AfD-Bruchkanten im Landtag von Baden-Württemberg

Field II

Der Vor­sit­zen­de der AfD-Frak­ti­on im Land­tag von Baden-Würt­tem­berg, Jörg Meu­then, hat soeben erklärt, dass er – gemein­sam mit zwölf wei­te­ren MdL (u.a. Baron, Berg, Fiech­t­ner, Podes­wa, Stein, Wol­le) – aus die­ser Frak­ti­on aus­tritt. Zuvor wur­de in der AfD-Frak­ti­on wohl die für einen Aus­schluss des Anti­se­mi­ten Wolf­gang Gede­on not­wen­di­ge Zwei-Drit­tel-Mehr­heit ver­fehlt, obwohl zwei Gut­ach­ten (u.a. von Prof. Pat­z­elt – von wem auch sonst …) Gede­on in sei­nen Schrif­ten klar Anti­se­mi­tis­mus nach­ge­wie­sen haben. Damit ver­blei­ben zehn MdL in der bestehen­den AfD-Frak­ti­on (u.a. Bal­zer, Baum, Gede­on, Grim­mer, Klos, Räpp­le und Sän­ze – Bal­zer und Sän­ze waren bis­her stellv. Vor­sit­zen­de, Grim­mer Parl. Geschäftsführer). 

Was jetzt pas­siert, ist nicht so ganz klar. Die Geschäfts­ord­nung des Land­tags sieht vor, dass Abge­ord­ne­te aus einer Par­tei sich zu einer Frak­ti­on zusam­men­schlie­ßen kön­nen. Ob Abge­ord­ne­te aus einer Par­tei zwei Frak­tio­nen bil­den kön­nen, ist nicht expli­zit gere­gelt. Eben­so ist nicht klar, was pas­siert, wenn z.B. die Par­tei AfD die Mit­glie­der der Frak­ti­on oder die Aus­ge­tre­te­nen ausschließt. 

Aber gehen wir mal davon aus, dass es in Zukunft zwei AfD-Frak­tio­nen im Land­tag geben wird. Eine davon wird sich wei­ter AfD nen­nen wol­len, die ande­re wird sich eben­falls AfD nen­nen wol­len. Inso­fern rech­ne ich erst­mal mit einer Schlamm­schlacht zwi­schen den lächeln­den und den grim­mi­gen Rechtspopulist*innen dar­über, wer wer sein darf. Und wenn dann noch die Rich­tungs­kämp­fe in der Bun­des­par­tei und in der Lan­des­par­tei dazu kom­men, wird es erst recht lus­tig wer­den. (Der Bun­des­vor­stand der Par­tei hat sich in einer Erklä­rung von den Nicht-Aus­tre­ten­den distan­ziert – die aber die Rechts­nach­fol­ge der Frak­ti­on antre­ten, indem sie in die­ser bleiben …).

Die Auf­tei­lung der AfD in zwei Frak­tio­nen hat (hät­te?) posi­ti­ve und nega­ti­ve Fol­gen. Posi­tiv: Die AfD ist nicht mehr größ­te Oppo­si­ti­ons­frak­ti­on, das ist jetzt defi­ni­tiv die SPD. Das hat Aus­wir­kun­gen dar­auf, wer zuerst redet, aber auch dar­auf, wem zuerst ein Sitz zusteht. Auch den Anspruch, den Vor­sitz des Finanz­aus­schus­ses zu stel­len, wird die AfD (oder die AfD) jetzt nicht mehr wirk­lich auf­recht erhal­ten können.

An der Sitz­ver­tei­lung in den Aus­schüs­sen ändert sich in der Sum­me nichts (statt drei Sit­ze AfD gibt es jetzt einen Sitz AfD-alt und zwei Sit­ze AfD-neu). Sain­te-Laguë bil­det hier die Mehr­heits­ver­hält­nis­se hin­rei­chend genau ab. Anders sieht es bei der Beset­zung klei­ne­rer exter­ner Gre­mi­en aus – bei bis zu fünf zu ver­ge­ben­den Sit­zen gehen AfD-alt und AfD-neu bei­de zu Guns­ten der SPD leer aus. Ob die Gre­mi­en­be­set­zun­gen, die der Land­tag in sei­nen ers­ten Sit­zun­gen vor­ge­nom­men hat, jetzt wie­der­holt wer­den, weiß ich nicht. Könn­te jeden­falls inter­es­sant werden.

Weni­ger schön ist die Tat­sa­che, dass sich eini­ge Din­ge durch die Spal­tung ver­dop­peln. Die meis­ten Debat­ten im baden-würt­tem­ber­gi­schen Land­tag wer­den mit Grund­re­de­zeit je Frak­ti­on geführt. Wo bis­her die AfD sie­ben Minu­ten bekam, bekom­men jetzt AfD-alt und AfD-neu zusam­men 14 Minu­ten. Auch die Grund­fi­nan­zie­rung je Frak­ti­on muss jetzt auf sechs und nicht mehr auf fünf Frak­tio­nen ver­teilt wer­den. Laut dpa beläuft sich der Grund­be­trag je Frak­ti­on der­zeit auf 39.758 Euro pro Monat, dazu kom­men 1696 Euro pro MdL plus 293 Euro pro MdL für die Oppo­si­ti­ons­frak­tio­nen. Bis­her waren das also monat­lich 85.559 Euro an Frak­ti­ons­mit­teln, jetzt wären es zusam­men­ge­rech­net 125.317 Euro pro Monat, die an die Rechtspopulist*innen fließen.

Aber war­ten wir mal ab, wie das wei­ter­geht. Ver­ant­wor­tung wahr­neh­men ist nicht so ganz das Pro­gramm der Rechtspopulist*innen (sie­he auch Brexit …). Viel­leicht mer­ken das auch deren Wähler*innen. Gleich­zei­tig bleibt die AfD damit, weil Kon­flik­te ja einen enor­men Nach­rich­ten­wert haben, medi­al lei­der präsent. 

War­um blog­ge ich das? Um die ver­schie­de­nen Aspek­te zusam­men­zu­tra­gen – Tweets eig­nen sich dafür nur bedingt.

Auf der Suche nach einer Bewegung, die die Welt retten will

The Earth

Irgend­was läuft da schief. Es gibt eine Hand­voll glo­ba­ler Her­aus­for­de­run­gen – die Kli­ma­kri­se, und in deren Schlepp­tau die gan­zen übri­gen Nach­hal­tig­keits­the­men, die auch nicht ein­fach ver­schwun­den sind; neue Aus­beu­tungs­ver­hält­nis­se ganz unter­schied­li­cher Art; einen grund­le­gen­den Wan­del von Wirt­schaft, Arbeit und All­tag durch das Bün­del tech­no­lo­gi­scher Ent­wick­lun­gen, das gemein­hin als „Digi­ta­li­sie­rung“ bezeich­net wird. 

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Optimistische Politik statt AfD: Lasst uns mehr Star Trek wagen

Wind power with rainbow

Bei der Prä­si­dent­schafts­wahl in Öster­reich wur­de ein FPÖ-Prä­si­dent Hofer nur knapp ver­hin­dert, mit 50,3 Pro­zent der Stim­men set­ze sich der Grü­ne Alex­an­der Van der Bel­len am Schluss, nach Aus­zäh­lung der Brief­wahl­stim­men, doch noch durch. Die Trenn­li­ni­en lie­gen dabei ähn­lich wie auch bei der Wäh­ler­schaft der AfD: (jun­ge) Män­ner, for­mal weni­ger Gebil­de­te, Land statt Stadt, nied­ri­ger Aus­län­der­an­teil – das sind alles Fak­to­ren, die eine rech­te Wahl wahr­schein­li­cher machen.
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Nicht länger zuschauen, wie die AFD ihren Mythos bastelt

ep_IMG_9562Auf die Fra­ge, ob jemand AFD wäh­len soll, gibt es nur eine Ant­wort. Igno­rie­ren lässt sich die­se Par­tei aber lei­der trotz­dem nicht. Bun­des­wei­te Umfra­gen zur Euro­pa­wahl sehen sie der­zeit bei sie­ben Pro­zent, in Baden-Würt­tem­berg geben sogar neun Pro­zent an, sie bei der Euro­pa­wahl wäh­len zu wol­len. Ver­mut­lich wer­den es noch mehr. 

Mir macht das Angst. Die rechts­po­pu­lis­ti­sche Par­tei, die in Deutsch­land bis­her nicht Fuß fas­sen konn­te, ist mit der AFD da (in klei­ne­rem Maß­stab und schein­bar „grün“ ein­ge­färbt ist das mit ‚Frei­burg lebens­wert‘ in Frei­burg so ähnlich). 

Die AFD tut so, als sei sie gera­de noch kei­ne rech­te Par­tei. Sie spielt damit, auf dem rech­ten Rand zu balan­cie­ren. Ich schaue ja sonst kei­ne Talk­shows, aber Ter­ry Reint­ke bei ‚hart aber fair‘ habe ich mir ange­schaut. Und erschreckt fest­ge­stellt, wie der AFD-Spit­zen­kan­di­dat und Ex-Indus­tri­el­le Hen­kel dort auf­trat. Wie er auch vor dreis­ten Lügen nicht zurück­schreck­te, als etwa dar­um ging, dass AFD und NPD mit den glei­chen Paro­len wer­ben. Denn die AFD setzt nicht nur auf eine mas­si­ve, (durch Hen­kel finan­zier­te) Wahl­kam­pa­gne – 1 Mio. Euro Bud­get, 200.000 Pla­ka­te bun­des­weit -, son­dern baut auch rela­tiv geschickt einen Under­dog-Mär­ty­rer-Mythos auf. Die Par­tei sei „Opfer einer Kam­pa­gne von Medi­en und eta­blier­ten Par­tei­en“. Die Wahr­heit wird ver­schwie­gen – ein gefun­de­nes Fres­sen für alle, die sich ver­folgt füh­len und an Ver­schwö­run­gen glauben. 

Oder, um ein ande­res Ele­ment die­ses Mythos zu neh­men: In sehr vie­len loka­len Zei­tun­gen wur­de die Aus­sa­ge der AFD abge­druckt, dass die­se mas­siv unter beschä­dig­ten Pla­ka­ten zu lei­den habe. Auch in der ‚heu­te-show‘ wur­de dies gera­de noch­mal the­ma­ti­siert, inklu­siv eines Inter­view­aus­schnitts mit AFD-Chef Lucke, in dem die­ser behaup­tet, im Schnitt wür­den 30 Pro­zent der Pla­ka­te, in Uni­städ­ten sogar 100 Pro­zent zerstört. 

Es ist gut mög­lich, dass die AFD unter Van­da­lis­mus lei­det. Das ist ein Schick­sal, das sie mit allen ande­ren Par­tei­en teilt. Aber nur die AFD schafft es, sich öffent­lich so zu prä­sen­tie­ren, als sei sie die ein­zi­ge Leid­tra­gen­de. Und als wären es die „Medi­en und eta­blier­ten Par­tei­en“, die die AFD-Pla­ka­te zerstören.

Anek­do­ti­scher Fak­ten­check: Ich woh­ne in einer Uni­stadt, in der es durch­aus eine akti­ve links-auto­no­me Sze­ne gibt. Trotz­dem hän­gen hier nach wie vor mas­siv vie­le AFD-Pla­ka­te. Hen­kel zahlt ja. Wäh­rend gleich­zei­tig – hier im Stadt­teil – durch­aus auch grü­ne Pla­ka­te und SPD-Pla­ka­te mut­wil­lig zer­stört am Boden lie­gen. Ich glau­be da nicht an poli­ti­sche Kam­pa­gnen, son­dern beob­ach­te eher Jugend­li­che, die – lei­der – Spaß dar­an haben, mal zu schau­en, ob sie mit geziel­ten Trit­ten ein Pla­kat zu Boden brin­gen. Sport­li­che Her­aus­for­de­rung oder so. Nicht schön, aber wohl ein ganz nor­ma­ler Begleit­um­stand von Wahlkämpfen.

Außer für eine Par­tei. Die sich als Opfer einer geziel­ten Kam­pa­gne insze­niert, und sich dar­an erfreut, wie vie­le in den ach so bösen Mas­sen­me­di­en das auf­grei­fen. Die in Talk­shows geht, die immer und immer wie­der nur um die AFD und deren The­men krei­sen, obwohl doch ande­re The­men für Euro­pa viel wich­ti­ger wäre, und sich dort beklagt, nicht zu Wort zu kommen. 

Und der poli­ti­sche Geg­ner: Klar gibt es Wider­spruch und Gegen­wor­te, Argu­men­ta­ti­ons­hil­fen und Arti­kel wie die­sen. Das nennt sich Wahl­kampf. Das nennt sich Mei­nungs­frei­heit. Die AFD scheint damit nicht so gut klar­zu­kom­men (und hat da was mit der eng­li­schen UKIP gemein­sam).

Bleibt die Hoff­nung, dass die AFD letzt­lich doch das Schick­sal ande­rer Rechts­po­pu­lis­mus­par­tei­pro­jek­te in Deutsch­land teilt und sich intern zer­strei­tet, um dann in der Bedeu­tungs­lo­sig­keit zu ver­sin­ken. Aber bit­te ohne Schlei­fe über Regierungsbänke!

War­um blog­ge ich das? Weil einer der wich­tigs­ten Grün­de dafür, am 25. Mai zur Euro­pa­wahl zu gehen, für mich dar­in besteht, alles gegen ein Erstar­ken der Rech­ten in Euro­pa zu tun – denn an denen könn­te das gan­ze euro­päi­sche Pro­jekt kip­pen. Lasst uns die Far­be Him­mel­blau zurückerobern!