In eigener Sache: Neue Arenen des Mit-Redens

Die Redak­ti­on der baden-würt­tem­ber­gi­schen grü­nen Mit­glie­der­zeit­schrift Grü­ne Blät­ter hat­te mich gebe­ten, für ihre Aus­ga­be „Gedan­ken & Spie­le – Ein Heft über grü­ne Per­spek­ti­ven“ ein paar Wor­te über inner­par­tei­li­che Betei­li­gung zu ver­lie­ren. Statt die aktu­el­len Betei­li­gungs­pro­jek­te der Bun­des­par­tei vor­zu­stel­len – das wäre ein Bei­trag für sich – habe ich mir das The­ma „Basis­de­mo­kra­tie“ als Aus­gangs­punkt genom­men, und über­legt, was das heu­te auch hei­ßen kann.

Der Bei­trag ist in den heu­te in den Brief­käs­ten lie­gen­den Grü­nen Blät­tern zu fin­den, aber auch unter https://www.gruene-bw.de/neue-arenen-des-mit-redens/ zu fin­den – oder direkt hier. Über eine Dis­kus­si­on freue ich mich.

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Kurz: Wichtige Themen

Wel­che The­men die „öffent­li­che Mei­nung“ domi­nie­ren, und wie es dazu kommt, ist kom­pli­ziert (wer es näher wis­sen will: Medi­en­wis­sen­schaft und die sozio­lo­gi­sche Dis­kurs­theo­rie geben Hinweise). 

Zwei Din­ge möch­te ich aber fest­hal­ten. Ers­tens: nur weil etwas in der öffent­li­chen Mei­nun­gen domi­nant ist, heißt das noch lan­ge nicht, dass es sich dabei um ein wich­ti­ges Pro­blem han­delt, und umge­kehrt gilt das glei­che: ein The­ma kann wich­tig sein, aber auch extrem unin­ter­es­sant. Wir ste­cken mit­ten in einem gra­vie­ren­den Kli­ma­wan­del, und die Maß­nah­men dage­gen lau­fen schlep­pend an und grei­fen nicht. Es scheint ein sta­tis­tisch nach­weis­ba­res Insek­ten­ster­ben zu geben. Die Digi­ta­li­sie­rung wirft ziem­lich viel um, dar­über wie arbeits- und sozi­al­po­li­ti­sche Ant­wor­ten aus­se­hen könn­ten, wird kaum dis­ku­tiert. Welt­po­li­tisch ver­schie­ben sich gra­de die Gewich­te – wel­che Rol­le soll und wird die EU dabei spie­len? Auch dar­über wird ver­hält­nis­mä­ßig wenig gere­det. Und wich­tig sind die­se The­men allesamt.

Zwei­tens: Journalist*innen und die klas­si­schen Mas­sen­me­di­en tra­gen, auch wenn Auf­la­gen­zah­len zurück­ge­hen, immer noch in star­kem Maße dazu bei, was als öffent­li­che Mei­nung wahr­ge­nom­men wird. Hier liegt ein wich­ti­ger Teil media­ler Ver­ant­wor­tung. „Neue Medi­en“ tra­gen seit min­des­tens zehn Jah­ren dazu bei, Skan­da­li­sier­ba­res zu skan­da­li­sie­ren. Und so rich­tig domi­nant für die öffent­li­che Mei­nung wird es, wenn klas­si­sche und neue Medi­en inein­an­der grei­fen und in einem gegen­sei­ti­gen Reso­nanz­pro­zess ver­stär­ken. Damit kön­nen The­men gesetzt wer­den. Hier lohnt der Blick auf die bereits 2017 durch­ge­führ­te Ana­ly­se des Moni­tors zu Talk­show­the­men. Und hier liegt, ich wie­der­ho­le es noch ein­mal, eine mas­si­ve Ver­ant­wor­tung der Medi­en­schaf­fen­den dafür, wie sich das gesell­schaft­li­che Kli­ma in Deutsch­land wei­ter entwickelt.

Wieso ich Facebook (noch) nutze

Frosted net

#dele­te­face­book ist der Hash­tag der Sai­son, und ich gebe es zu: auch ich habe dar­über nach­ge­dacht – und mich vor­erst dage­gen ent­schie­den, mei­nen Face­book-Account still­zu­le­gen oder zu löschen.

Ich habe das aber zum Anlass genom­men, mal dar­über nach­zu­den­ken, wie ich eigent­lich Face­book nut­ze. Dabei kom­me ich auf vier bis fünf für mich zen­tra­le Funktionalitäten:
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Dauerschleifen

Merry lettuce snails I

Patri­cia Camma­ra­ta hat was über die Gesell­schaft der Live­ti­cker auf­ge­schrie­ben, und ja, da ist eini­ges dran. Ich, eben­falls Jahr­gang 1975, zwar immer schon poli­tisch inter­es­siert, aber eben­falls lan­ge ohne Fern­se­her, kann mich noch gut an die Zeit erin­nern, als Ereig­nis­se am nächs­ten Tag in den Zei­tun­gen stan­den. Oder viel­leicht eine hal­be Minu­te in den Radio­nach­rich­ten ein­ge­nom­men haben. Jour­na­lis­tisch gefil­tert, zwar sicher­lich auch mit Mei­nung, aber nicht in einem Sumpf von Spe­ku­la­ti­on in Dau­er­schlei­fe ausgebreitet.

Es gibt eine Sehn­sucht nach ein­fa­che­ren Zei­ten. In der nost­al­gi­schen Ver­klä­rung der Ver­gan­gen­heit, mit dem Blick auf den eige­nen Erfah­rungs­ho­ri­zont, erscheint 2016 als das Jahr, in dem die Welt ins Cha­os stürzt. Emo­tio­nal geht mir das auch so. 

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Kurz: Geschlechtergerechte Tweets auch im Südwesten

Die gest­ri­ge Regie­rungs­er­klä­rung „Baden-Würt­tem­berg gestal­ten: Ver­läss­lich. Nach­hal­tig. Inno­va­tiv.“, in der Minis­ter­prä­si­dent Kret­sch­mann die Leit­li­ni­en der grün-schwar­zen Poli­tik der nächs­ten Jah­re dar­leg­te – u.a. mit Schwer­punk­ten in den Berei­chen der Inno­va­ti­on und Digi­ta­li­sie­rung (auch in Bezug auf Hoch­schu­len), des gesell­schaft­li­chen Zusam­men­halt sowie der öko­lo­gi­schen Nach­hal­tig­keit – hat mir sehr gut gefal­len. Anders als die SPD emp­fand ich die Rede durch­aus als zukunfts­wei­send – und im übri­gen auch als recht kon­kret. Aber viel­leicht liegt’s auch dar­an, dass ich den Koali­ti­ons­ver­trag ken­ne und weiß, auf wel­che ganz Vor­ha­ben der eine oder ande­re Satz abzielte.

Wie dem auch sei: die Regie­rungs­er­klä­rung wur­de durch das Social-Media-Team der Lan­des­re­gie­rung BW inten­siv auf Twit­ter beglei­tet. Das ist, wie immer, sehr begrü­ßens­wert. Dass dabei geschlech­ter­ge­rech­te Spra­che ver­wen­det wird, fin­de ich rich­tig. (Übri­gens schreibt die Anla­ge 1 zur „VwV Rege­lun­gen“ in Punkt 1.6.5 vor, dass Geset­ze und Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten in geschlech­ter­ge­rech­ter Spra­che abge­fasst wer­den sol­len – aller­dings nicht mit For­men wie dem Binnen‑I oder dem que­er-inklu­si­ven *, son­dern als Dop­pel­nen­nun­gen oder durch die Ver­wen­dung geschlechts­neu­tra­ler Begrif­fe und Wen­dun­gen.) Gera­de ange­sichts der 140-Zei­chen-Gren­ze für Tweets fin­de ich es völ­lig nach­voll­zieh­bar, dass das Social-Media-Team der Lan­des­re­gie­rung kei­ne aus­führ­li­chen For­men, son­dern hier eben den Gen­der-Star ein­ge­setzt hat. Zum Bei­spiel im Wort „Bürger*innen“.

2016genderstar

Dem Koali­ti­ons­part­ner scheint das aller­dings zu miss­fal­len. Ok, viel­leicht gehört es zu einer Kom­ple­men­tär­ko­ali­ti­on, dass die eine Regie­rungs­part­ne­rin gen­dert und die ande­re nicht. Und wenn die CDU Baden-Würt­tem­berg (also hier: der offi­zi­el­le Account der Lan­des­par­tei) das Staats­mi­nis­te­ri­um dar­auf hät­te hin­wei­sen wol­len, dass sie mit dem Stern­chen frem­delt, hät­te es dafür sicher ande­re Wege gege­ben. Die twit­ter­öf­fent­li­che und wenig takt­vol­le Unter­las­sungs­auf­for­de­rung erscheint mir jeden­falls eher kon­tra­pro­duk­tiv. Und wur­de von der Oppo­si­ti­on (SPD mit pas­sen­dem „Popcorn“-GIF wie AfD reagier­ten) und der bun­des­wei­ten Pres­se ger­ne auf­ge­grif­fen. Nun ja. Soweit ich infor­miert bin, gehört die Öffent­lich­keits­ar­beit des Staats­mi­nis­te­ri­ums nicht zu den im Koali­ti­ons­ver­trag ver­ein­bar­ten Abspra­chen. Wir wer­den sehen, wie die lan­des­po­li­ti­sche Selbst­ver­ständ­lich­keit, Bür­ge­rin­nen und Bür­ger glei­cher­ma­ßen in die Kom­mu­ni­ka­ti­on ein­zu­be­zie­hen, zukünf­tig umge­setzt wer­den wird.