Nach der Mega-BDK: Grün geht weiter

BDK 2023

Ich hat­te ja auf­ge­schrie­ben, dass ich durch­aus mit Sor­ge auf den grü­nen Bun­des­par­tei­tag schaue. Nach vier Par­tei­tags­ta­gen (bei mir: drei im Stream, einer vor Ort) stel­le ich fest, dass wir Grü­ne leben­di­ger sind, als man­che das ger­ne hät­ten. Ich wür­de mich freu­en, wenn ein biss­chen von dem – zuwei­len auch trot­zi­gen – Auf­bruchs­geist und Mut, den die­se vier Tage aus­ge­strahlt haben, in die nächs­ten Wochen und Mona­te hin­ein­wir­ken wür­de. Denn Koor­di­na­ti­on und Zusam­men­halt, gemein­sa­mes Strei­ten um die Sache und gemein­sa­mes Hin­ste­hen für das Erreich­te, das bleibt drin­gend angesagt.

Die ganz gro­ßen Über­ra­schun­gen sind aus­ge­blie­ben. Die Bun­des­vor­sit­zen­den und der (bis auf den Schatz­meis­ter) gleich geblie­be­ne Bun­des­vor­stand wur­den mit guten bis sehr guten Ergeb­nis­sen bestä­tigt, die Euro­pa­lis­te mit Spit­zen­kan­di­da­tin Ter­ry Reint­ke ist jün­ger, weib­li­cher und lin­ker gewor­den. Was lei­der nicht gut gelun­gen ist: Leu­te mit fach­li­cher Exper­ti­se, aber ohne inten­si­ve Par­tei-Ein­bin­dung auf die Lis­te zu brin­gen. Das war mal eine grü­ne Stär­ke, inzwi­schen kopie­ren es ande­re, und bei uns sieht es dies­be­züg­lich eher mau aus. Gleich­wohl: auf der jetzt gewähl­ten Lis­te sind sehr star­ke Kandidat*innen, und es ist immer wie­der erfreu­lich, zu sehen, wie viel­fäl­tig und her­aus­ra­gend unse­re Leu­te sind.

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Kurz: Die nähere Vergangenheit im Museum

In den letz­ten Wochen habe ich mir gleich zwei­mal Aus­stel­lung ange­se­hen, die sich der nähe­ren Ver­gan­gen­heit – kon­kret den 1970er und 1980er Jah­ren – wid­men. Mit mei­nem Jahr­gang, 1975, fühlt sich das etwas selt­sam an, und gefühlt ist zumin­dest der Teil, den ich bewusst erlebt habe, also so etwa die zwei­te Hälf­te der 1980er von Kohl über Tscher­no­byl bis zur deut­schen Ein­heit, doch gera­de erst gewesen.

Kon­kret: in der Würt­tem­ber­gi­schen Lan­des­bi­blio­thek Stutt­gart läuft noch bis 27. August 2023 die klei­ne, aber fein gemach­te und gut zusam­men­ge­stell­te Aus­stel­lung Atom. Strom. Pro­test. Die für die poli­ti­sche Kul­tur Baden-Würt­tem­bergs sehr prä­gen­de Debat­te um die zivi­le Nut­zung der Atom­kraft wird hier nicht nur mit Bezug auf den erfolg­rei­chen Kampf um ein AKW in Wyhl dar­ge­stellt, son­dern brei­ter gefasst. Auch die Pro-Atom-Sei­te wird aus­führ­lich gewür­digt. Das alles mit vie­len Archi­va­li­en, rele­van­ten Gegen­stän­den und anhand eini­ger Lebens­läu­fe. Die Aus­stel­lung im WLB-Neu­bau ist kos­ten­los besuch­bar. (Das Foto oben zeigt ein Mit­mach-Ele­ment: his­to­ri­sier­te Pro­test­pla­ka­te, die aller­dings für die­se Aus­stel­lung neu ent­stan­den sind.)

Im Badi­schen Lan­des­mu­se­um Karls­ru­he geht es viel brei­ter gefasst noch bis Febru­ar um die 1980er Jah­re, die „wie­der da“ sind. Trotz Ein­tritt stand hier eine lan­ge Schlan­ge vor der Kas­se. Die Aus­stel­lung im Karls­ru­her Schloss glie­dert sich in Poli­tik (natür­lich auch Atom­pro­tes­te, aber auch Frie­den und Auf­rüs­tung, Wald­ster­ben und Wie­der­ver­ei­ni­gung), Pop/Musik und All­tags­kul­tur (von Ein­rich­tungs­ge­gen­stän­den bis zu Inter­rail und Pri­vat­fern­se­hen); das gan­ze dann jeweils noch mit dem BRD- und dem DDR-Blick. Die 80er sind im Muse­um ver­bun­den mit viel Nost­al­gie und der Mög­lich­keit, sich zu betei­li­gen und hier und da auch inter­ak­tiv mit­zu­ma­chen. Ziel­grup­pe: 45 bis 55-Jäh­ri­ge (und deren Kin­der). Wie­der­erken­nungs­ef­fekt: sehr groß. Inklu­si­ve: steht bei uns auch noch irgend­wo im Regal …

P.S.: Zu bei­den Aus­stel­lun­gen gibt es sehr gut gemach­te Kata­lo­ge (bei den Atom­pro­tes­ten ein Buch, die 80er aus Karls­ru­he über­zeu­gen mit einem „Maga­zin zur Aus­stel­lung“, das im Lay­out Anlei­hen an Tem­po etc. nimmt, und inhalt­lich fast bes­ser – infor­ma­ti­ver, facet­ten­rei­cher, viel­fäl­ti­ger – als die Aus­stel­lung selbst ist. Bonus: immer wie­der wird auf Frei­burg rekur­riert – und SF und Cyber­punk fin­den auch ihren Platz).

P.P.S.: Abra­ten wür­de ich dage­gen von dem in Karls­ru­he zum Ver­kauf ste­hen­den Band Das waren unse­re 80er von Chris­toph Quarch und Eve­lin König. Der wirkt zunächst wie ein hei­ter-nost­al­gi­sches Gene­ra­tio­nen­por­trait, ent­puppt sich auf der Ton­spur aller­dings als schwer aus­zu­hal­ten­de Bes­ser­wis­se­rei zur The­se der ein­zig wah­ren Gene­ra­ti­on, in der noch alles gut war … Gefühl beim Lesen: wür­de den Autor (und in zwei­ter Linie sei­ne Ko-Autorin) ger­ne laut und deut­lich auf blin­de Fle­cken, unzu­läs­si­ge Ver­all­ge­mei­ne­run­gen der eige­nen Bio­gra­fie und ein sehr schrä­ges Ver­ständ­nis der Gegen­wart hin­wei­sen. Nein, trotz viel Natur, wenig kom­ple­xen Fern­seh­pro­gram­men und Rum­hän­gen in der Cli­que war frü­her nicht alles bes­ser, und weder ADHS noch Mob­bing sind Erfin­dun­gen der Gegenwart. 

Photo of the week: Karlsruhe Hbf goes green

Karlsruhe Hbf goes green

 
Som­mer, Son­ne, sin­ken­de Infek­ti­ons­zah­len – all­mäh­lich wage ich mich wie­der aus dem Haus. Zum Bei­spiel, um (direkt im Anschluss an den digi­ta­len Par­tei­tag) an unse­rer Frak­ti­ons­vor­stands­klau­sur teil­zu­neh­men. Auf dem Weg dort­hin muss­te ich wie üblich in Karls­ru­he umstei­gen – und stell­te fest, dass Green­wa­shing dort recht weit getrie­ben wur­de. Zu sehen sind hier die Beton­mau­ern der Auf­fahr­ten ganz am Ende der Bahn­stei­ge – bis­her waren die grau. Jetzt nicht mehr.

Photo of the week: Karlsruhe, 6:32

Karlsruhe, 6:32

 
Nor­ma­ler­wei­se neh­me ich den durch­ge­hen­den 6:46-Zug ab Frei­burg, um nach Stutt­gart zu kom­men. Dann bin ich etwa um 9 Uhr dort. Wenn es noch frü­her sein muss, gibt es noch zwei Züge davor, jeweils mit Umstei­gen in Karls­ru­he. Nor­ma­ler­wei­se jeden­falls. Aktu­ell sieht der Fahr­plan mor­gens anders aus. Das führ­te dazu, dass ich in Karls­ru­he über­nach­tet habe, um recht­zei­tig um 8 Uhr in Stutt­gart sein zu kön­nen – und das wie­der­um bot dann beim War­ten auf den Zug Gele­gen­heit für die­ses Foto, auf dem die Bögen des Karls­ru­her Haupt­bahn­hofs zur Gel­tung kom­men. (Lus­ti­ger­wei­se fah­ren hier zwei IC fast gleich­zei­tig nach Stutt­gart ab – der, der schon dasteht, kommt aller­dings erst deut­lich nach dem, der noch kommt, in Stutt­gart an – schuld sind die unter­schied­li­chen Stre­cken­füh­run­gen über Mühl­acker bzw. über Bruchsal.)

#12von12 im November 2015

Schön an dem For­mat 12 von 12 fin­de ich ja den Ein­blick in unter­schied­li­che All­ta­ge, der dadurch ent­steht. Bei mir bei­spiels­wei­se war heu­te ein ziem­lich nor­ma­ler Stutt­gar­t­ar­beits­tag. Der fängt im Dun­keln und mit dem übli­chen Früh­stück im Zug an. Anfangs, in Frei­burg, ist der Zug noch ziem­lich leer, ab Karls­ru­he gibt es dann nur noch Stehplätze.

2015-11-12-01 2015-11-12-02

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