasse, in der ich sonst nicht fahre, die aber nochmal etwas mehr Abstand und etwas weniger Leute bietet. Erfahrungen mit dem Maskentragen: ja, so eine Maske nervt natürlich, aber sie lässt sich auch für acht Stunden Zugfahrt tragen, und meine sonst gerne mal rebellischen Kinder hatten auch kein Problem damit, sondern fragten höflich, ob es ok sei, die Maske abzusetzen, um etwas zu essen oder zu trinken. Es gab allerdings immer auch – einige wenige – Mitfahrer*innen, die ihre Nase aus der Maske raushängen ließen. In einigen Zügen gab es Durchsagen und auch deutliche direkte Ansprachen des Zugpersonals, in anderen wirkten die Zugbegleiter*innen eher überfordert und erwähnten die Maskenpflicht noch nicht einmal bei den Ansagen.
Wir sind mehrfach von Norddeich nach Norderney mit der Fähre gefahren – bei frischer Luft auf dem Deck, und trotzdem deutlichen Hinweisen am Eingang und per Lautsprecher auf Maskenpflicht und Abstandsgebote. Ebenso schienen mir die Restaurants einen recht routinierten Umgang damit gefunden zu haben – „sie werden platziert“, Desinfektionsmittel, Maskenpflicht in den Gängen und viele Plätze im Freien. In den Souvenierläden etc. war es eher Glückssache, ob die Verkäufer*innen Maske trugen (oder sich durch Plexisglasschilde geschützt fühlten, oder ob es keins von beiden gab), und auch im Waloseum gab es zwar deutliche Hinweise (nur eine Familie pro Raum, Maskenpflicht, …), aber kaum Kontrollen dieser Vorschriften und viele Exponate zum Anfassen. Hm.
Relativ viele Angebote waren geschlossen – beispielsweise der Indoor-Kinderspielplatz, den es in Norddeich eigentlich geben sollte, diverse Leuchttürme etc. oder im Museum das Cafe. Am Strand wurde darum gebeten, Strandkörbe nicht zu verschieben und Abstand zu halten; Masken wurden hier allerdings nur an den Kiosken getragen, eine Aufsicht, Erfassung der Besucher*innen oder Kontrolle der Personenzahl gab es nicht. Allerdings waren die Strände auch nicht überfüllt, so dass hier problemlos Abstand zwischen einzelnen Familien war.
Letztlich waren wir – von einzelnen Zugfahrten, Laden- und Museumsbesuchen abgesehen – fast die ganze Zeit entweder in der Ferienwohnung oder an der frischen Luft. Insofern hoffe ich, dass mein Risikoeindruck mich nicht täuscht und das insgesamt akzeptabel war.
Trotzdem blicke ich mit Sorge auf die inzwischen wieder schnell steigenden Fallzahlen und bin froh, wieder zuhause zu sein. Das Gedächtnis der Menschen scheint kurz zu sein; der Weg hin zu einem effektiven Impfschutz ist noch weit. Bis dahin scheinen mir Masketragen und Abstandhalten sowie der Verzicht auf unnötige Menschenansammlungen weiter sinnvoll zu sein. Auch wenn es ungerecht ist, halte ich in diesem Sinne auch die Tests bei Reiserückkehrer*innen aus Risikogebieten für eine sinnvolle Sache.
In Baden-Württemberg sind noch bis Anfang September Schulferien. Danach kommt der Herbst, und (wie im Juni schon geschrieben) auch die Schule läuft dann wieder an. Laut Kultusministerium soll der Fokus auf dem „Kerncurriculum“ liegen, schulspezifische Ergänzungen oder AGs werden als „kann wegfallen“ betrachtet. Bisher ist dafür ein weitgehend „normaler“ Präsenzbetrieb geplant. Nach jetzigem Stand soll es eine Maskenpflicht nur außerhalb des Unterrichts geben. Ob das so bleibt, bin ich skeptisch – und ich hoffe weiterhin, dass unabhängig von den Weisungen der Kultusministerin alle Schulen sich intensiv auf einen Plan B vorbereiten, bei dem größere Teil des Schulbetriebs im Distanzunterricht stattfinden werden. Selbst wenn wir im September nicht mitten in einer zweiten Welle mit Ausgangsbeschränkungen liegen, wird es einzelne Klassen und Schulen geben, die aufgrund von Coronafällen in Quarantäne gehen müssen, und es wird Kinder geben, die aufgrund von Vorerkrankungen oder aus Sorge der Eltern vom Präsenzunterricht abgemeldet sind. Auch diese müssen erreicht werden. An vielen Schulen hat sich dafür in den letzten Wochen des letzten Schulhalbjahrs eine gute Praxis entwickelt. „Never change a running system“ heißt auch, dann nicht mitten in der Pandemie auf neue Software umzusteigen, wie es Frau Eisenmann wohl plant. Bildungspolitisch wird es jedenfalls zunehmend heiß im Land.
Und etwas weiter in die Zukunft geblickt, stehen dann Landes- und Bundesparteitage an. Aktuell sind solche Veranstaltungen mit Hygienekonzepten und Abstandsgeboten möglich. Ob das im Spätherbst immer noch der Fall sein wird, ist die eine Frage – ob es sinnvoll ist, sich mit ein paar hundert Delegierten in einer Halle zu versammeln, um über Programme und Personen zu befinden, die andere. (Die Aufstellungsversammlungen zur Landtagswahl im Wahlkreis Freiburg liefen mit viel Abstand im Biergarten – das ist aber leider nicht auf einen großen Parteitag im November übertragbar …).