„Die Universität ist noch nicht reif für eine Frau“ (Update 2: der Fall erreicht „nature“)

Dass die Uni­ver­si­tät Frei­burg noch nicht reif für eine Frau ist, sage nicht ich, son­dern das hat gera­de – bedau­ernd – der Uni­ver­si­täts­rats­vor­sit­zen­de Weit­zmann mit­ge­teilt. Und zwar im öffent­li­chen Teil der Senats­sit­zung, in der soeben der Rek­tor gewählt wur­de. Damit war er nicht der ein­zi­ge, bei dem zwi­schen den Zei­len eine gro­ße Sym­pa­thie für Prof. Eli­sa­beth Che­au­ré her­aus­zu­hö­ren war. Auch Prof. Schwen­gel hat in sei­nem gewun­den-grund­sätz­li­chen Bericht aus der Senats­fin­dungs­kom­mis­si­on ziem­lich deut­lich anklin­gen las­sen, dass die drei Bewer­bun­gen, die zuletzt noch im Ren­nen waren, min­des­tens gleich­wer­tig waren. Und eben­so war aus fast allen Wort­mel­dun­gen der Senats­mit­glie­der her­aus­zu­hö­ren, dass die Chan­ce, auch auf höchs­ter Füh­rungs­ebe­ne deut­lich zu machen, dass die Uni­ver­si­tät es ernst mit Gleich­stel­lung meint, eigent­lich bes­ser genutzt wor­den wäre.

Abge­stimmt wur­de dann trotz­dem – zumin­dest öffent­lich bekun­det und an einen ent­spre­chen­den Fach­schaf­ten­be­schluss gebun­den – selbst von den vier Stu­die­ren­den im Senat im Sin­ne der Staats­rai­son: das Ergeb­nis des for­mal kor­rek­ten Ver­fah­rens wird akzep­tiert, die Uni­ver­si­tät steht geschlos­sen zu ihrer Führung. 

In Zah­len waren es dann aller­dings doch 11 Nein-Stim­men und 4 Ent­hal­tun­gen; mit 18 Ja-Stim­men war die Mehr­heit für Prof. Hans-Jochen Schie­wer damit zwar ein­deu­tig, aber nicht über­wäl­ti­gend (Kon­stan­tin weist dar­auf hin, dass ein ja irgend­wie erwart­ba­res stu­den­ti­sches Nein zu einem Ergeb­nis von 13 14:15:4 geführt hät­te; einer der weni­gen Momen­te, wo die stu­den­ti­schen Senats­mit­glie­der mal ech­ten Ein­fluss hat­ten – und damit auch die FSK, die die gewähl­te Linie vor­ge­ge­ben hatte). 

Ob mit die­sem Ergeb­nis der nach dem Abgang des „Hoff­nungs­trä­gers“ Voss­kuh­le ver­miss­te Schwung wie­der zurück­kommt, bleibt abzu­war­ten. Sub­stan­ti­ell bedeu­tet das Ergeb­nis, dass sich nicht viel ändern wird. Aus dem kom­mis­sa­ri­schen Rek­tor wird der tat­säch­lich amtie­ren­de Rek­tor, das Rek­to­rat bleibt, inter­es­sant ist nun, wer als Vizerektor/in bestellt wird.

Viel­leicht aber ist selbst die­ses Wahl­er­geb­nis ein Schritt für mehr Gleich­be­rech­ti­gung an der Uni­ver­si­tät Frei­burg. Nicht nur hat fast jede/r das Wort im Mund geführt – auch der frisch­ge­wähl­te Rek­tor leg­te viel Empha­se dar­auf, in Zukunft ganz viel für die För­de­rung jun­ger Wis­sen­schaft­le­rin­nen (hof­fent­lich dann auch jun­ger Wis­sen­schaft­ler in ähn­li­chen Lebens­si­tua­tio­nen) und für die Chan­cen­gleich­heit an der Uni­ver­si­tät tun zu wol­len. Ob das vor ein paar Wochen auch schon so gewe­sen wäre, kann nicht gesagt wer­den. Ich glau­be es aller­dings nicht. Der Ein­wand eines Dekans, mit dem Ver­zicht auf eine Frau als Rek­to­rin auch die Gleich­stel­lungs­vor­ga­ben bei Beru­fun­gen ins Absur­de zu füh­ren, muss damit nicht unbe­dingt zutreffen.

Gab es Über­ra­schun­gen? Das Wahl­er­geb­nis war sicher kei­ne, ich hat­te es jeden­falls unge­fähr so erwar­tet. Was mich über­rascht hat, war der Ver­trau­ens­vor­schuss der stu­den­ti­schen Senats­mit­glie­der, die sich öffent­lich dazu bekannt haben, das Ver­fah­ren zu akzep­tie­ren und Schie­wer mit­zu­wäh­len. Wenig über­ra­schend viel Unmut zwi­schen den Zei­len – auch bei eini­gen Pro­fes­so­rIn­nen – über das Wahl­ver­fah­ren selbst und das star­ke Gewicht des Uni­ver­si­täts­rats. Tat­säch­lich über­ra­schend für mich das Gewicht, dass Exzel­lenz­in­itia­ti­ve, Ran­kings und Manage­ments­rhe­to­rik inzwi­schen gewon­nen haben. Die Saat des Wett­be­werbs ist hier sicht­lich auf­ge­gan­gen. Die jeden­falls nicht glän­zend zu nen­nen­de Vor­stel­lungs­re­de des neu­en Rek­tors wim­mel­te nur von Qua­li­täts­ma­nage­ment, Refe­ren­zen auf Leis­tung und Exzel­lenz (auch in der Leh­re), Manage­ment­me­tho­den und Wett­be­wer­ben (zwi­schen den vie­len Unver­bind­lich­kei­ten waren auch ein paar posi­ti­ven Häpp­chen für jede/n versteckt).

Es wur­de klar, dass die Uni­ver­si­tät Frei­burg ver­su­chen wird, sich als euro­päi­sche Spit­zen­uni­ver­si­tät zu posi­tio­nie­ren. Ob dies tat­säch­lich über den Werk­zeug­kas­ten der BWL gelin­gen kann, muss dahin­ge­stellt blei­ben. Sowohl Prof. Schwen­gel als auch der neue Rek­tor fan­den sich jeden­falls als Uni­ver­si­tät in der Zei­ten­wen­de, in einer Pha­se der Unsi­cher­heit, in einer his­to­ri­schen Situa­ti­on. Auch die Eli­te­uni­ver­si­tät Frei­burg schaut gebannt auf die Schlan­ge Exzel­lenz­in­itia­ti­ve II. Als Reak­ti­on auf Unsi­cher­heit und Her­aus­for­de­run­gen wur­de – und da war mir dann eher unbe­hag­lich zumu­te – von allen Sei­ten nicht nur Zusam­men­halt, son­dern vor allem auch eine star­ke Füh­rung gewünscht; die Sehn­sucht nach „dem star­ken Mann“ scheint es in der wahr­ge­nom­me­nen Kri­se auch im pro­fes­so­ra­len Kor­pus zu geben. Weder der jetzt Gewähl­te noch Prof. Che­au­ré ent­spre­chen, so wirkt es jeden­falls momen­tan, die­sem Phä­no­typ. Das kann nur gut sein für das Bin­nen­ver­hält­nis der Universität.

War­um blog­ge ich das? Weil ich es span­nend fand, die Debat­te mit­zu­er­le­ben. Nicht als ein­zi­ger übri­gens: der Senats­saal 1199 war gut gefüllt. Vom Ver­fah­ren her bot die Uni dabei aller­dings kein gutes Bild. Das Mikro war sehr lei­se, der Bea­mer warb mun­ter für Win­dows, und statt um 15:15 zu begin­nen, wur­de die Öffent­lich­keit, kaum hat­te sie sich gesetzt, erst ein­mal für eine hal­be Stun­de aus dem Saal gewor­fen. Was in die­ser hal­ben Stun­de unter den gewähl­ten Senats­mit­glie­dern pas­sier­te, wird wohl eben­so Geheim­nis blei­ben wie die Fra­ge, wel­ches Uni­ver­si­täts­rats­mit­glied für die lega­le, aber doch äußerst uner­war­te­te Nach­no­mi­nie­rung in der Kan­di­da­ten­fra­ge ver­ant­wort­lich war. Mein Tipp: den Senats­mit­glie­dern wur­de die Lega­li­tät des gewähl­ten Pro­zes­ses ver­deut­licht. Aber das ist nur Spekulation.

Update: (30.7.2008) Die Badi­sche Zei­tung berich­tet heu­te groß dar­über, dass Prof. Che­au­ré das Wis­sen­schafts­mi­nis­te­ri­um auf­ge­for­dert hat, zu prü­fen, ob die Rek­to­ren­wahl in Frei­burg recht­mä­ßig war. Sie begrün­det dies einer­seits mit dem Ver­fah­ren der nach­träg­li­chen Zulas­sung eines wei­te­ren Bewer­bers, zum ande­ren aber auch damit, dass die Wahl nicht dem Gleich­stel­lungs­kon­zept der Uni ent­spro­chen hat (u.a., weil in der Stel­len­aus­schrei­bung expli­zit Frau­en zur Bewer­bung auf­ge­for­dert waren). 

Inter­es­sant dabei fin­de ich, wel­cher Stel­len­wert dabei dem auch hier als Über­schrift gewähl­ten Satz zukommt, dass die Uni­ver­si­tät noch nicht reif für eine Frau sei. Ich hat­te Herrn Weit­zmann in der Sit­zung des Senats so ver­stan­den, dass er mit die­sem Satz aus­drü­cken woll­te, dass er die Bewer­bung von Prof. Che­au­ré inhalt­lich sehr gut fand, dass es aber nicht mög­lich war, dafür eine Mehr­heit im Uni­ver­si­täts­rat zu fin­den. In der BZ wird dage­gen Adel­heid Hepp von der Unter­stüt­ze­rIn­nen-Grup­pe für Prof. Che­au­ré mit der Aus­sa­ge zitiert, dass sie die­sen Satz dis­kri­mi­nie­rend fin­de. Hier scheint es also sehr unter­schied­li­che Inter­pre­ta­ti­on zu geben. 

Ich kann ver­ste­hen, dass der Satz als dis­kri­mi­nie­rend emp­fun­den wer­den kann (ins­be­son­de­re, wenn der Kon­text nicht klar ist). Genau betrach­tet wird hier jedoch nicht gesagt, dass die Frau nicht geeig­net sei, son­dern dass die Uni­ver­si­tät – über die der Satz ja eine Aus­sa­ge macht – ein Pro­blem hat. Dann ist jedoch nicht der Satz dis­kri­mi­nie­rend, son­dern die Tat­sa­che, dass er als zutref­fen­de Beschrei­bung der Umstän­de und Zustän­de ver­stan­den wer­den muss. Wenn die Uni­ver­si­tät Frei­burg ein Ort wäre, an dem es kei­ne geschlechts­spe­zi­fi­sche Dis­kri­mi­nie­rung gibt, wäre es falsch, einen sol­chen Satz zu äußern. Wenn es jedoch stimmt, dass die Uni­ver­si­tät damit ein Pro­blem hat, dann ist er nicht dis­kri­mi­nie­rend, son­dern letzt­lich eine schal­len­de Ohr­fei­ge für alle Uni­ver­si­täts­rats­mit­glie­der (egal wel­chen Geschlechts), die Prof. Che­au­ré ver­hin­dern wollten.

Der zwei­te mög­li­che Vor­wurf in der Kri­tik an besag­tem Satz, näm­lich der, dass Prof. Che­au­ré so auf ihr Geschlecht redu­ziert wird, ist m.E. schon eher rich­tig. Dass hat aller­dings auch viel damit zu tun, dass vor der Wahl genau mit dem Argu­ment, dass es gut wäre, wenn die Uni mal eine Frau an die Spit­ze set­zen wür­de, haus­sie­ren gegan­gen wur­de (auch von mir). 

Rele­vant fin­de ich übri­gens auch, dass eine ande­re Aus­sa­ge nicht viel stär­ker betrach­tet wird, näm­lich die von Prof. Schwen­gel (ich mei­ne jeden­falls, dass u.a. er dies gesagt hat; auch in der Rede von Herrn Weit­zmann waren mög­li­cher­wei­se ähn­li­che Aus­sa­gen ent­hal­ten), dass ja „eigent­lich“ alle Bewer­be­rIn­nen gleich gut gewe­sen sein. An der lässt sich mei­nes Erach­tens näm­lich viel stär­ker deut­lich machen, dass bei glei­cher­ma­ßen geeig­ne­ten Bewer­be­rIn­nen Geschlecht als dis­kri­mi­nie­ren­der Fak­tor ver­wen­det wurde.

Update 2: (8.8.2008) Inzwi­schen wird auch in natu­re news über die Frei­bur­ger Rek­tor­wahl berichtet. 

13 Antworten auf „„Die Universität ist noch nicht reif für eine Frau“ (Update 2: der Fall erreicht „nature“)“

  1. Eine ein­deu­ti­ge Mehr­heit ist das doch gera­de nicht – wann gab es schon so einen schlech­ten Wert bei einer Rek­tor-Wahl (oder irgend­ei­ner Wahl mit nur einem Kan­di­da­ten)? Das übli­che sym­bo­li­sche Abstra­fen von ent­täusch­ten Gegen­kan­di­da­tIn­nen hät­te in einer Ent­hal­tung bestan­den – hier haben ein Drit­tel mit Nein gestimmt. Auf die Fol­gen eines Neins der Stu­die­ren­den weist Du selbst hin (übri­gens wäre es dann 14:15:4 ausgegangen).

    Die Sit­zung vor­hin habe ich ganz ähn­lich erlebt wie Du. Das Manage­ment-Gere­de in sei­ner gan­zen geis­ti­gen Armut war wie­der ein­mal beein­dru­ckend. Wis­sen­schaft­le­rIn­nen, die vom Habi­tus her auch DAX-Unter­neh­men lei­ten könn­ten, sind mir fast noch suspek­ter als Mana­ger im Universitätsrat.

    Teilst Du auch die Ein­schät­zung (heu­te sogar in einem Leser­brief vor­ge­tra­gen), dass die Badi­sche Zei­tung übers Wochen­en­de mit der Brech­stan­ge ver­sucht hat, Schie­wer durch­zu­brin­gen (die bei­den Nomi­nier­ten hät­ten kein For­mat, es herr­sche Sehn­sucht nach schwa­cher Füh­rung etc.)? Was könn­ten die Grün­de sein?

  2. @filtor: Ich traue das der BZ ehr­lich gesagt nicht so ganz zu. Eher viel­leicht der Per­son (wer auch immer das war), die der BZ gesteckt hat, was in der Fin­dungs­kom­mis­si­on her­aus­ge­kom­men ist – und da natür­lich den eige­nen Spin hin­zu­fü­gen konn­te. Ich sehe die Badi­sche also eher als Werk­zeug, das von der Seil­schaft – in Erman­ge­lung eines bes­se­ren Wor­tes – die die­ses Ergeb­nis woll­te, instru­men­ta­li­siert wor­den ist. Scheint mir jeden­falls die plau­si­ble­re Theo­rie zu sein.

  3. Auf­merk­sam­keits­öko­no­misch ein kur­zer Hin­weis dar­auf, dass ich dem Bei­trag oben ein läng­li­ches Update zum BZ-Arti­kel „Che­au­ré for­dert Prü­fung“, der heu­te erschie­nen ist, bei­gefügt habe.

  4. Ute Köh­ler (Stutt­gar­ter Zei­tung) hat schon am 2.7. die Argu­men­te für Herrn Schie­wer gelie­fert. Sie wur­de so inspi­riert, dass sie gleich sechs mal den Ver­fas­sungs­rich­ter Andre­as Voß­kuh­le erwähn­te. Die­se Argu­men­te haben offen­sicht­lich die Her­ren Weit­zmann und Schwen­gel sowie Frau Hepp­rich für die Stu­den­tin­nen brav wie­der­holt. Und Frau Vil­lin­ger schweigt. Da woll­ten Eini­ge schlich­te klei­ne Frei­bur­ger Karos häkeln.
    Jetzt prüft Minis­ter Fran­ken­berg und Frei­burg glaubt, dass der ein­fach abnickt. Till, Du weist aber dar­auf hin, dass inzwi­schen die Zeit­schrift NATURE sich der Sache annimmt („Ger­man pro­fes­sor in sex dis­cri­mi­na­ti­on batt­le“). Damit kommt das Gan­ze mit wumms ins schläf­ri­ge Frei­burg zurück.
    Laut Uni-Home­page sind im Uni­ver­si­täts­rat auch die Her­ren Bren­der (ZDF), Grun­wald (DFG) und Kast (BASF). Was wer­den die zu all dem sagen, wenn RTL oder SAT1 erst­mal bei denen im Büro ste­hen? Ob die die Gefahr für die Uni erkennen?
    Zumin­dest vom Minis­ter könn­ten wir es ja erwarten…

  5. @fanpost: Ich muss zuge­ben, dass ich durch­aus auch zu denen gehö­re, die davon aus­ge­hen, dass Fran­ken­berg die Ent­schei­dung abni­cken wird. Der Weg von natu­re zu SAT1RTLetc. ist dann doch ein biß­chen weit, und die Skan­dal­me­di­en haben noch nicht wahr­ge­nom­men, dass hier ein Skan­dal zu fin­den ist (wie­so soll­ten sie auch – seit wann, Ach­tung, Sar­kas­mus – gilt ein Ver­stoß gegen den Gleich­be­rech­ti­gungs­ar­ti­kel des GG als Skan­dal?). Im ZDF wird dank der Mit­glied­schaft von Herrn Bren­der garan­tiert nichts kom­men, und die DFG wird dank der Mit­glied­schaft von Herrn Grun­wald wohl auch nichts unter­neh­men. So jeden­falls mal mei­ne Ein­schät­zung der Dinge.

    Zum „nature“-Artikel (der ja online erschie­nen ist, ich glau­be nicht, dass er es in die Print­aus­ga­be schafft): zwei Din­ge fin­de ich dar­an interessant. 

    Ers­tens die Tat­sa­che, dass die Pres­se­spre­che­rin der Uni Frei­burg bestä­tigt, dass das Wis­sen­schafts­mi­nis­te­ri­um eine Nach­prü­fung vor­nimmt. Bzgl. des Aus­gangs einer sol­chen Prü­fung bin ich wie gesagt skep­tisch, aber das ist ja immer­hin schon etwas. 

    Zwei­tens fin­de ich an dem „nature“-Artikel inter­es­sant, wie das gan­ze hier in den Kon­text des deut­schen Wis­sen­schafts­sys­tems ins­ge­samt gestellt wird. Einer­seits bestä­tigt das die Aus­sa­ge, dass die Uni Frei­burg (als in die­ser Hin­sicht sehr typi­sches und auch sehr kon­ser­va­ti­ves Bei­spiel für das deut­sche Wis­sen­schafts­sys­tem) wei­ter­hin sys­te­ma­tisch Frau­en dis­kri­mi­niert und „noch nicht reif“ dafür ist, eine qua­li­fi­zier­te Frau zu wäh­len (was kei­ne Ent­schul­di­gung für den Pro­zess in Frei­burg dar­stellt, wohl aber eine Kon­tex­tu­ie­rung). Ande­rer­seits habe ich hier deut­lich mehr Hoff­nun­gen, dass u.a. der „Fall Che­au­ré“ etwas bewegt. Das wird näm­lich spä­tes­tens dann wie­der auf den Tisch kom­men, wenn der nächs­te gro­ße DFG-Antrag oder Exzel­lenz­in­itia­tiv­an­trag weder struk­tu­rell noch inhalt­lich was zur Umset­zung der Gleich­be­rech­ti­gung an der Uni Frei­burg ent­hält. Für eine Rek­to­rin Che­au­ré sehe ich in den nächs­ten Jah­ren schwarz; dass das gan­ze Thea­ter als Hebel dafür genutzt wer­den kann, in Frei­burg und – wie es in dem „nature“-Artikel vor­ge­schla­gen wird, auch gene­rell – etwas für mehr Geschlech­ter­ge­rech­tig­keit zu errei­chen, kann ich mir dage­gen wohl vorstellen.

  6. @Till: Inter­es­san­te Sicht­wei­se. Ich glau­be dage­gen nicht, „dass das gan­ze Thea­ter als Hebel dafür genutzt wer­den kann, (..) etwas für mehr Gleich­be­rech­ti­gung zu errei­chen (..).“ Wie­so denn? Wenn es jetzt nicht geklappt hat, war­um soll­te es in 6 Jah­ren klap­pen? Dann zählt doch wie­der der „Erfah­rungs­vor­sprung“. Wenn es bei die­sem Ver­fah­ren nicht geklappt hat, war­um dann bei jedem ande­ren wich­ti­gen Posten?
    Nein. Ent­we­der der Fran­ken­berg been­det den Spuk jetzt, oder Du kannst das auf Jah­re hin vergessen.
    Aus­ser­dem fin­de ich schon, dass „das gan­ze Thea­ter“ Nach­rich­ten­wert hat. „sex dis­cri­mi­na­ti­on batt­le“ und „green city“ kann man zu was Ähn­li­chem zusam­men­fas­sen wie „Süd­see-Bsir­s­ke“.
    Wenn ich es rich­tig gele­sen habe, dann waren es ja kei­ne RCDS-Stim­men, die Schie­wer (und damit das gan­ze Ver­fah­ren) im Senat gestützt haben, oder?

  7. @fanpost: Wenn du mehr Gleich­be­rech­ti­gung an „nächs­tes Mal wird’s ne Frau“ fest­machst, magst du recht haben. Ich mein­te aber eher, dass z.B. das von der Uni­lei­tung unge­lieb­te „Zen­trum für Anthro­po­lo­gie und Gen­der Stu­dies“ (ZAG) eigent­lich genau jetzt auf den Tisch hau­en könn­te und dar­auf hin­wei­sen, dass die Uni anschei­nend drin­gend mehr fach­li­che Gen­der­kom­pe­tenz braucht und dass das ZAG dem­entspre­chend unter­stützt wer­den muss. Oder dass die nächs­ten DFG-Bege­hun­gen und ‑Begut­ach­tun­gen genau­er auf die Geschlech­ter­struk­tur der For­sche­rIn­nen schau­en. Und sowas.

    Nach­rich­ten­wert: bis­her scheint news.google.de zufol­ge kaum irgend­wo irgend­was auf­ge­schla­gen sein, jeden­falls nicht im Skan­dal­be­reich. Durch­aus Berich­te dar­über, dass das Ver­fah­ren über­prüft wer­den soll, aber RTLSAT1BILD schei­nen noch nichts gemerkt zu haben. Aber – wirk­lich böse gesagt – war­um soll­te die Dis­kri­mi­nie­rung von Frau­en für die gro­ßen Mas­sen­me­di­en auch ein Skan­dal sein, sind doch selbst gut geübt darin?

    Zum stu­den­ti­sches Abstimm­ver­hal­ten im Senat: 3 x BUF (dar­un­ter Grü­ne), 1 x Jusos.

  8. @Till: Du hast doch jetzt nicht geschrie­ben, „mehr Gleich­be­rech­ti­gung ist, wenn der Kerl den Pos­ten kriegt und die Frau­en mehr Geld für Gen­der Stu­dies“, oder? Das wäre der Zynis­mus alter Männer.
    Ande­rer­seits wür­de das die auf­fäl­li­ge Stil­le der Gleich­stel­lungs­be­auf­trag­ten erklä­ren: Eine Rek­to­rin wäre halt schlecht fürs „Gleich­stel­lungs­ge­schäft“.
    Die Chef­re­dak­teu­re der Mas­sen­me­di­en flie­gen bestimmt auch 1. Klas­se in die Süd­see und schrei­ben den­noch über „Süd­see-Bsirk­se“. Der Nach­rich­ten­wert könn­te dar­in lie­gen, dass in einer „Grü­nen Stadt“ mit „Grü­nen Stim­men“ der­art offen eine Frau dis­kri­mi­niert wird. Die Empö­rung über die­se Schein­hei­lig­keit kann dann vom eige­nen Ver­sa­gen ablenken.
    Oder macht die Che­au­ré am Ende mit dem Schie­wer eine „Dop­pel­spit­ze“?

  9. @fanpost: die lang­jäh­ri­ge Beob­ach­tung des Sys­tems Uni Frei­burg stärkt mög­li­cher­wei­se mei­ne Nei­gung zum Zynismus. 

    Aber noch­mal: ich fin­de es nicht gut, was pas­siert ist, glau­be aber nicht dar­an, dass (via Rechts­an­walt, Minis­ter oder spon­ta­nen Mas­sen­pro­test) Schie­wer doch noch davon abge­hal­ten wird, offi­zi­ell ins Amt ein­ge­führt zu wer­den. Real­po­li­tisch gese­hen hal­te ich es des­we­gen (und mei­ne das nicht zynisch) für sinn­vol­ler, den gan­zen Vor­gang jetzt dazu zu nut­zen, mög­lichst viel für Gen­der Stu­dies, Gleich­stel­lungs­be­auf­trag­te und ähn­li­ches her­aus­zu­ho­len (durch­aus mit dem Droh­po­ten­zi­al des Skan­da­lö­sen), statt sich am Spit­zen­pos­ten fest­zu­bei­ßen. Ist nicht toll, aber mei­ner Ein­schät­zung nach effektiver.

    Und grün ist die Uni ja nun wirk­lich nicht.

  10. @fanpost: Na, das Minis­te­ri­um hat halt genau so reagiert, wie es kon­ser­va­ti­ve Minis­te­ri­en ger­ne tun. Ich hab’s gera­de in der Badi­schen Zei­tung gesehen. 

    Was mir aller­dings noch unklar ist: damit ist der Weg „Auf­sichts­be­schwer­de beim Minis­te­ri­um“ erle­digt; in einem der Zei­tungs­ar­ti­kel hieß es auch, Prof. Che­au­ré wür­de ver­su­chen, arbeits­recht­li­che Schrit­te ein­zu­le­gen. Das wäre ja noch­mal was ande­res (auch wenn ich da eben­so­we­nig an den Erfolg glaube).

  11. Wie­so Chan­ce ver­tan? Er gibt doch lus­ti­ge Inter­views zu Mit­tel­al­ter, Hof­staat, Bun­des­prä­si­dent und sei­nem Hoch­zeits­tag. Viel­leicht möch­te der Minis­ter ein­fach auch mal einen Hofnarren.

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