Noch ein paar wenige Tage, und dann springt der Jahreszähler um auf 2020. Mehr noch als das Jahr 2000 (Y2K, für Eingeweihte) ist 2020 ein Jahr, das immer irgendwann in der fernen Zukunft lag.
Jetzt sind wir dort. 2020 noch vom Beginn des 21. Jahrhunderts zu reden, wäre schräg. Wir sind mittendrin. In einer Zukunft, die beim ersten Hinsehen durchaus apokalyptische Züge aufweist, und eher aus den düstereren Werken zu stammen scheint: Klimakrise, Artensterben, neue globale Machtverhältnisse, populistische und wenig demokratisch gesinnte Regierungschefs in einer ganzen Reihe von Ländern, die Verwirklichung der Totalüberwachung in China, … Erst beim zweiten Hinsehen zeigt sich, dass es auch positive Entwicklungen gibt: sinkende Armut, steigende Bildungszahlen, der vernetzte Kosmos. Wir sind (noch) nicht in einem lebensfeindlichen Badland angekommen, die virtuelle Welt ist weiterhin größtenteils flach, und es gibt ziemlich viel politisiertes Engagement, ziemlich viel Bewegung, und, ja, auch das: eine Ende menschenfeindlicher Selbstverständlichkeiten, die nicht mehr einfach so hingenommen und gedankenlos reproduziert werden.
Vielleicht ist es diese Ungleichzeitigkeit, das Nebeneinander von Krise und Katastrophe auf der einen und Fortschritt und Aufklärung auf der anderen Seite, das diese Jahre kennzeichnet. Vielleicht wird eines Tages in einer Geschichte des 21. Jahrhunderts 2020 das Jahr sein, in dem „how dare you“ gewonnen hat, in dem die Menschheit die Kurve gekriegt hat. Oder halt nicht.