Einfache Dinge, kleine Kinder und die Bürokratie (Update)

Wer Kin­der gemein­sam erzieht, kann die dar­aus erwach­se­nen Ren­ten­an­sprü­che auf­tei­len. Klingt erst ein­mal logisch und ein­fach, bedeu­tet aber auch: jede Men­ge Büro­kra­tie. Bereits bei mei­ner inzwi­schen drei­jäh­ri­gen Toch­ter woll­ten wir das eigent­lich machen. Der Packen For­mu­la­re lag dann aber aus ver­schie­de­nen Grün­den so lan­ge rum, bis alle Fris­ten ver­stri­chen waren. Damit also fiel der Ren­ten­an­spruch – mehr oder weni­ger for­mu­lar­los – an die Mutter. 

Gut – neu­es Kind, neu­es Glück. Zoras Ansprü­che bei der Mut­ter – dann ist es gerecht, die aus der gemein­sa­men Erzie­hung von Ras­mus erwach­se­nen Ansprü­che bei mir anzu­rech­nen. Wir haben des­we­gen ziem­lich schnell nach der Geburt einen form­lo­sen Brief an die Ren­ten­kas­se geschickt, von uns bei­den unter­schrie­ben, in dem wir die­sen Wil­len erklä­ren (11.04.2009).

Ein paar Tage (20.04.2009) spä­ter kam dann ein ers­ter Brief: Ein­gangs­be­stä­ti­gung und Fall­num­mer. Wie­der­um ein paar Tage spä­ter (08.05.2009): dicker Brief mit dickem Paken For­mu­la­ren. Ziel: Auf­klä­rung des bis­he­ri­gen Ren­ten­ver­si­che­rungs­ver­laufs inkl. Lücken, Bestä­ti­gung der eige­nen Iden­ti­tät, und in einem Neben­satz der Hin­weis, dass V800 aus­ge­füllt wer­den muss, um den Wunsch nach Berück­sich­ti­gung von Kin­der­er­zie­hungs­zeit der Behör­de mitzuteilen.

Erschla­gen vom For­mu­lar­wust – unge­fähr 20 Sei­ten – blieb das dann erst­mal lie­gen. Das ist zuge­ge­be­ner­ma­ßen mein eige­nes Ver­sa­gen. Dass da noch was aus­zu­fül­len wäre, fiel auch der Ren­ten­ver­si­che­rung auf. Am 04.06.2009 schick­te sie den nächs­ten Brief los – noch­mal die sel­ben For­mu­la­re, dies­mal mit dem Hin­weis „EILT SEHR“ ver­se­hen. Wie­der­um mit Schwer­punkt auf der noch immer nicht erfolg­ten lücken­lo­sen Kon­ten­klä­rung. Dabei woll­te ich doch nur mit­tei­len, dass mei­ne Part­ne­rin und ich über­ein­ge­nom­men sind, die Anrech­nung der Erzie­hungs­zei­ten ein­ver­nehm­lich aufzuteilen.

Vie­le For­mu­la­re heißt: sich Zeit neh­men. Was (wegen der gemein­sa­men Kin­der­er­zie­hung und bei­der­sei­ti­gen Arbeit etc.) schwie­rig ist. Anfang letz­ter Woche kam ich dann end­lich mal dazu. Und nach einem Anruf bei der Ren­ten­ver­si­che­rung („Wie­so so vie­le For­mu­la­re?“ – „Wir sind eine Behör­de!“) bestä­tig­te sich ein Ver­dacht: die lücken­lo­se Ver­laufs­auf­klä­rung hing ursäch­lich nicht mit der Bean­tra­gung der Kin­der­er­zie­hungs­zei­ten zusam­men. Son­dern wur­de halt immer mit­ge­schickt, wenn jemand einen noch nicht lücken­los auf­ge­klär­ten Ver­lauf hat­te. Ach so. Letzt­lich also die freund­lich Aus­kunft: es reicht, wenn ich erst­mal die V800-For­mu­la­re ausfülle.

Gesagt, getan. V800 braucht aber auch V820, und eini­ge Fra­gen müs­sen in V805 noch­mal aus­ge­füllt wer­den. Über­haupt hat­te ich den Ein­druck, drei­mal das sel­be aus­ge­füllt zu haben. Ach so, V805, Anga­ben zur Kin­der­er­zie­hung, aus­zu­fül­len, falls ein Vater die­se Erzie­hungs­zei­ten ange­rech­net haben will: das lag natür­lich nicht bei. Irgend­wo auf der Web­site der Ren­ten­ver­si­che­rung war es dann zu finden. 

Dann aber end­lich: alles aus­ge­füllt. Jetzt feh­len nur noch die erneue­ten Unter­schrif­ten der Mut­ter – und beglau­big­te Kopien der Geburts­ur­kun­de. Und mit etwas Glück geht die Wil­lens­be­kun­dung dann ihren büro­kra­ti­schen Weg.

Auf die Schnel­le habe ich jetzt kei­ne Sta­tis­ti­ken dazu gefun­den, wie vie­le Väter bei gemein­sa­mer Erzie­hung Kin­der­er­zie­hungs­zei­ten ange­rech­net bekom­men. Wenn das bei ande­ren den sel­ben For­mu­lar­weg geht – und es nicht ein Son­der­fall ist, weil die Ren­ten­ver­si­che­rung unbe­dingt wis­sen muss, war­um ich wäh­rend mei­nes Stu­di­ums zwi­schen zwei HiWi-Jobs mal kei­nen hat­te, und was ich zwi­schen Abi und Beginn des Zivil­diens­tes getan habe – dann glau­be ich nicht, dass es vie­le sind. Jeden­falls ist klei­nes Kind plus Erwerbs­ar­beit genau die fal­sche Lebens­la­ge, um umfang­rei­che For­mu­la­re aus­zu­fül­len. Wozu die not­wen­dig sind, erschließt sich mir bis­her tat­säch­lich noch nicht. Ja – die Ren­ten­ver­si­che­rung ist eine Behör­de (auch wenn’s auf der Web­site heißt: „Unter­neh­mens­pro­fil“). Aber die For­mu­la­ri­sie­rung kann auch über­trie­ben werden.

War­um blog­ge ich das? Um in weni­gen Tagen das Update: „so, raus­ge­schickt“ anhän­gen zu können.

Update (26.4.2009) So, raus­ge­schickt. Nach u.a. einem noch­ma­li­gen Anruf bei der Behör­de, in dem ich her­aus­ge­fun­den habe, dass wohl doch kei­ne beglau­big­ten Kopien not­wen­dig sind, son­dern ein­fa­che rei­chen. Und erst­mal auf gro­ßes Miss­trau­en stieß, hin­sicht­lich der Fra­ge der Beleg­bar­keit der Betei­li­gung an der Erziehungsarbeit.

P.S. Was mit am längs­ten vom Blog­post bis zum Ver­schi­cken gedau­ert hat, war die Suche nach einer pas­sen­den Brief­mar­ke (1,50, d.h. zwei Mar­ken a 45 not­wen­dig, vor­rä­tig habe ich eher 55, und bei knap­pen Job­/Kin­der-Timing ist der Weg zur Post bzw. zum Brief­mar­ken­au­to­ma­ten weit). Fan­den sich dann letzt­lich doch noch – aber das ist so Klein­kram, der nie mit­be­dacht wird.

4 Antworten auf „Einfache Dinge, kleine Kinder und die Bürokratie (Update)“

  1. Vor unse­rem Urlaub, also vor etwa zwei Wochen kam dann der etwas irri­tie­ren­de Bescheid. Wenn ich ihn rich­tig ver­ste­he – was sich aber selbst durch einen Tele­fon­an­ruf nicht voll­stän­dig geklärt hat – wird damit für die Mona­te März bis Juli der Ren­ten­an­spruch wg. Kin­der­er­zie­hung für Ras­mus auf mich über­tra­gen. Für die übri­gen Zeit sind wei­te­re Anträ­ge zu stel­len („in die Zukunft machen wir das nicht, da könn­te ja jeder kom­men“) – gleich­zei­tig habe ich (ohne dem jetzt wirk­lich nach­ge­gan­gen zu sein) den Ein­druck, dass es not­wen­dig ist, inner­halb eines gewis­sen Zeit­raums Ansprü­che gel­tend zu machen, damit sie nicht an die Mut­ter gehen („wir mel­den uns da schon, sie sehen das dann ja“). Letzt­lich befürch­te ich, dass es wei­te­rer Eigen­in­itia­ti­ve bedarf – und es eben nicht reicht, ein­mal zu erklä­ren, wie Ren­ten­an­sprü­che bzgl. Kin­der­er­zie­hung zwi­schen den Eltern ver­teilt sein sol­len. Fort­set­zung folgt.

  2. Ächz…
    Da auch ich nicht ver­ste­he, wozu es nötig ist, drei For­mu­la­re aus­zu­fül­len, wenn man ein­fach nur die gemein­sa­me Erzie­hung der Kin­der erklä­ren will, bin ich auf die­sen Blog gesto­ßen und kann die Lei­dens­ge­schich­te genau nachvollziehen.
    Lei­der ist in kei­nem der For­mu­la­re der DRV erläu­tert, dass es bei dem For­mu­lar­wust um 1. Kin­der­er­zie­hungs­zei­ten und 2. Berück­sich­ti­gungs­zei­ten geht.
    Nach lan­ger Recher­che fand ich her­aus: Kin­der­er­zie­hungs­zei­ten sind nicht etwa Zei­ten in denen Frau und Mann Kin­der erzie­hen, son­dern Zei­ten in denen ent­we­der Frau oder Mann Kin­der erzo­gen haben, auch wenn sie dies gemein­sam und gleich­zei­tig taten.
    Also:
    zu Punkt 1:
    Für die Kin­der­er­zie­hung­zeit, das sind die ers­ten 36 Mona­te nach der Geburt, wer­den auto­ma­tisch der Mut­ter 3 Ren­ten­punk­te gut­ge­schrie­ben, d.h. der Bund zahlt für die Mut­ter auto­ma­tisch einen Bei­trags­satz zur Ren­ten­ver­si­che­rung ein, der durch einen Durch­schnitts­ver­die­ner (ca. ich glau­be 1800 Euro/Monat) in die­ser Zeit erwirt­schaf­tet wor­den wäre.
    Stellt der Mann nicht recht­zei­tig einen Antrag (V800, V820 + V805) ver­fal­len für ihn die Ren­ten­punk­te auch wenn sie ihm zustün­den. Eine recht net­te Rege­lung… oder?

    zu Punkt 2:
    Die rest­li­che Zeit bis zum 10. Lebens­jahr des Kin­des nennt sich in Beam­ten­deutsch „Berück­sich­ti­gungs­zeit“. Die­se neue Zeit nun hat einen Ein­fluss auf die soge­nann­te „War­te­zeit“. Die War­te­zeit ist wie­der eine Zeit, die jeder Ren­ten­emp­fän­ger abzu­war­ten hat, bevor er/sie eine Ren­te bezie­hen kann (hab ich das rich­tig ver­stan­den?). Jeden­falls wird die War­te­zeit um die „Berück­sich­ti­gungs­zeit“ ver­rin­gert und das heißt, der­je­ni­ge der das Kind vor­wie­gend erzo­gen hat, dem wird die Berück­sich­ti­gungs­zeit zuge­schla­gen. Kon­kret: hat die Mut­ter 5 Jah­re vor­wie­gend das Kind erzo­gen und der Vater die ande­ren 5 Jah­re ver­rin­gert sich für bei­de die Ren­ten­war­te­zeit um je 5 Jahre.
    In einem der drei For­mu­la­re oder in allen drei­en muss nun der Mann erklä­ren, dass auch er das Kind erzieht und nicht nur die Mut­ter (was für die DRV wohl eher logisch wäre).
    Sinn macht es aller­dings nur dann die Berück­sich­ti­gungs­zeit zu bean­tra­gen, wenn nicht ohne­hin schon eine ren­ten­ver­si­che­rungs­pflich­ti­ge Tätig­keit vor­liegt (bei allen Ange­stell­ten ist dies der Fall). Eine ren­ten­ver­si­che­rungs­pflich­ti­ge Tätig­keit ver­kürzt näm­lich ohne­hin die sog. War­te­zeit und die sog. Berück­sich­ti­gungs­zeit wird hier nicht hinzuaddiert.

    Nun ja, um sich etli­che Anru­fer, Brie­fe etc. zu erspa­ren, könn­te die DRV net­ter­wei­se auch mal klar erläu­ter­te For­mu­la­re ver­sen­den, in denen von vorn­her­ein steht was sie mit die­ser oder jener Zeit/ die­sem oder jenem Begriff mei­nen, damit sich die Lebens­zeit, die man hat, nicht nur noch in eine „For­mu­lar­re­cher­che­zeit“, eine „Beam­ten­an­ruf­zeit“, „For­mu­lar­aus­füll­zeit“ und grü­beln­de „Ren­ten­for­mu­lar­blog­schreib­zeit“ verwandelt.

  3. Dan­ke für die­sen Blog! Ich war bereits am Ver­zwei­feln ange­sichts des For­mu­lar­wust, der mir zuge­schickt wur­de. Ich ver­such­te her­aus­zu­fin­den, wozu man eigent­lich die­se gan­zen For­mu­la­re aus­fül­len muss, wenn man doch nur sei­ne Erzie­hungs­zei­ten aner­kannt haben möch­te. Und ich griff auch schon zum Hörer und rief die DRV an, doch dann fand ich die­sen Blog zu dem The­ma und ja! es ist genau­so wie es Till Wes­ter­may­er beschreibt! Mich hat­te schon gleich zu Beginn – also nach Geburt des Kin­des – das The­ma Eltern­geld und Bay­ri­sches Lan­des­er­zie­hungs­geld zur Ver­zweif­lung getrie­ben. Und ich stim­me zu, dass klei­nes Kind plus Erwerbs­tä­tig­keit die fal­sche Lebens­la­ge ist für umfang­rei­che For­mu­la­re mit Denkanspruch ;-)

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