„Ihr Antrag ist zulässig, aber unbegründet“

Petrikirche interior III

Im Jahr 2010 wur­de hef­tig dar­über gestrit­ten, ob und wenn ja um wel­che Höhe die Hartz-IV-Regel­sät­ze nach dem dama­li­gen Urteil des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts erhöht wer­den soll. Das BVerfG hat­te eine nach­voll­zieh­ba­re Neu­be­rech­nung ange­mahnt, die dann erstaun­li­cher­wei­se zu einem fast iden­ti­schen Ergeb­nis für die Höhe der Regel­sät­ze kamen. Ent­spre­chend lag und liegt die Ver­mu­tung nahe, dass die Regel­satz­be­rech­nung in ihrem Ver­fah­ren an das gewünsch­te Ergeb­nis ange­passt wur­de. Und die inter­nen Unter­la­gen dazu wur­den und wer­den nicht herausgerückt.

Aber wir haben ja das Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­setz (IFG), dach­te ich mir letz­tes Jahr. Und schick­te eine Mail mit der Fra­ge, was den die mit einer Aus­kunft nach IFG zu den Berech­nungs­un­ter­la­gen für die­se Neu­be­rech­nung ver­bun­de­nen Kos­ten wären, an das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Arbeit und Sozia­les. Ant­wort, auch nach eini­gen wei­te­ren Mails: Stillschweigen.

Ich hat­te die Sache dann auf sich beru­hen las­sen, bis im Stream zur Ver­an­stal­tung »Infor­ma­ti­ons­frei­heit 2.0« die Sei­te fragdenstaat.de vor­ge­stellt wur­de. Die will Anfra­gen nach dem IFG erleich­tern und Ant­wor­ten zusammenstellen.

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Elf Sätze zum Sorgerecht

Flight geometry

Bei Ant­je Schrupp und bei der Mäd­chen­mann­schaft wer­den die aktu­el­len Ent­wick­lun­gen rund um das Sor­ge­recht ana­ly­siert und hef­tig dis­ku­tiert. Mein ers­ter Ein­druck: die Auf­he­bung des Veto­rechts für nicht-ehe­li­che Müt­ter beim Sor­ge­recht ist eben­so sinn­voll wie der Vor­schlag von Jus­tiz­mi­nis­te­rin Leu­theus­ser-Schnar­ren­berg, künf­tig das gemein­sa­me Sor­ge­recht auch bei nicht mit­ein­an­der ver­hei­ra­te­ten Eltern als Stan­dard ein­zu­füh­ren. Die­se Sicht der Din­ge mag auch mit mei­ner per­sön­li­chen Situa­ti­on zu tun haben. Ich bin froh, dass mei­ne Part­ne­rin und ich das gemein­sa­me Sor­ge­recht für unse­re bei­den Kin­der haben (die­se Mög­lich­keit gibt es erst seit 1998) – das passt zu unse­rer Vor­stel­lung ega­li­tä­rer Eltern­schaft. Und ich kann bestä­ti­gen, was wohl auch ande­re erfah­ren haben, dass es näm­lich als nicht ver­hei­ra­te­tes Paar ein ziem­li­cher Auf­wand ist, das gemein­sa­me Sor­ge­recht zu bean­tra­gen. Dazu müs­sen Vater und Mut­ter gemein­sam beim Jugend­amt erschei­nen – wir haben das aus prak­ti­schen Grün­den und nach Bera­tung durch unse­re Heb­am­me vor der Geburt gemacht -, sich einen Vor­trag dar­über anhö­ren, dass die Ent­schei­dung nur durch Gerichts­ur­teil wie­der auf­heb­bar ist, und die Part­ne­rin wird ganz unvoll­jäh­rig noch­mal ganz beson­ders auf die Trag­wei­te ihres Ent­schlus­ses hin­ge­wie­sen. Dass es unter die­sen Umstän­den häu­fig dazu kommt, dass unver­hei­ra­te­te Paa­re das gemein­sa­me Sor­ge­recht nicht bean­tra­gen, erscheint mir plau­si­bel – und die Karls­ru­her Ent­schei­dung ein Schritt hin zu einer Gleich­stel­lung von ver­hei­ra­te­ten und nicht ver­hei­ra­te­ten Paaren.

Aller­dings gibt es auch Argu­men­te, die gegen die Rege­lung einer gemein­sa­men Sor­ge als Stan­dard­fall spre­chen, und die mich jetzt auch ein biß­chen ins Grü­beln gebracht haben. Das eine ist der in die­sem taz-Kom­men­tar schön zum Aus­druck gebrach­te Punkt, dass „Vater­schaft“ ganz unter­schied­li­ches bedeu­ten kann, von der ega­li­tä­ren Fami­li­en­ar­beit oder der Allein­ver­ant­wor­tung bis hin zu einem „Will-damit-nichts-zu-tun-haben“: da stellt sich schon die Fra­ge, ob eine sol­che Fest­le­gung für alle Fäl­le passt, bzw. wie das gere­gelt wer­den kann. Noch schwer­wie­gen­der erscheint mir das von bei­den oben ver­link­ten Blogs ange­spro­che­ne Argu­ment, dass mit der gemein­sa­men Sor­ge von leib­li­cher Mut­ter und leib­li­chem Vater letzt­lich ein ganz bestimm­tes sozia­les – hete­ro­nor­ma­ti­ves – Modell von Fami­lie und Eltern­schaft gefea­tured wird, und dass hier die bio­lo­gi­sche Eltern­schaft gegen­über einer wie auch immer zustan­de gekom­me­nen sozia­len Eltern­schaft klar prä­fe­riert wird. Jedes Kind braucht Eltern – aber müs­sen das genau zwei sein, genau ein Mann und genau eine Frau (die zusam­men das Kind gezeugt haben)?

P.S.: Wahr­schein­lich ist das recht­lich-poli­ti­sche Kon­zept Fami­li­en­ver­trag hier der letzt­lich sinn­volls­te Weg.