Über den Ablauf des grünen Mitgliederentscheids hatte ich bereits vor einigen Tagen etwas geschrieben. Die taz macht sich jetzt Sorgen darum, ob wir zuwenig oder zuviel Laubfrosch-Schutz im Programm haben werden, ob die grüne Basis möglicherweise ob niedlicher Tierchen die große Energiewende vergessen wird. Denn dann müsste die taz am Tag nach dem Mitgliederentscheid mit „Der 5‑Mark-Frosch“ titeln. Horrorvorstellung!
Mal abgesehen davon, dass es das Wesen einer demokratischen Entscheidung ist, dass es Überraschungen geben kann, und mal abgesehen davon, dass es beim grünen Mitgliederentscheid dadurch, dass in drei Themenfeldern gewählt wird, eine gewisse Risikoabsicherung gibt, hat die taz natürlich in einem Punkt recht: Es ist jetzt höchste Zeit für den innerparteilichen Wahlkampf! Da hätte ich gerne auch für „meine“ Themen eine Pressekampagne.
Weil’s die nicht gibt, will ich zumindest an dieser Stelle ein bisschen Aufmerksamkeit schaffen bzw. eine Wahlempfehlung abgeben.
Im Bereich moderne Gesellschaft fällt die Wahl schwer. Neben Gleichstellung und Bürgerrechten sind auch die netzpolitischen Schlüsselprojekte hier einsortiert worden. Und davon gibt es gleich vier (mit drei Stimmen plus Joker also wählbar):
Mit Transparenz Korruption bekämpfen – Informationsfreiheitsgesetz ausbauen: Eine Reform des Informationsfreiheitsgesetzes will – jetzt im Wahlkampf – auch die SPD. In den Ländern und außerhalb der heißen Wahlkampfphase sah das anders aus – da waren wir Grüne es, die konkrete Vorschläge dafür gemacht haben, wie Transparenz auch bei öffentlichen Vergaben gestärkt werden kann und wie das Recht auf Zugang zu öffentlichen Informationen ausgebaut und – im Sinne von Open Data – proaktiver betrieben werden kann.
Freies und schnelles Internet für alle: Teilhabe hängt heute in dreifacher Hinsicht am Netzzugang: Es muss einen bezahlbaren und hinreichend schnellen/breitbandigen Zugang geben – und die Netzneutralität muss gewahrt bleiben, am besten durch eine gesetzliche Verpflichtung. Das geht alle an! Mit diesem Schlüsselprojekt setzen wir ein klares Zeichen für Breitbandausbau und Netzneutralität und gegen die Pläne der Telekom (Stichwort #drosselkom), sich aus der Anschlusspflicht zurückzuziehen, Flatrates zu kappen und unterschiedliche Dienste und Anbieter unterschiedlich zu behandeln.
Privatsphäre stärken: Vorratsdatenspeicherung lehnen wir klar ab – auch da muss der potenzielle Koalitionspartner immer wieder dran erinnert werden. Das Schlüsselprojekt kombiniert den bürgerrechtlichen Kampf gegen Ausspähung und für informationelle Selbstbestimmung mit dem grünen Traditionsthema Datenschutz.
Modernes und faires Urheberrecht: Das vierte netzpolitische Schlüsselprojekt greift ein heißes Thema auf, das auf Bundes- (und Europaebene) gelöst werden muss, nämlich die Frage, wie das Urheberrecht im Zeitalter digitaler Kopierbarkeit so weiterentwickelt werden kann, dass es einen Ausgleich zwischen UrheberInnen und VerwerterInnen einerseits und NutzerInnen andererseits gibt. Das Projekt macht deutlich, dass Grüne gegen die Kriminalisierung privater NutzerInnen sind und das Abmahnunwesen wirksam bekämpfen wollen.
Im Themenfeld Gerechtigkeit – in dem auch die grünen Steuerpläne enthalten sind – liegen mir insbesondere die zwei hochschul- und forschungspolitischen Projekte am Herzen.
Bafög ausbauen und weiterentwickeln: In diesem Projekt stecken eigentlich drei Baustellen – alle drei sind wichtig, um sicherzustellen, dass Bildung nicht an sozialen Hürden scheitert. 1. Wir wollen das Bafög erhöhen und ausbauen, also den Kreis der Anspruchsberechtigten erweitern (+300 Mio. €/Jahr). 2. Das Bafög soll mittelfristig zu einem Zwei-Säulen-Modell mit elternunabhängigen Komponenten umgebaut werden. Dafür hat die grüne Fraktion – v.a. Kai Gehring ist hier zu nennen – ein belastbares Modell vorgelegt. 3. Bafög bezieht sich bisher auf das Erststudium. Wenn die Floskel vom „lebenslangen Lernen“ ernst gemeint ist, muss es – unabhängig vom Lebensalter – bei Bedarf eine Weiterbildungsförderung geben. Mit 200 Mio. € im Jahr soll ein solches Weiterbildungs-Bafög aufgebaut werden.
Hochschulen mit jährlich 1 Mrd. € mehr Bundesmitteln stärken: Das zweite hochschulpolitische Schlüsselprojekt bezieht sich auf die strukturelle Unterfinanzierung des Hochschulsystems in Deutschland. Die Zahl der Studierenden ist deutlich gewachsen, ebenso die Zahl der Drittmittelprojekte. Dem steht eine oft nicht ausreichende Grundfinanzierung gegenüber – eine Ursache für „Projektitis“ und schlechte Arbeitsbedingungen beim wissenschaftlichen Personal. Das hat eben auch etwas mit Geld zu tun. Die Handlungsmöglichkeiten des Bundes, hier etwas zu tun, sind begrenzt, aber vorhanden – und müssen ausgebaut werden. Mit diesem Projekt stellen wir klar, dass Wissenschaft- Forschung ebenso wie die Lehre – von Grünen nicht nur geschätzt wird, sondern auch finanziell höhere Prioritäten bekommen muss. Das steht uns gut zu Gesicht.
Warum blogge ich das? Ich würde mich freuen, wenn meine kleine Wahlempfehlung dazu beiträgt, dass die netz- und hochschulpolitischen Projekte ein starkes Gewicht bekommen. Darum!
So isses, denn … das Symbol ist ein Symbol und nicht der Inhalt! … Wählt Bafög für netzneutrale Laubfrösche! http://t.co/rvJgqr4wa5
schöner Text,
ich würde mich noch freuen, wenn mindestens ein internationales Projekt bei den TOP 9 dabei wäre.
Wie finanzierst Du den Bafög-Ausbau?
Das ist eines der Projekte, für die wir die Erhöhungen des Spitzensteuersatzes nutzen wollen.