Saturday, February 15, 2003
Globale Demonstration
Heute scheint es die erste globale Demonstration gegeben zu haben – zeitversetzt fanden und finden heute weltweit Demonstrationen gegen den drohenden Irak-Krieg statt. Allein in Europa haben insgesamt etwa vier Millionen daran teilgenommen. Demonstrationen fanden aber auch in Australien, Russland, Afrika, Arabien, Indien und nicht zuletzt in Amerika statt. Ganz unabhängig davon, ob dieser massive Protest Erfolg haben wird oder nicht – was wir hier erleben, dürfte später – zusammen mit den auf einen Ort hin konzentrierten, aber global organisierten – Protesten von Seattle und Genua und mit den Solidaritätskundgebungen nach dem 11. September 2001 – als eine der ersten globalen Protestkundgebungen in die Geschichtsbücher eingehen. Die globale mediale Vernetzung über Massenmedien und Internet, die Verbundenheit und Abhängigkeit aller Dinge im politischen und wirtschaftlichen Bereich fangen an, Wirkung zu zeigen. Der drohende Irak-Krieg – Ironie der Geschichte – als Auswuchs des neuen us-amerikanischen Unilateralismus kann sich so als Katalysator auf dem Weg hin zu einer weltweiten politischen Tagesordnung, einer globalen Zivilgesellschaft und einer Stärkung der internationalen politischen Institutionen erweisen.
> CNN.com – Millions in Europe peace protests – Feb. 15, 2003
Thursday, February 06, 2003
Repeat
Ich weiss nicht, ob das anderen Leuten auch so geht. CD-Player haben ja des öfteren eine Repeat-Funktion. Und CDs sind gut eine Stunde lang, vielleicht länger, vielleicht kürzer. Radiohören seit der Kindheit sorgt dafür, sich nach etwa einer Stunde nicht mehr daran zu erinnern, welche Top-of-the-pop-ultra-chart-hits grade eben schon einmal liefen. CDs sind gut eine Stunde lang. Und mir passiert es immer wieder, dass die Repeat-Funktion meines CD-Players mich stundenlang mit einer Klangwolke umgibt. Musik ist Hintergrund, jedenfalls für mich. Das kann dann ruhig dieselbe sein. Elektronische Musik eignet sich besonders gut dafür, egal, ob Portishead oder schnelleres Zeug. Denn CDs sind gut eine Stunde lang.
Nie mehr Kino?
Keine Angst … auch wenn hier grade nichts steht, gehe ich doch auch weiterhin ab und zu mal ins Kino. Vor einigen Wochen beispielsweise in 19, einen japanischen Film mit äußerst unklarer Botschaft: Junger Student wird von – ein passendes Wort wäre vielleicht: Taugenichtsen – gekidnappt, Hals über Kopf und auf offener Straße. Eine Road-Movie-Tour über Japans Straßen und Automobile schließt sich an. Das Meer ist das Ende. Ziemlich gewalttätig, relativ sinnlos – beeindruckend aber die Ästhetik. Ein bißchen kam mir das ganze vor wie die Verfilmung einer leicht trashig angehauchten Modestrecke in einem Hochglanzmagazin. Interessante Farbpalette.
Eine schöne Überleitung wäre jetzt, zu behaupten, dass der Dogma-Film Open Hearts das genaue Gegenteil von 19 ist. Stimmt aber nicht wirklich, es gibt nämlich kaum eine Vergleichsbasis. Was fand ich an Open Hearts nett? Auch hier: die Ästhetik, Skandinavienhippieikeastyle. Die dänischen Umgangsformen. Und das irgendwie doch offene Ende. Oder auch nicht. Eine Geschichte über Leid und Liebe, kein klares Happy-End und ziemlich vieles, was zwischendrin zerbrochen ist. Trotzdem ein ziemlich schwer verdaulicher Film. Nebenbei bemerkt: Schön die augenzwinkernde Fastnichtverletzung der Dogma-Regeln (Musik aus dem immer vorhandenen Walkman, Vor- und Nachspann mit der Wärmebildkamera gefilmt, …).
Noch mehr Filme? Nur auf Video gesehen, was schade war: Die Liebenden des Polarkreises. Den Roman dazu konnte ich mir lebhaft vorstellen, und das ingeniöse Aufeinandertürmen von Zufällen, die am Schluss konsistent werden, hatte was. Melancholisch – und so verdammt nah am Happy End, aber dann doch immer wieder haarscharf dran vorbei. Literarisches Kino, wenn es so was gibt.
> http://www.google.de/search?hl=de&ie=ISO-8859–1&q=die+liebenden+des+polarkreises&meta=
Friday, January 31, 2003 / (4. Januar 2003)
Wissenschaft braucht keine Religion!
In der Süddeutschen Zeitung erschien heute ein Essay, in dem Gesine Schwan dafür plädiert, Wissenschaft auf ein religiöses Fundament zu stellen. Weil mir das sehr seltsam erscheint – und eigentlich eher eines fundamentalistischen US-Präsidenten würdig, als einer ostdeutschen Hochschulrektorin – habe ich der SZ einen Leserbrief geschrieben:
Sehr geehrte Damen und Herren,
Gesine Schwan macht zwei Fehler, wenn sie vorschlägt, die Wissenschaft müsse sich an der Religion orientieren. Zum einen übersieht sie, dass es „die Religion“ nicht gibt, sagt uns aber leider nicht, warum sich ihrer Meinung nach Wissenschaft an einer wohl implizit mehr oder weniger christlichen Religion zu orientieren hat – und z.B. nicht an den ganz anderen Wertmustern des Hinduismus oder des Taoismus. Zum anderen begründet sie nicht, warum sie überhaupt Religion braucht, um einen außerwissenschaftlichen Ankerpunkt zu finden, an dem sich Wissenschaft orientieren soll. So löblich es sein mag, wenn dieser eben nicht im Geld (und sicherlich auch nicht in politischer Macht) zu finden ist, so wenig geht aus dem Essay hervor, warum nicht allgemeine ethische Grundlagen, Menschenrechte und dergleichen sich ebensogut oder nicht viel besser eignen als gerade Religion. Als Ungläubiger und Wissenschaftler scheinen mir hier private Erweckungsvorstellungen und gesellschaftliche Leitplanken verwechselt worden zu sein. Was schade ist.
Schöne Grüsse,
Till Westermayer, M.A.
> Süddeutsche Zeitung – Das zerstörte Tabu
P.S.: Nachtrag zum Eintrag vom 4. Januar: Die SZ hat meinen Leserbrief veröffentlicht …
Saturday, December 28, 2002
Something to keep watching …
(Ohne weitere Worte)