Der Traum von digitaler Assistenz

Desk cat

In eige­ner Sache: in der aktu­el­len Aus­ga­be der Andro­me­da Nach­rich­ten Nr. 291 des SFCD ist mein Text „Der Traum von digi­ta­ler Assis­tenz“ (S. 44–45) erschie­nen. Die kom­plet­te Aus­ga­be gibt es hier als PDF.

Der Traum von digitaler Assistenz. Science Fiction oder schon Realität?

Egal, wohin man auch schaut – über­all begeg­net einem Arti­fi­ci­al Intel­li­gence (AI), ob gewollt oder nicht. Das sug­ge­riert, das bald Rea­li­tät sein könn­te, was heu­te noch Motiv der Sci­ence Fic­tion ist: eine all­zeit ver­füg­ba­re, all­wis­sen­de digi­ta­le Assistenz.

Wäre schön – aber mich gru­selt es dabei. Denk­bar wären auch ganz ande­re Tra­jek­to­ri­en gewe­sen. Immer­hin bin ich mit der ers­ten Gene­ra­ti­on per­sön­li­cher Com­pu­ter auf­ge­wach­sen, habe Tei­le mei­ner Jugend in Mail­bo­xen ver­bracht und war live dabei, als aus dem World Wide Web der Dot-Com-Boom wur­de – und platz­te. Com­pu­ter als Uni­ver­sal­ma­schi­nen, das Netz als uni­ver­sel­les Kom­mu­ni­ka­ti­ons­me­di­um übten eine inten­si­ve Fas­zi­na­ti­on auf mich aus. Und mit­ten im Win­ter der Künst­li­chen Intel­li­genz Anfang des Jahr­hun­derts mal­te ich mir aus, wie hilf­reich ein Pro­gramm sein könn­te, das logi­sche Ent­schei­dun­gen begrün­det fällt, dabei hilft, Mails sinn­voll zu sor­tie­ren oder Tex­te von der einen in die ande­re Spra­che über­setzt. (Mei­ne dies­be­züg­li­chen Geh­ver­su­che in Tur­bo Pas­cal blie­ben dies – nai­ve Ansät­ze, und nicht von Erfolg gekrönt.)

Trotz­dem fin­de ich mich jetzt recht fest im Lager der AI-Kritiker*innen wie­der. Und wun­de­re mich, wie gene­ra­ti­ve Algo­rith­men und gro­ße Sprach­mo­del­le (LLMs) trotz aller wohl­be­grün­de­ter Kri­tik­punk­te inner­halb weni­ger Jah­re Teil des All­tags vie­ler Men­schen wer­den konn­te. Am Mit­tags­tisch dis­ku­tie­ren wir dar­über, wie eigent­lich das Geschäfts­mo­dell von Ope­nAI aus­sieht und wann die AI-Bla­se platzt (oder wann sie genü­gend Men­schen so in Abhän­gig­keit gebracht hat, dass ein mono­po­lis­ti­sches Abo-Modell unaus­weich­lich scheint.) Ich ärge­re mich dar­über, dass jede Soft­ware irgend­wel­che AI-Fea­tures mit­bringt, die abzu­schal­ten eher kom­pli­ziert gemacht wird. Und ich wun­de­re mich, wie Men­schen einer Soft­ware ver­trau­en kön­nen, die nicht weiß, was sie nicht weiß – son­dern dann halt plau­si­blen Bull­shit zusam­men­reimt. Was auf den ers­ten Blick beein­dru­ckend wirkt, fällt schnell zusam­men, wenn es um The­men­ge­bie­te geht, in denen man sich tat­säch­lich aus­kennt. Zwi­schen »klingt plau­si­bel« und »stimmt« gibt es kei­nen Zusam­men­hang – vie­len scheint aber ers­te­res zu reichen.

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Was ich mir von der BDK wünsche

Sunflower trio

Am nächs­ten Wochen­en­de fin­det von Frei­tag bis Sonn­tag die 40. ordent­li­che Bun­des­de­le­gier­ten­kon­fe­renz von Bünd­nis 90/Die Grü­nen (kurz: BDK) in Müns­ter statt, also unser Bun­des­par­tei­tag. Ich bin einer von rund 750 Dele­gier­ten, die an die­sem Wochen­en­de über die grü­ne Posi­ti­on zu Ener­gie- und Ver­kehrs­wen­de, zur Welt­an­schau­ungs­po­li­tik, zum sozia­len Zusam­men­halt und zur Euro­pa­po­li­tik bera­ten, die Urwahl-Kandidat*innen anhö­ren, in Work­shops über Schlüs­sel­pro­jek­te zur Bun­des­tags­wahl 2017 dis­ku­tie­ren wer­den, das grü­ne Frau­en­sta­tut fei­ern und vie­les mehr. Zu den Leit­an­trä­gen gibt es unzäh­li­ge Ände­rungs­an­trä­ge, und ein paar Dut­zend V‑Anträge zu allen mög­li­chen The­men wur­den auch eingereicht.

Am Wochen­en­de danach fin­det die Lan­des­de­le­gier­ten­kon­fe­renz der baden-würt­tem­ber­gi­schen Grü­nen statt. Nur Sams­tag und Sonn­tag, und vor allem mit Wah­len voll­ge­stopft – diver­se Nach­wah­len zum Lan­des­vor­stand und ins­be­son­de­re die Wahl der baden-würt­tem­ber­gi­schen Lan­des­lis­te für die Bun­des­tags­wahl 2017. Es zeich­net sich ab, dass es sehr viel mehr Bewerber*innen als aus­sichts­rei­che Plät­ze gibt. Unter ande­rem will die kom­plet­te baden-würt­tem­ber­gi­sche Lan­des­grup­pe wie­der antre­ten, diver­se ehe­ma­li­ge MdB hof­fen auf einen erneu­ten Ein­zug, und aus den Kreis­ver­bän­den und Regio­nen gibt es wei­te­re star­ke Kandidat*innen. Wer nach­le­sen möch­te, wie das abläuft, kann das in mei­nem Bericht zur Lis­ten­auf­stel­lungs-LDK 2012 tun. Und ja: auch dies­mal steht wie­der ein heiß dis­ku­tier­tes hoch­schul­po­li­ti­sches The­ma im Raum, und es ist durch­aus mög­lich, dass es dazu kon­tro­ver­se Anträ­ge geben wird.

Die LDK (die­ses Jahr in Schwä­bisch Gmünd) ist deut­lich klei­ner als die BDK, hier sind es nur rund 200 Dele­gier­te. Viel­leicht trägt das dazu bei, sie per­sön­li­cher zu machen. Viel­leicht ist es auch die gemein­sa­me Erfah­rung eines Lan­des­ver­ban­des mit rund 9000 Mit­glie­dern, der sich auf­ge­macht hat, das baden-würt­tem­ber­gi­sche Par­tei­en­sys­tem umzu­krem­peln, die hier Zusam­men­halt aus­drückt. Jeden­falls: mein Gefühl gegen­über der LDK – da wur­de ich eben­falls dele­giert – ist ein ganz ande­res als das gegen­über der BDK. Die LDK wird nicht ein­fach wer­den, aber ich bin sehr zuver­sicht­lich, dass am Schluss eine gute Lan­des­lis­te dasteht und bei den Dele­gier­ten das Gefühl vor­herrscht, gemein­sam pro­fes­sio­nell und mit gro­ßer Geschlos­sen­heit etwas geschafft zu haben. Bei der BDK bin ich mir da nicht so sicher. Es gibt sowas wie einen Kater nach dem Event – mit Gäs­ten und Journalist*innen über 1000 Men­schen in einer rie­si­gen Hal­le, Schein­wer­fer, grell­bun­te Back­drops, knal­li­ge Reden, Pro­mi­nenz aus dem Fern­se­hen live und in Far­be. Das kann ganz schön hoch­pu­shen. Um am Tag danach steht dann in den Schlag­zei­len der Zei­tun­gen etwas von Zer­würf­nis (oder alter­na­tiv: Ideen­lo­sig­keit), es wird dar­über spe­ku­liert, wer sich durch­ge­setzt hat, und es fin­det die­ses oder jenes Nach­tre­ten statt.

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Kommunikativer Vertrauensverlust in verunsicherten Zeiten

Waiting I

Kom­mu­ni­ka­ti­ons­gue­ril­la pro­du­ziert immer, immer, immer Ver­un­si­che­rung. Und zer­stört damit gesell­schaft­li­ches Ver­trau­en. Das ist unaus­weich­lich. Trotz­dem kann es legi­tim sein, zu die­ser Form poli­ti­scher Akti­on zu grei­fen. Bei­spiels­wei­se dann, wenn es dar­um geht, etwas schein­bar Selbst­ver­ständ­li­ches in Fra­ge zu stel­len, an Insti­tu­tio­nen zu rüt­teln, Men­schen dazu anzu­re­gen, nach­zu­den­ken und nicht ein­fach hin­zu­neh­men, was ist. (Da hat Kom­mu­ni­ka­ti­ons­gue­ril­la eini­ges mit Sozio­lo­gie gemein­sam, aber das ist eine ande­re Geschichte). 

Weil Kom­mu­ni­ka­ti­ons­gue­ril­la Ver­trau­en zer­stört, und weil, wenn es eines gibt, was in die­ser Gesell­schaft gera­de fehlt, Ver­trau­en ist, bin ich so ver­är­gert dar­über, dass ges­tern jemand die Geschich­te in die Welt gesetzt hat, dass auf­grund des tage­lan­gen War­tens in der Käl­te vor dem Ber­li­ner „Lage­so“ ein Flücht­ling gestor­ben ist. Ich gehö­re zu den tau­sen­den Men­schen, die die­se Geschich­te geglaubt haben, und die sie wei­ter­ge­ge­ben haben. 

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Vertrauensbildende Maßnahmen

Ice shadow II

Am Mon­tag schrieb ich noch dar­über, dass der BDK etwas feh­le, und ges­tern tauch­te dann ein Papier auf. Das Papier – »Grü­ner Auf­bruch 2017« – löst nicht das ges­tern ange­spro­che­ne Pro­blem, aber es ist, mei­ne ich, eine ver­trau­ens­bil­den­de Maß­nah­me, die genau zur rich­ti­gen Zeit kommt. Des­we­gen unter­stüt­ze ich die­ses Papier. 

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Vertraute Technik und die Verschlüsselung

Black key

Ein Strang in der – durch die von Edward Snow­den auf­ge­deck­te per­ma­nen­te Über­wa­chung der Netz­kom­mu­ni­ka­ti­on durch die NSA und ande­re Geheim­diens­te aus­ge­lös­ten – Debat­te dreht sich dar­um, war­um ver­füg­ba­re Kryp­to­gra­phie-Tools nicht ein­ge­setzt werden. 

map hat dazu eini­ges erhel­len­des geschrie­ben, unter dem Titel „Wir haben ver­sagt“. Kern­the­se: Kryp­to­tech­no­lo­gie – also etwa das Ver­schlüs­seln von eMails – wird des­we­gen nicht ein­ge­setzt, weil es kei­ne ein­fa­chen Ober­flä­chen und Tools dafür gibt. Gepaart mit der Arro­ganz der tech­no­lo­gi­schen Eli­te. map ver­gleicht die­se – uns? – mit der „Outer Par­ty“ in Orwells 1984:

Wir machen doch immer so ger­ne Neun­zehn­vier­und­acht­zig­ver­glei­che: Wir sind die Outer Par­ty. Und die Pro­les gehen uns am Arsch vor­bei. Die­se DAUs, die iPho­nes und Face­book benut­zen. Die ihre Daten an US-ame­ri­ka­ni­sche Ser­ver schi­cken. Die Gmail oder GMX benut­zen, statt ihre Mail selbst zu hos­ten. Unse­ren Ekel ver­ber­gen wir hin­ter zyni­schen Rat­schlä­gen. Mit TOR zu sur­fen ist objek­tiv von eine „funk­tio­nal kaput­ten“ Dros­se­lung nicht zu unter­schei­den. Wir haben kein Gefühl mehr für Men­schen die mit die­sen grau­en Kis­ten nur ein biss­chen mit ihren Freun­den reden und rum­sur­fen wol­len, statt ihre kom­plet­te Frei­zeit dar­in zu ver­sen­ken. Nicht mit GNU/Linux hand­ver­schlüs­selt? Ätschbätschselberschuld. 

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