Von Luxusgrün zu Notwendigkeitsgrün?

Die taz berich­tet heu­te über den schrump­fen­den Umsatz der Bio­lä­den; dabei geht es vor allem um die schon etwas älte­re Kon­ven­tio­na­li­sie­rungs­de­bat­te, also Bio­pro­duk­te im Super­markt. Inter­es­san­ter fin­de ich einen zwei­ten Aspek­ten: näm­lich den Zusam­men­hang der letz­ten „Öko-Wel­len“ mit dem wirt­schaft­li­chen Auf­schwung. Ich habe das ja die letz­ten Jah­re etwas genau­er ver­folgt, und „cool green“ eben­so wie Din­ge wie das plötz­li­che Inter­es­se Pro­mi­nen­ter für den „Life­style of Health and Sus­taina­bi­li­ty“ (LOHAS) koin­zi­die­ren durch­aus mit „kei­ne ande­re Sor­gen“. Umge­kehrt wur­de das Umwelt­the­ma Anfang der 1990er Jah­re von Platz 1 der bun­des­deut­schen Sor­gen­hit­lis­te ver­drängt. Plötz­lich ging es um sozia­le Sicher­heit, Arbeits­lo­sig­keit und der­glei­chen mehr.

Visiting "Demeterhof Hiss" – XIX
Hof­la­den – Luxusgrün?

Mit dem von eini­gen jetzt wahr­ge­nom­me­nen Rüber­schwap­pen der Rezes­si­on von den USA hier­her scheint es eine ähn­li­che Ent­wick­lung zu geben. Jeden­falls kom­men­tiert die Times „Sud­den­ly being green is not cool any­mo­re“. Kurz gesagt: das nöti­ge Geld, um sich einen grü­nen Lebens­stil leis­ten zu kön­nen und die­sen als hip zu pro­pa­gie­ren, ist (in Groß­bri­tan­ni­en) nicht mehr da, die Hype­wel­le um Luxus­grün scheint sich dem Ende zuzu­nei­gen. Die Times-Kom­men­ta­to­rin Ali­ce Thom­son sieht dar­in aber auch etwas gutes:

But para­do­xi­cal­ly, just as Bri­tain is tur­ning its back on the envi­ron­ment, the coun­try is final­ly beco­ming gree­ner. Fewer peo­p­le are moving house so they are buy­ing fewer new white goods such as washing machi­nes and fri­d­ges. They may not be queu­e­ing up for £9 orga­nic Poilâ­ne bread, but for the first time in a deca­de they are dis­car­ding less food. They buy less impul­si­ve­ly and think more careful­ly befo­re their weekly shop. Child­ren are wea­ring hand-me-down uni­forms rather than new ones made in sweatshops. 

Mich erin­nert das an die Beob­ach­tung u.a. von Sil­ke Klein­hü­ckel­kot­ten (wenn ich mich jetzt an den rich­ti­gen Text erin­ne­re), dass die in der tat­säch­li­chen Wir­kung „grüns­ten“ Milieus nicht die Post­ma­te­ria­lis­ten sind, son­dern eher rela­tiv arme, mit Spar­sam­keits­wer­ten auf­ge­wach­se­ne tra­di­tio­nel­le Milieus. Das könn­te als Gegen­pol zum Luxus­grün auch als „Not­wen­dig­keits­grün“ bezeich­net wer­den (oder auch als „unfrei­wil­li­ge Umweltschützer“).

Aller­dings hat Armut (über deren Uner­wünscht­heit geht es hier gar nicht) nicht nur öko­lo­gisch posi­ti­ve Effek­te. Neben den von Thom­son beschrie­be­nen ste­hen die feh­len­den Mög­lich­kei­ten, mit­tel­fris­tig in öko-spar­sa­me Pro­duk­te zu inves­tie­ren. Thom­son spricht von wei­ter­ge­nutz­ten Wasch­ma­schi­nen und Kühl­schrän­ken – genau die sind aber eben­so wie schlecht­ge­dämm­te Woh­nun­gen mög­li­cher­wei­se ein gro­ßes öko­lo­gi­sches Pro­blem. Und wer gezwun­gen ist, die bil­ligs­ten Nah­rungs­mit­tel zu wäh­len, schmeißt die­se zwar viel­leicht nicht weg, trägt aber trotz­dem unge­wollt zur Ver­stär­kung indus­tri­el­ler Agrar­wirt­schaf­ten und zu lan­gen Trans­port­kreis­läu­fen bei. Not­wen­dig­keits­grün muss also nicht unbe­dingt funk­tio­nie­ren. Das kann an feh­len­den idel­len Wer­ten lie­gen (Spar­sam­keit und auch das von Thom­son eben­falls ange­führ­te Bei­spiel, selbst Gemü­se anzu­bau­en, funk­tio­nie­ren nur mit ent­spre­chen­dem Wis­sen), die feh­len­den mate­ri­el­len Wer­te kön­nen zu öko­lo­gi­schen Fehl­al­lo­ka­tio­nen füh­ren, und feh­len­de Rah­men­be­din­gun­gen (Dis­coun­ter nimmt Bio wie­der aus dem Ange­bot, um nur ein Bei­spiel zu wäh­len) zei­gen die Abhän­gig­keits­struk­tu­ren deut­lich auf, unter denen Not­wen­dig­keits­grün steht. 

Damit wird auch poli­ti­scher Hand­lungs­be­darf in allen drei Berei­chen sicht­bar: in der Popu­la­ri­sie­rung der Wis­sens- und Wert­grund­la­gen eines trag­fä­hi­gen „Suf­fi­zi­enz­le­bens­stil“ (der ja – eben­so wie Sub­sis­tenz – durch­aus mit Spar­sam­keit und nicht Aske­se ver­markt­bar ist), in der Unter­stüt­zung öko­lo­gi­scher Inves­ti­to­nen bei feh­len­den Ein­kom­men (der Öko-Bonus geht in die­se Rich­tung, aber auch mobi­le Ener­gie­spar-Bera­tun­gen sozia­ler Ein­rich­tun­gen, die es neu­er­dings gibt), aber auch in der ord­nungs­po­li­ti­schen Steue­rung der Rah­men­be­din­gun­gen (d.h. letzt­lich auch: Inter­na­li­sie­rung exter­ner Kon­se­quen­zen in Preis­struk­tu­ren, auch wenn das erst mal unso­zi­al aussieht).

Soweit ein paar ers­te rohe Über­le­gun­gen zur Fra­ge, ob das Ende der LOHAS-Wel­le erreicht ist, und was danach kom­men könnte.

War­um blog­ge ich das? Mich inter­es­siert der schein­bar kon­junk­tur­ab­hän­gi­ge Zusam­men­hang von Umwelt und Milieu, aber auch die poli­ti­sche Fra­ge, wie unter wirt­schaft­lich schwie­ri­ger wer­den­den Bedin­gun­gen Nach­hal­tig­keit gestal­tet wer­den kann.

Lesenswert: Klimawandel und Alltagshandeln

Titel Klimawandel und AlltagshandelnDie hes­si­sche Lan­des­stif­tung der Hein­rich-Böll-Stif­tung, der BUND und das Insti­tut für sozi­al-öko­lo­gi­sche For­schung (ISOE) haben mit dem jetzt erschie­ne­nen Band Kli­ma­wan­del und All­tags­han­deln nicht nur die Doku­men­ta­ti­on einer im Herbst 2006 statt­ge­fun­de­nen Tagung her­aus­ge­ge­ben, son­dern bie­ten – an der Gren­ze zwi­schen Wis­sen­schaft und Poli­tik – einen guten Über­blick über den aktu­el­len Stand zur Fra­ge, was im All­tag kli­ma­po­li­tisch und kli­ma­schüt­ze­risch getan wer­den kann.

Der Band glie­dert sich, grob gesagt, in drei The­men­ge­bie­te. Im ers­ten, „Kli­ma­wan­del, Kli­ma­po­li­tik, Kli­ma­schutz“, gibt Uwe Frit­sche vom Öko-Insti­tut einen kon­zi­sen Über­blick über den Wis­sens­stand zum Kli­ma­wan­del und reißt Hand­lungs­fel­der an. Klaus Wort­mann dis­ku­tiert das The­ma Ener­gie­spa­ren im Haus­halt his­to­risch, d.h. er arbei­tet sozu­sa­gen Geschich­te der „Ener­gie­spar­be­we­gung“ seit den 1970er Jah­ren mit ihren Höhen und Tie­fen, poli­ti­schen Zuwen­dun­gen und all­täg­li­chen Rück­zü­gen auf. Anja Wir­sing schließ­lich stellt eine Foto­ak­ti­on vor, mit der Frau­en zum inter­na­tio­na­len Frau­en­tag Kli­ma­bot­schaf­ten posi­tio­nie­ren (das Buch ist damit illustriert).

Im zwei­ten Abschnitt geht es dann um die Rah­men­be­din­gun­gen. Wer­ner Neu­mann dis­ku­tiert wirt­schaft­li­che und struk­tu­rel­le Pro­ble­me des Poli­tik­fel­des Ener­gie­ef­fi­zi­enz. Aus der Sicht des Ver­brau­cher­schut­zes betrach­tet Hol­ger Kra­win­kel Glüh­bir­nen­ver­bo­te und ähn­li­che Aktio­nen und plä­diert für ein Minis­te­ri­um mit gebün­del­ter Ener­gie­spar­kom­pe­tenz. Hans Acker­mann zeigt, wo tat­säch­lich Ein­spar­po­ten­zia­le lie­gen und Hans-Peter Frank dis­ku­tiert das Strom­spar­för­der­pro­gramm der Stadt­wer­ke Marburg.

Für mich am span­nends­ten der drit­te Teil des Buchs: „Die all­täg­li­che Pra­xis: Im All­tag kli­ma­scho­nend han­deln“. Imma­nu­el Stieß vom ISOE geht aus­führ­lich auf eine all­tags­öko­lo­gi­sche Per­spek­ti­ve in der Kli­ma­dis­kus­si­on ein. Dabei geht es nicht nur um die ener­ge­ti­schen Effek­te ver­schie­de­ner Bedürf­nis­fel­der und die all­täg­li­chen Hand­lungs­mög­lich­kei­ten; die­se all­tags­öko­lo­gi­sche Per­spek­ti­ve wird in den Rah­men des gro­ßen Wand­lungs­pro­zes­ses der Tech­ni­sie­rung und Ver­wis­sen­schaft­li­chung all­täg­li­chen Han­delns gestellt. Ein­dring­lich macht Stieß klar, war­um Kon­su­men­tIn­nen und Haus­hal­te Schlüs­sel­ak­teu­re für den Kli­ma­schutz sind – und wie ein prak­ti­ka­bler Weg zu einem post­fos­si­len All­tag aus­se­hen kann. Er nennt hier ins­be­son­de­re vier Punkte: 

  • Ener­gie­ef­fi­zi­en­te Ange­bo­te und Pro­duk­te müs­sen in die all­täg­li­che Lebens­füh­rung inte­grier­bar sein, sie müs­sen „all­tags­kom­pa­ti­bel, breit ver­füg­bar und leicht zu hand­ha­ben sein“ und sich in All­tags­rou­ti­nen inte­grie­ren lassen. 
  • Infor­ma­ti­on zum Kli­ma­schutz muss eine ein­fa­che Ori­en­tie­rung erlau­ben, als Posi­tiv­bei­spiel nennt Stieß die EU-Ener­gie­ver­brauchsla­ben von A++ bis G. 
  • Die unter­schied­li­che Lebens­wirk­lich­keit unter­schied­li­cher Bevöl­ke­rungs­grup­pen muss berück­sich­tigt werden. 
  • Die unter­schied­li­chen Hand­lungs­mög­lich­kei­ten und ‑res­sour­cen unter­schied­li­cher Grup­pen müs­sen berück­sich­tigt sein, bspw. sind die Anfangs­in­ves­ti­tio­nen in spar­sa­me Gerä­te schwie­rig – es kann sich nicht jeder leis­ten, spar­sam zu sein. 

Als wei­te­re Posi­tiv­fak­to­ren nennt Stieß all­tags­na­he und gut ver­ständ­li­che Öko-Rat­ge­ber, die Eco­T­op­Ten-Initia­ti­ve des Öko-Insti­tuts und neue Kom­mu­ni­ka­ti­ons­for­men wie Stromwechsel-Partys.

Red light

Elke Dünn­hoff vom Hei­del­ber­ger ifeu geht im Detail auf Grün­de ein, die das Ener­gie­spa­ren erschwe­ren. Dazu gehört die zuneh­men­de tech­ni­sche Aus­stat­tung der Haus­hal­te (von Kaf­fee­ma­schi­nen über Mobil­te­le­fo­ne bis zur Wasch­ma­schi­ne und zur Glüh­bir­ne), dabei zuneh­mend „intel­li­gen­te“ Gerä­te mit Stand­by-Modus. Hand­lungs­an­sät­ze in pri­va­ten Haus­hal­ten glie­dert sie nach den drei Maß­nah­men­ar­ten „Nut­zungs­ver­hal­ten“, „Klein­in­ves­ti­tio­nen“ und „Kauf­ent­schei­dun­gen“. Wich­tig an ihrem Bei­trag fin­de ich, dass sie aus­führ­lich auf Hemm­nis­se zum Strom­spa­ren ein­geht, u.a. dass der Strom­ver­brauch der Gerä­te nicht sicht­bar ist.

Zum Teil All­tags­öko­lo­gie gehö­ren wei­ter­hin ein Bericht von Hans Acker­mann aus dem All­tag eines Ener­gie­spar­haus­halts und ein Über­blick von Ramo­na Sief­ke über Erfah­run­gen aus der Ener­gie­be­ra­tung der Verbraucherzentralen. 

Ein wich­ti­ges The­ma spre­chen zwei wei­te­re Bei­trä­ge an – ein­mal wis­sen­schafts­nah (Stieß und Dünn­hoff) und ein­mal prak­tisch (Bet­ti­na Sicken­ber­ger) geht es um das Zusam­men­brin­gen von Energiesparpolitik/Energiekostenanstieg und sozia­len Kon­se­quen­zen, Sozi­al­po­li­tik. Stieß und Dünn­hoff berich­ten über eine mit der Hans-Böck­ler-Stif­tung durch­ge­führ­te Stu­die zu den Aus­wir­kun­gen stei­gen­der Ener­gie­kos­ten auf Haus­hal­te, die ALG II bzw. Sozi­al­hil­fe bezie­hen. Sicken­ber­ger stellt den „Ein­spar­ser­vice“ der Cari­tas Frank­furt am Main vor, bei der „Arbeits­lo­se“ zur Vor-Ort-Ener­gie­be­ra­tung ein­ge­setzt werden.

Doris Hayn (ISOE) schließ­lich macht in ihrem Bei­trag zum Ernäh­rungs­han­deln deut­lich, dass Kli­ma­ef­fek­te all­täg­li­chen Han­delns nicht nur dort statt­fin­den, wo direkt Strom durch irgend­wel­che Gerä­te fließt. Zugleich geht es dar­um, wie schwie­rig es ist, die ver­steck­ten Kli­ma­ef­fek­te zu ver­rin­gern und all­täg­li­che Prak­ti­ken zu ver­än­dern. Die Dar­stel­lung der Kom­ple­xi­tät des All­tags erscheint mir sehr hilf­reich und macht sehr klar, war­um ein­fa­che Rezep­te nicht unbe­dingt funk­tio­nie­ren. Auch Hayn betont, dass kli­ma­po­li­ti­sche Hand­lungs­emp­feh­lun­gen all­tags­kom­pa­ti­bel sein müs­sen, und es nicht zu stän­di­gen Abwä­gungs­pro­zes­sen kom­men kann. Zugleich hält sie fest, dass das Hand­lungs­feld Ernäh­rung deut­lich zeigt, dass Kli­ma­schutz letzt­lich „(ein­schnei­den­de) Ver­än­de­run­gen von Ver­brauchs- und Kon­sum­ge­wohn­hei­ten, von Lebens­wei­sen und Lebens­sti­len“ not­wen­dig machen wird. Da braucht es zwar auch Umwelt­rat­ge­ber, die all­tags­kom­pa­ti­ble Tipps geben, aber noch viel mehr Unter­stüt­zung der pri­va­ten Akteu­re durch poli­ti­sche Rah­men und wirt­schaft­li­che Angebote.

Das Buch wird ergänzt durch eine Kurz­vor­stel­lung der betei­lig­ten Ein­rich­tun­gen und einen Über­blick über Web­sites und Umwelt­rat­ge­ber für Klimaschutz.

Wie auch schon in der Gewich­tung in die­ser Kri­tik deut­lich gewor­den ist, sind eini­ge Tei­le des Buches für mich sehr viel inter­es­san­ter als ande­re. Neben dem Über­blick über den Stand der wis­sen­schaft­lich-poli­ti­schen Kli­ma­de­bat­te sind dies vor allem die expli­zit all­tags­öko­lo­gi­schen Bei­trä­ge. Bei ande­ren schim­mert dann doch zu sehr der Vor­trags­stil einer Tagung durch; statt wei­ter­ge­hen­den Infor­ma­tio­nen fin­det sich dann das tex­tu­el­le Äqui­va­lent einer Power­Point-Prä­sen­ta­ti­on. Das und der rela­tiv hohe Preis sind sicher­lich Punk­te, die gegen Kli­ma­wan­del und All­tags­han­deln spre­chen. Für alle, die poli­tisch oder wis­sen­schaft­lich mit dem The­ma zu tun haben, ist die Anschaf­fung jedoch sinn­voll, inso­fern hier ent­schei­den­de Eck­pfei­ler für eine all­tags­ori­en­tier­te Her­an­ge­hens­wei­se an Kli­ma­po­li­tik gesetzt werden. 

* * *

Hayn, Doris / Zwen­gel, Ralf (Hrsg.) (2008): Kli­ma­wan­del und All­tags­han­deln. Essen: Klar­text. 186 Sei­ten, 14,95 Euro. Ver­lags­in­for­ma­ti­on. Bei Ama­zon bestel­len.

Notizen zu Praxistheorie und Umweltverhalten, Teil III

I am a hard bloggin' scientist. Read the Manifesto.

Das hier ist der drit­te Blog­ein­trag einer Serie, in der ich den Zusam­men­hang von Pra­xis­theo­rie und Umwelt­ver­hal­ten erläu­tern will – vor allem, um mei­ne eige­nen, noch recht rohen Gedan­ken zu ordnen. 

Im ers­ten Teil ging es um eine kur­ze Ein­füh­rung in die Pra­xis­theo­rie, im zwei­ten Teil habe ich mir all­ge­mei­ne Gedan­ken um „mensch­li­ches Umwelt­ver­hal­ten“ gemacht. Jetzt soll es dar­um gehen, ein Kon­zept dafür zu ent­wi­ckeln, bei­des zusammenzubringen.
„Noti­zen zu Pra­xis­theo­rie und Umwelt­ver­hal­ten, Teil III“ weiterlesen

Greendex: wer lebt wie grün?

Die ame­ri­ka­ni­sche Natio­nal Geo­gra­phic Socie­ty hat vor kur­zem das Ergeb­nis eines 14-Län­der-Ver­gleichs vor­ge­stellt, den Greend­ex. Dabei geht es um den Bei­trag von a. Kon­sum­entschei­dun­gen und b. Kon­text­be­din­gun­gen für den Kon­sum in unter­schied­li­chen Län­dern zu einem nach­hal­ti­gen Lebens­stil, wohl vor allem an den CO2-Emis­sio­nen festgemacht. 

Colors of green (mosaic)
Wie grün bist Du?

Befragt wur­den 14.000 Haus­hal­te in den 14 Län­dern mit einem 65 Varia­blen umfas­sen­den Sur­vey, die dann zum „Greend­ex“ – einem Punk­te­wert – zusam­men­ge­fasst wur­den. Etwa 60 % der Fra­gen bezie­hen sich dabei auf Kon­sum­entschei­dun­gen, also Berei­che, in denen unter­schied­li­ches Ver­hal­ten mög­lich ist. Prin­zi­pi­ell sind sol­che Unter­su­chun­gen nichts neu­es, auch die Umwelt­be­wusst­seins­be­fra­gun­gen des Umwelt­bun­des­am­tes gehen in die­se Rich­tung, inter­es­sant ist hier vor allem der Ländervergleich. 

Dabei kommt – bezo­gen auf das Ver­brau­cher­ver­hal­ten in den ein­zel­nen Län­dern – fol­gen­de Rei­hen­fol­ge heraus:

1. Bra­si­li­en, Indi­en (je 60 Punkte)
2. Chi­na (56,1 Punkte)
3. Mexi­ko (54,3 Punkte)
4. Ungarn (53,2 Punkte)
5. Russ­land (52,4 Punkte)
6. Groß­bri­tan­ni­en, Deutsch­land, Aus­tra­li­en (je 50,2 Punkte)
7. Spa­ni­en (50,0 Punkte)
8. Japan (49,1 Punkte)
9. Frank­reich (48,7 Punkte)
10. Kana­da (48,5 Punkte)
11. USA (44,9 Punkte)

Die nied­ri­gen Punkt­zah­len der Schwel­len­län­der sind mit einem gerin­ge­ren mate­ri­el­len Wohl­stand ver­bun­den (Zahl der Autos, Woh­nungs­grö­ße), zum Teil wohl auch vom Kli­ma abhän­gig (Hei­zungs­be­darf etc.). Dass die USA ganz hin­ten lie­gen, ist nicht beson­ders erstaun­lich – erstaun­lich ist aber der gro­ße Abstand zu den übri­gen Ländern.

Deutsch­land liegt ins­ge­samt im Mit­tel­feld, bezo­gen auf die Indus­trie­län­der rela­tiv weit vor­ne. Das mag etwas damit zu tun haben, dass „umwelt­freund­li­ches Ver­hal­ten“ hier­zu­lan­de schon ziem­lich lan­ge the­ma­ti­siert wird (vgl. Tele­po­lis-Arti­kel).

Auf der Web­site Greend­ex lässt sich – wie inzwi­schen auf vie­len ande­ren Sei­ten ähn­li­che Fuß­ab­drü­cke etc. zu fin­den sind – auch der per­sön­li­che „Greend­ex“ berech­nen.

Bis auf die Fra­ge 9, die so nur Sinn macht, wenn die ent­spre­chen­den Gerä­te vor­han­den sind, sieht der Fra­ge­bo­gen für die Berech­nung erst ein­mal ganz ver­nünf­tig aus. Bei mir kommt ein Score von 61 her­aus, was mich freut, aber nicht beson­ders über­rascht (kein Auto, rela­tiv viel Regio­na­les und Recy­cling, Niedrigenergiemietswohnung).

Eine Infor­ma­ti­on habe ich auf der Sei­te bis­her nicht gefun­den: wel­cher Score wäre tat­säch­lich nach­hal­tig? Bei ähn­li­chen Rech­nern zum „Fuß­ab­druck“ kommt dann ja meist her­aus, dass beim per­sön­li­chen Lebens­stil welt­weit zwei bis drei Pla­ne­ten not­wen­dig wären (bei mir: 1,6) – die­se Infor­ma­ti­on scheint mir hier zu fehlen.

War­um blog­ge ich das? Weil’s mich wis­sen­schaft­lich und poli­tisch inter­es­siert und hier glo­ba­le Daten mit einem per­sön­li­chen Kal­ku­la­tor ver­bun­den wer­den, was ich inter­es­sant finde.

Kurzeintrag: Eine schmerzhafte Lektion (Update 2: Transnet/Bahnprivatisierung)

Kirchzarten railway station I
Bahn­hof Kirch­zar­ten –
pri­va­ti­siert besser?

Nach schlech­ten Erfah­run­gen mit der Pri­va­ti­sie­rung ver­staat­licht Neu­see­land sei­ne Bahn jetzt wie­der. Der Staat kau­fe für 665 Mil­lio­nen Neu­see­län­di­sche Dol­lar (rund 335 Mil­lio­nen Euro) die pri­va­ti­sier­te Eisen­bahn vom aus­tra­li­schen Kon­zern Toll Hol­dings zurück, kün­dig­te Finanz­mi­nis­ter Micha­el Cul­len an.

Schreibt tagesschau.de. Und wei­ter heißt es, dass es äußerst schwie­rig sei, mit einem pri­va­ti­sier­ten Bahn-Unter­neh­men etwas zur öko­lo­gi­schen Zukunft Neu­see­lands bei­zu­tra­gen. Die 24,9%-Partei SPD scheint es noch immer anders zu sehen. Oder: nur aus eige­nem Scha­den wird man klug.

Update: (14.5.2008) Im Sci­en­ce­Gar­den gibt es einen Hin­weis auf einen wis­sen­schaft­lich-kri­ti­schen Auf­satz zur Bahnprivatisierung.

Update 2: Die inter­es­san­ten Vor­gän­ge rund um die pri­va­ti­sie­rungs­freund­li­che Hal­tung von Trans­net und den Wech­sel von Han­sen in das DB-Manage­ment schei­nen auch eine gute Sei­te zu haben – jetzt ist der Weg bei Trans­net frei für eine kri­ti­sche­re Haltung.