„Visa-Affäre“

Da machen grü­ne Poli­ti­ke­rIn­nen das, wofür sie unter ande­rem gewählt wor­den sind, näm­lich als Anti­ab­schot­tungs­po­li­ti­ke­rIn­nen: sie erleich­tern die Rei­se­frei­heit (zumin­dest ein klei­nes biß­chen). Und schon gibt es eine vom CDU-Unter­su­chungs­aus­schuss ange­feu­er­te wochen­lan­ge Medi­en­de­bat­te, eine Affä­re. Kon­kre­te Zah­len lie­gen kei­ne vor, um wor­um es eigent­lich geht, ist den meis­ten auch egal. Selbst die sonst ja manch­mal recht ver­nünf­ti­ge taz hat eini­ge Wochen lang gemeint, es sei am bes­ten, sich auf die Sei­te der CDU zu stel­len (seit die Leit­ar­ti­kel zum The­ma nicht mehr von Chris­ti­an Fül­ler geschrie­ben wer­den, ist die Hal­tung wie­der etwas rea­lis­ti­scher und weni­ger skan­dal­hei­schend gewor­den). Jeden­falls scheint mir lang­sam der Mit­te-Links-Öffent­lich­keit und ihren Sprach­roh­ren deut­lich zu wer­den, dass Anga­ben der CDU viel­leicht zumin­dest über­prüft wer­den soll­ten, bevor sie als Wahr­heit abge­druckt wer­den. In der letz­ten Zeit (und ver­ein­zelt, ver­steckt auch schon zuvor) gab es dann auch ein paar emp­feh­lens­wer­te Arti­kel zum Thema:

> Spie­gel-Inter­view mit Wla­di­mir Kami­ner („Rus­sen­dis­ko“)
> Kom­men­tar von Phil­ipp Dudek aus der taz von heute
> Kom­men­tar aus der taz vom 5.3. von Ulri­ke Herrmann
> Kom­men­tar aus der taz vom 1.3. von Chris­ti­an Semler
> Ana­ly­se der Spie­gel­be­richt­erstat­tung in der taz vom 9.2. von Bet­ti­na Gaus

Altes aus Xanga, Teil X

Satur­day, May 03, 2003

Dr. Who?

Eines der unbe­kann­te­ren Wer­ke von Dou­glas N. Adams ist ein Skript für die BBC-Fern­seh­se­rie Dr. Who mit dem Titel „Shada“. Die BBC bringt nun die­ses Skript dan­kens­wer­ter­wei­se als „Web­cast“ zum Leben – ein mit Flash-Ani­ma­tio­nen unter­stütz­tes Hör­spiel, als eine Hom­mage an den vor einem Jahr ver­stor­be­nen Dou­glas Adams. 

> BBC – Cult Tele­vi­si­on – Doc­tor Who Homepage


Fri­day, April 25, 2003

Diaspora-Wahlkampf im Kino

… die Grü­nen am Sym­pa­thisch­ten, wenn sie denn mal auf Pla­ka­ten, Podi­ums­dis­kus­sio­nen oder im Gespräch mit Jugend­li­chen vor­ka­men – und nicht nur als Stan­dard­stand­ort­nach­teil in Wich­manns Stan­dard­spruch. Herr Wich­mann von der CDU ist ein Doku­men­tar­film, der hart an Real­sa­ti­re grenzt, oder manch­mal auch ganz klar Real­sa­ti­re ist. Da gibt es den Wahl­kämp­fer Wich­mann, 25 Jah­re jung, CDU, Jun­ge Uni­on, Jura-Stu­dent in Ber­lin, Kreis­tags­ab­ge­ord­ne­ter in der Ucker­mark, der sich Hoff­nun­gen macht, als Direkt­kan­di­dat den letz­ten Außen­mi­nis­ter der DDR, Meckel (SPD) zu besie­gen. Am Schluss sind all sei­ne Anstren­gun­gen inkl. A0-Pla­ka­ten dann doch gra­de mal einen Pro­zent­punkt wert. Bis dahin ver­folgt die Kame­ra den Wahl­kämp­fer und sei­ne Freun­din (Rea­li­ty-TV? Aber nicht doch …) und vor allem die vie­len Pas­san­tin­nen und Pas­san­ten, die an Wahl­kampf­ma­te­ri­al und hoh­len Ver­spre­chen (Wich­mann hat eine wun­der­ba­re Gabe, nie­mand aus­re­den zu las­sen, jedem nach dem Wort zu reden und nur ganz sel­ten mal schlag­fer­tig zu sein) nicht wirk­lich inter­es­siert sind. Im Alters­heim (so holt die CDU also ihre Stim­men) weiss Wich­mann nicht, was er sagen soll, und bei Jugend­ver­an­stal­tun­gen macht er sich selbst zum völ­lig indis­ku­ta­blen Kan­di­da­ten, indem er gegen „Kuschel­päd­ago­gigk“ argu­men­tiert statt sich auf eine Dis­kus­si­on einzulassen.

Eher schreck­lich als lus­tig sind dann die Sze­nen, wo stolz mit der Ableh­nung des Zuwan­de­rungs­ge­set­zes und ziem­lich viel Natio­nal­stolz argu­men­tiert wird. Hilft aber alles nichts, Wich­mann kämpft gegen Wind­müh­len, da hilft auch ein Lob von Frau Mer­kel für den „jun­gen Mann“ nichts.

Herr Wich­mann von der CDU ist ziem­lich viel ost­deut­scher All­tag 2002, ziem­lich viel Wahl­kampf­all­tag, ziem­lich viel Poli­tik­ver­dros­sen­heit – und erreg­te im klei­nen Wohn­zim­mer­ki­no des Fried­richs­baus in der „grü­nen“ Stadt Frei­burg vor allem Lacher und ab und zu ungläu­bi­ge Aus­ru­fe. Es bleibt die Hoff­nung, dass poli­tik­ver­dros­se­ne Men­schen viel­leicht irgend­wann Leu­te wäh­len, die sich tat­säch­lich dafür inter­es­sie­ren, was die Wäh­le­rIn­nen bedrückt, statt sich mit hohen Sprü­chen fri­schen Wind vor­gau­keln zu lassen. 

> Film bei BR-online: Denk ich an Deutsch­land: Herr Wich­mann von der CDU


Tues­day, April 15, 2003

Lieblingsonlinecomic

Irgend­wie schon selt­sam. Wie an jedem Wochen­tag noch kurz der Blick auf den Uni­corn Jel­ly Online­co­mic (Gen­re: phi­lo­so­phi­sche Sci­ence Fic­tion) – aber irgend­was ist anders als sonst. Ach so, ja. Der Maus­klick wäre unnö­tig gewe­sen – Uni­corn Jel­ly ist end­gül­tig vor­bei. Die Rät­sel sind gelöst, der Jahr­hun­der­tau­sen­de umspan­nen­de Hand­lungs­bo­gen hat sein Ende und sei­nen Anfang gefunden. 

Scha­de. Uni­corn Jel­ly war immer anders als erwar­tet, die Cha­rak­te­re waren leben­di­ger als sonst irgend­wo im Web und gleich­zei­tig selt­sa­mer. Die Wen­dun­gen der Geschich­te unvor­her­seh­ba­rer, die poe­ti­schen Momen­te poe­ti­scher, die Trau­er um die Toten trau­ri­ger und die Scher­ze witziger. 

Viel­leicht war es gra­de die Form Fort­set­zungs­ro­man, die Uni­corn Jel­ly zu etwas beson­de­rem gemacht hat, die die plötz­li­chen Hand­lungs­strang­wech­sel der mit Del­xue­Paint von Jen­ni­fer Reitz hand­ge­zeich­ne­ten Fol­gen erträg­lich gemacht hat. Ich bin nicht von Anfang an dabei gewe­sen, son­dern habe irgend­wo in der Mit­te ange­fan­gen, dann erst­ein­mal den ers­ten Teil gele­sen und mich dann jeden Mon­tag wie­der gefreut, dass eine neue Uni­corn Jel­ly-Fol­ge nach dem comic­lo­sen Wochen­en­de da war. Zuver­läs­sig, jeden Tag (anders als z.B. die taz heu­te). Uni­corn Jel­ly jetzt von Anfang bis Ende lesen zu kön­nen, dürf­te doch einen ganz ande­ren Lese­ef­fekt haben. Am Stück? Naja, es sind über 600 Fol­gen – das wür­de dann doch ganz schön lan­ge dauern. 

Ich bin jeden­falls gespannt, ob es ein Nach­fol­ge­pro­jekt geben wird. Schön wär’s jedenfalls!

> UNICORN JELLY ani­me man­ga comic strip by Jen­ni­fer Dia­ne Reitz


Mon­day, March 24, 2003

Internet statt Propaganda

Bis jetzt scheint sich das Inter­net als wir­kungs­vol­les Gegen­mit­tel gegen die Medi­en­pro­pa­gan­da der Kriegs­par­tei­en durch­zu­set­zen. Dies gilt nicht nur für Sei­ten wie Indy­me­dia oder auch Wiki­pe­dia, auf denen Frei­wil­li­ge Berich­te ein­stel­len, und in einem erstaun­lich hohen Maß auch für die eta­blier­ten Medi­en (vom Tages­schau-Ticker bis Spie­gel-online) son­dern auch für spe­zi­ell zur (kri­ti­schen) Beob­ach­tung des Irak-Kriegs eta­blier­te Webprojekte.

Iraq Body Count ver­sucht mit einem Netz­werk von Frei­wil­li­gen aus­ge­hend von Pres­se­be­rich­ten eine stän­dig aktua­li­sier­te Mini­mal- und Maxi­mal­ab­schät­zung der zivi­len Kriegs­to­ten durch­zu­füh­ren; die Daten­grund­la­ge wird dabei genau bekannt­ge­ge­ben, Ban­ner ste­hen zum Ein­bin­den in Web­sites bereit.

Elec­tro­nic Iraq ver­sam­melt Berich­te direkt aus dem Irak und kom­bi­niert die­se mit einer Über­sicht über die welt­wei­te Presse.

> Iraq Body Count
> Elec­tro­nic Iraq


Sun­day, March 23, 2003

Nachtrag: 22032003

Inzwi­schen sind auf Indy­me­dia auch eini­ge Bil­der von der Demo am 22.03. zu fin­den: indy­me­dia ger­ma­ny | Bil­der von der Frei­bur­ger Anti-Kriegs­de­mo | 22.03.2003 23:33; aller­dings mehr aus dem anti­ka­pi­ta­lis­ti­schen Block heraus …

Altes aus Xanga, Teil IX

Satur­day, March 22, 2003

20032003: Demobilder und Deutschland


20.03.03 – Kund­ge­bung vor dem Stadt­thea­ter Freiburg


20.03.03 – Trans­pa­ren­te und Schil­der des u‑asta

Am Tag X (20.03.2003) gab es in Frei­burg eine gro­ße Schü­le­rIn­nen­de­mo mit­tags und eine Demo am nachmittag/abend, von der die Bil­der hier sind. Fotos von bei­den Demos gibt es unter indy­me­dia ger­ma­ny | Tag X in Frei­burg – Tau­sen­de auf der Stra­ße [Bil­der] | 20.03.2003 22:24 im Netz.

Auch am 22.03. fand wie­der eine gro­ße Demons­tra­ti­on statt (ca. 5.000) Leu­te. Lei­der habe ich davon noch kei­ne Bil­der im Netz gese­hen; wenn ich wel­che fin­de, lin­ke ich hier viel­leicht auch drauf.

Bemer­kens­wert bei der heu­ti­gen Demo: eine kur­ze Unter­bre­chung am Sie­ges­denk­mal und eine – ich wür­de sagen – Kom­mu­ni­ka­ti­ons­gue­ril­la-Akti­on, die in der For­de­rung ende­te, das Denk­mal (für den deut­schen Sieg über Frank­reich irgend­wann) inner­halb der nächs­ten 48 Stun­den abzu­rei­ßen. Da und auch an vie­len ande­ren Stel­len der Demo war eine anti­ka­pi­ta­lis­ti­sche, anti­staat­li­che Stim­mung deut­lich spür­ba­re. Und auch: Rot/grün wird nicht abge­nom­men, dass die Frie­dens­po­li­tik der letz­ten Wochen ernst gemeint war. Es wird nicht genug getan, eigent­lich müss­te jetzt der NATO-Aus­tritt folgen. 

Ins­be­son­de­re aus dem Umfeld von KTS und Attac Frei­burg kommt immer wie­der die For­de­rung, die Kri­tik am Irak-Krieg mit einer all­ge­mei­nen Kri­tik an kapi­ta­lis­ti­schen Demo­kra­tien zu ver­bin­den – die wür­den eben immer Krie­ge füh­ren, und das sei auch ganz klar, und gar nicht inner­halb des Sys­tems zu verhindern. 

Ich weiss noch nicht so genau, was ich davon hal­ten soll – dass kapi­ta­lis­ti­sche Demo­kra­tien jed­we­der Art mit einem rie­si­gen Geflecht tat­säch­li­cher oder ein­ge­bil­de­ter Sach­zwän­ge ein­her­ge­hen, ist mir auch klar. Auf der ande­ren Sei­te glau­be ich, dass eine kapi­ta­lis­ti­sche Demo­kra­tie doch irgend­wie eini­ger­ma­ßen glo­bal ver­träg­lich, sozi­al, öko­lo­gisch und dau­er­haft fried­lich sein kön­nen müss­te. Refor­mis­ti­scher Irr­glau­be, Blind­heit oder eine prag­ma­tisch über­form­te Hoffnung?


Fri­day, March 21, 2003

Theater on the news

Mei­ne Lieb­lings­news­grup­pe („news­froup“) alt.fan.douglas-adams ist zur Zeit dabei, etwas ziem­lich neu­ar­ti­ges zu tun: anläss­lich des 25-jäh­ri­gen Jubi­lä­ums der ers­ten Aus­strah­lung der Radio­fas­sung des Hitch­hi­ker gui­des to the gala­xy wird das Radio­script auf­ge­führt – und zwar im Inter­net-Dis­kus­si­ons­fo­rum. Der Link unten ver­weist auf den Beginn des Threads – afda proud­ly pres­ents The Hitchhikers’s Gui­de to the Gala­xy (the newsfroup)

> Goog­le-Suche:

P.S.: Ein gänz­lich damit unzu­sam­men­hän­gen­des The­ma ist natür­lich der inzwi­schen offen aus­ge­bro­chen drit­te Golf­krieg – auf den Frie­dens­de­mos ges­tern in Frei­burg waren unglaub­lich vie­le Leu­te (10.000 Schü­le­rIn­nen blo­ckier­ten mit­tags die Stra­ße, ca. 6.000 bis 8.000 Leu­te stan­den ges­tern abend auf dem Rott­eck­ring und hör­ten sich eine etwas lang­wie­ri­ge Kund­ge­bung an), und ich hof­fe, die vie­len Pro­tes­te welt­weit und auch im Netz machen den Kriegs­füh­ren­den zumin­dest deut­lich, dass weder das Völ­ker­recht noch die Bevöl­ke­rung die­ses Pla­ne­ten auf ihrer Sei­te sind.


Fri­day, March 07, 2003

Der Staat, der nie war

Eigent­li­ches ist es eine abgrund­tief trau­ri­ge Geschich­te, die hin­ter Good Bye, Lenin! steckt. Alex‘ Mut­ter wacht nach einem Herz­in­farkt und vier Mona­ten aus dem Koma auf, jede Auf­re­gung soll ver­mie­den wer­den, das könn­te ihrer Gesund­heit scha­den. Dum­mer­wei­se wacht sie in auf­re­gen­de Zei­ten hin­ein auf: die letz­ten Mona­te der DDR als eigen­stän­di­gem Staat, kurz vor der Wie­der­ver­ei­ni­gung. Sohn Alex beschließt, alles zu tun, um jede Auf­re­gung zu ver­mei­den und holt sie aus dem Kran­ken­haus in ihr Schlaf­zim­mer in der Plat­ten­bau­woh­nung. Dort ist noch alles so, wie es frü­her mal war. „Hier hat sich ja gar nichts verändert.“ 

Dass das auch so bleibt, ist eine immer umfang­rei­cher wer­den­de Auf­ga­be für Alex. Krach mit sei­ner Schwes­ter (liiert mit einem Bur­ger-King-Bra­ter) und sei­ner Freun­din, der Kran­ken­schwes­ter Lara, die er am Kran­ken­bett sei­ner Mut­ter ken­nen­ge­lernt hat, ist vor­pro­gram­miert. Alex jagt nach Gur­ken­glä­sern und insze­niert FDJ-Geburts­tags­ständ­chen und Besu­che der Par­tei­lei­tung mit Ori­gnal-Prä­sent­korb. Als sei­ner Mut­ter lang­wei­lig wird, und sie fern­se­hen will (den aus ihr Zim­mer zu ver­las­sen, ist ihr streng ver­bo­ten) greift er auf die Unter­stüt­zung sei­nes neu­en Kol­le­gen Den­nis zurück, der sich als Film­ma­cher pro­fi­lie­ren möch­te. Die Aktu­el­le Kame­ra erklärt, wie­so ein Coca-Cola-Trans­pa­rent am Hoch­haus neben an zu sehen ist.

Aber es pas­siert in die­ser freund­li­chen, nie­mals bös­ar­ti­gen Komö­die noch mehr. Der Wes­ten dringt unauf­halt­sam in den All­tag ein. Immer abstru­ser wer­den die Erklä­run­gen. Aber immer mehr wird damit das durch das Fern­se­hen und die von Alex erfun­de­nen Kar­ten­häu­ser ver­mit­tel­te Bild der DDR zu dem eines Staa­tes, der nie exis­tiert hat, den sich Alex‘ Mut­ter aber immer gewünscht hat. Eine DDR, die auf die Ein­ga­ben ihrer Bür­ge­rIn­nen reagiert. Die so attrak­tiv ist, dass sie die Gren­zen für West­ler öff­net. In der Leis­tungs­druck und Kon­kur­renz drau­ßen bleiben.

Good Bye, Lenin! über­zeugt auf bei­den Ebe­nen. Als Komö­die, die nie nur auf die Lacher aus ist, und die mit ihrem Per­so­nal mit­fühlt, die auch Wei­nen zulässt. Aber auch als lei­se Uto­pie einer DDR, wie sie viel­leicht 1989 hät­te ent­ste­hen kön­nen: Sozia­lis­mus mit freund­li­chem Ant­litz. Auch im Film kommt der 3. Okto­ber 1990 vor. Aber zumin­dest für Alex‘ Mut­ter hat das Feu­er­werk eine ganz ande­re Bedeu­tung, ein wie­der­ver­ei­nig­tes Deutsch­land jen­seits der kapi­ta­lis­ti­schen Zwän­ge. Was wäre, wenn? Auch hier sind Trä­nen viel­leicht ange­bracht, wer weiß.

Nicht zuletzt soll­te viel­leicht erwähnt wer­den, dass die Bil­der teil­wei­se ziem­lich gran­di­os sind und die Stim­mung der Wen­de­zeit gut ein­fan­gen. Fas­zi­niert – das muss ich unbe­dingt noch sagen – hat mich auch der Vor­spann, der die schöns­te Ani­ma­ti­on häß­li­cher real­so­zia­lis­ti­scher Post­kar­ten ent­hält, die ich je gese­hen habe.

> GOOD BYE, LENIN! – Ein Film von Wolf­gang Becker (lei­der etwas überfrachtet!)


Sun­day, March 02, 2003

NO WAR

Wer wis­sen will, was ich am Sams­tag gemacht habe: mit vier- bis fünf­tau­send ande­ren auf er Euro­pa­brü­cke zwi­schen Kehl und Straß­burg rum­ge­stan­den, Luft­bal­lons mit Frie­dens­tau­ben zum Hori­zont geschickt und Leu­ten wie Kon­stan­tin Wecker, Franz Alt, einem Sän­ger aus San Fran­cis­co und einer Sän­ge­rin aus Bra­si­li­en zugehört. 

Was war nett an der Demo? Doch ziem­lich vie­le Leu­te, ab und zu auch mal Son­nen­schein, eine bun­te Mischung. Inter­es­sant: Mer­chan­di­sing-Stän­de am Rand …

Was war nicht so toll? Die gerin­ge Prä­senz von Grü­nen (Les Verts waren gut sicht­bar mit vie­len Fähn­chen, aus Baden-Würt­tem­berg waren zwar auch eine gan­ze Men­ge Grü­ne auf der Demo, aber wer die nicht kann­te, wuss­te das nicht. Die Tat­sa­che, dass sich das Pro­gramm doch ziem­lich in die Län­ge zog (unge­fähr vier Schluss­wor­te hin­ter­ein­an­der, danach dann noch Ter­min­hin­wei­se). Und viel­leicht auch das Miss­ver­hält­nis zwi­schen dem eher jun­gen bis mitt­le­ren Durch­schnitts­al­ter der Demons­trie­ren­den und der Demo­folk­lo­re des offi­zi­el­len Programms. 

> Yahoo! Nach­rich­ten – Sad­dam Hus­sein und der Irak-Kon­flikt – Deutsch-fran­zö­si­scher Pro­test gegen Irak-Krieg


Wed­nes­day, Febru­ary 19, 2003

Wie realistisch sind Science-Fiction-Filme?

Dem neu­en Z‑Punkt-News­let­ter habe ich den Hin­weis auf den unten­ste­hen­den Link zu Josh Cal­ders Futu­rist Movies Web­site ent­nom­men. Und die hat es in sich – ein ein­drucks­vol­les, inter­ak­ti­ves Essay, in dem sich Cal­der meh­re­ren Dut­zend neue­ren und älte­ren Sci­ence-Fic­tion-Fil­men annimmt (u.a. Gat­ta­ca, Fifth Ele­ment, Star Trek und Star Wars, Mino­ri­ty Report, Inde­pen­dence Day, …) und die­se aus Sicht eines Zukunfts­for­schers bewer­tet: Wie wahr­schein­lich ist die dort dar­ge­stell­te Zukunft, wann könn­te sie erwar­tet wer­den, was lässt sich über ein­zel­ne Tech­no­lo­gien sagen, wo macht der Film Kom­pro­mis­se um der Sto­ry oder der Ver­markt­bar­keit Wil­len? Eini­ge The­men (Außer­ir­di­sche, künst­li­che Intel­li­genz, Klo­nen) wer­den dar­über hin­aus im Rah­men eigen­stän­di­ger „Notes“ diskutiert.

Wenn eine mei­ner Lieb­lings­the­sen stimmt, dass Sci­ence Fic­tion näm­lich ein Gen­re ist, das qua­si lite­ra­ri­sche Tech­nik­fol­gen­ab­schät­zung betreibt und in einer engen Wech­sel­wir­kung damit steht, was Wis­sen­schaft­le­rIn­nen für mach­bar hal­ten – Wech­sel­wir­kung meint dabei: bei­de Rich­tun­gen! –, dann ist Cal­ders Web­site eine nicht zu unter­schät­zen­de Res­sour­ce für Men­schen, die pri­vat oder beruf­lich Tech­nik­dis­kur­se unter­su­chen. Denn mehr noch als Sci­ence-Fic­tion-Roma­ne sind Sci­ence-Fic­tion-Fil­me – mit all den dar­aus resul­tie­ren­den Kon­se­quen­zen – in den letz­ten 30 Jah­ren im gesell­schaft­li­chen Main­stream ange­kom­men. Futu­rist­Mo­vies bie­tet eine mit schar­fem Auge vor­ge­nom­me­ne Ana­ly­se die­ses gesell­schaft­li­chen Diskurses.

> Pro­jec­tions: a futu­rist at the movies

Altes aus Xanga, Teil VII

Mon­day, Decem­ber 23, 2002

Google Doodle

Goog­le ist nicht nur der (un)umstrittene Such­ma­schi­nen­markt­füh­rer, son­dern hat auch einen Sinn für Humor. Unter bewuss­ter Miß­ach­tung der eige­nen Cor­po­ra­te Iden­ti­ty ändert sich das Goog­le-Logo regel­mäs­sig zu Fest­ta­gen und beson­de­ren Anläs­sen. Eini­ge Bei­spie­le sind hier verlinkt …

> Goog­le Holi­day Logos (Weih­nach­ten 2001)

> Goog­le Holi­day Logos (Weih­nach­ten 2002)

Kino: Son de Mar

Was pas­siert, wenn anti­ke Mytho­lo­gie moder­ni­siert und ver­filmt wird? Dann kommt ein Film wie Son de Mar her­aus – eigent­lich eine ein­fa­che Drei­ecks­ge­schich­te, aber sym­bol­haft auf­ge­la­den. Als Film-an-sich fand ich Son de Mar packend, aber fast zu sehr mit Kitsch und Ner­ven­kit­zel voll­ge­la­den. Als ver­film­te Mytho­lo­gie – ich muss­te an Chris­toph Rans­mayrs Letz­te Welt den­ken –, als eine gro­ße Anspie­lung auf die Odys­see, als Ant­wort auf die Fra­ge danach, wie die Lie­bes­ge­schich­te eines Uli­ses heu­te aus­se­hen kann, hat­te der Film durch­aus etwas. Dazu gehört gewi­ßer­ma­ßen auch das tra­gi­schen Ende, das mir eben­falls bes­ser in der grie­chi­schen Klas­sik als im Film auf­ge­ho­ben schien, und das ich viel­leicht lie­ber gele­sen als betrach­tet hätte. 

> ~~~~~son de mar~~~~~


Tues­day, Decem­ber 10, 2002

Das Ergebnis stimmt

Als Dele­gier­ter für den grü­nen Bun­des­par­tei­tag in Han­no­ver gehö­re ich zu denen, die mit ihrer Stim­me dazu bei­getra­gen haben, dass die Zwei­drit­tel­mehr­heit für die Aus­set­zung der Tren­nung von Amt und Man­dat nicht erreicht wur­de. Ich bin nicht ganz glück­lich mit dem Weg (d.h. mit einer knap­pen Sperr­mi­no­ri­tät bei einer sehr kon­tro­ver­sen Fra­ge statt mit Ein­sicht bei Fritz Kuhn und Clau­dia Roth), wohl aber mit dem Ergeb­nis: Im Früh­jahr 2003 kann jetzt über die Fort­füh­rung oder Auf­he­bung der Tren­nung von Amt und Man­dat urab­ge­stimmt wer­den, ohne dass die­se Fra­ge der inner­par­tei­li­chen Demo­kra­tie mit einer bestimm­ten Per­so­nal­ent­schei­dung ver­quickt wäre. Im Gegen­satz zu eini­gen ande­ren Mit­glie­dern der Grü­nen glau­be ich näm­lich nicht, dass jeg­li­che Sat­zungs­re­ge­lun­gen voll­kom­men sinn­los ist und es am bes­ten wäre, alles der frei­en Ent­schei­dung der jewei­li­gen Dele­gier­ten zu über­las­sen. Demo­kra­tie tut manch­mal weh, gera­de, wenn es dar­um geht, die Eta­blie­rung von Macht­zirk­len ein­zu­schrän­ken. Und Ent­schei­dun­gen, die weh­tun, wer­den im Rausch des Augen­blicks häu­fig nicht ger­ne gefällt. Da ist es also sinn­voll, wenn eine Sat­zung – die dann aber auch akzep­tiert wer­den muss – Din­ge erzwingt.

Natür­lich gibt es auch mit Sat­zungs­re­ge­lun­gen Macht­zu­sam­men­bal­lun­gen usw. – etwas ande­res anzu­neh­men, wäre höchst naiv und wür­de viel zu viel von dem demo­kra­ti­schen Tool Sat­zung ver­lan­gen. Aber das Stück, das eine Sat­zung zu gere­gel­ten Macht­struk­tu­ren bei­tra­gen kann, das soll eine Sat­zung auch dazu bei­tra­gen, fin­de ich.

Zurück zum Par­tei­tag: Das Ergeb­nis fin­de ich gut, und hof­fe, dass der neue Vor­stand jetzt eben nicht als geun­ke­rufter Ãœber­gangs­vor­stand behan­delt wird, son­dern sich in die Rei­he erfolg­rei­cher grü­ner Bun­des­vor­stän­de ein­reiht. Und dazu hof­fe ich, wer­den nicht nur Büti­ko­fer und Beer, son­dern auch Men­schen wie die Bei­sit­ze­rIn­nen Kat­ja Husen und Omid Nou­ri­pour bei­tra­gen – die übri­gens bei­de für den von Josch­ka Fischer ange­mahn­ten Gene­ra­ti­ons­wech­sel in der Par­tei stehen.

Und noch ein letz­tes Wort zum Par­tei­tag: Scha­de war es, dass über die Sat­zungs­fra­gen – und auch wol­kig und mehr als Schau­lau­fen über die poli­ti­sche Lage – sehr lan­ge dis­ku­tiert wur­de, und dar­über vie­le vie­le Anträ­ge aus den Kreis­ver­bän­den schlicht und ein­fach ver­tagt wur­den, was oft gleich­be­deu­tend mit igno­riert wer­den ist. Dazu gehört auch ein Antrag aus Frei­burg, in dem die Bei­be­hal­tung einer 50%-BahnCard von der Bahn AG gefor­dert wird. Hier wäre ein grü­nes Signal schön gewesen.


Sun­day, Novem­ber 10, 2002

Was wäre, wenn …?

Ham­mer­schmitt, Mar­cus (2002): Poly­Play. Ham­burg / Ber­lin: Argu­ment. 187 Sei­ten, 12 Euro.

Ein Buch, zu dem sich lei­der nicht all­zu­viel sagen lässt. Nicht, weil es nicht von Inter­es­se wäre, son­dern weil es zuviel vor­weg­neh­men wür­de. Auf den ers­ten Blick ist das Buch harm­los – so harm­los, dass die Fra­ge auf­kommt, ob es nicht etwas unter dem Niveau von Ham­mer­schmitt ange­sie­delt ist. Eine Alter­na­tiv­welt­ge­schich­te, in der im Set­ting »DDR hat die BRD nach der Wen­de über­nom­men« Kom­mis­sar – nein, Ober­leut­nant – Kra­mer in einem Mord­fall ermit­telt, bei dem Jugend­sze­nen und Auto­ma­ten­spiel­ge­rä­te plötz­lich in Ver­bin­dung mit einer Sta­si-Ver­schwö­rung geraten.

Die Alter­na­tiv­welt-DDR sieht plau­si­bel aus, fast schon put­zig, und auch die ab und zu hin­ein­schnei­en­den Lehr­stun­den über die Geschich­te (im Schul­un­ter­richt, beim Zap­pen durchs Fern­seh­pro­gramm) wir­ken erst ein­mal so, als wür­de es hier dar­um gehen, sich vor­zu­stel­len, wie es denn hät­te gewe­sen sein kön­nen, wenn im Jahr 2000 in einer grö­ße­ren und für die Welt wirt­schaft­lich und poli­tisch extrem wich­ti­gen DDR statt­ge­fun­den hät­te. Ob da Rekla­me hängt, wie die Wes­sis sich auf­füh­ren, etc. War­um soll­te es so gewe­sen sein? Ham­mer­schmitts Erklä­rung erweckt den Anschein, plau­si­bel zu sein: wirt­schaft­li­che Pro­ble­me im Wes­ten, eine Abschot­tungs­po­li­tik in Ost­asi­en, inter­ne Strei­tig­kei­ten in den USA, und die – hand­ge­we­del­te – Ent­de­ckung einer omi­nö­sen neu­en Tech­no­lo­gie (der »Mül­ler-Loh­mann-Pro­zess«), die die DDR bald füh­rend auf dem Gebiet der Mikro­elek­tro­nik macht: Flach­bild­schir­me, Mobil­funk­te­le­fo­ne (»Mobis«), und wirt­schaft­li­cher Erfolg. Das Leben im plu­ra­lis­ti­schen Sozia­lis­mus sieht gar nicht mal so übel aus – und auch die klei­nen Fies­hei­ten (Josch­ka Fischer als Außen­mi­nis­ter der DDR und Kron­prinz des Staats­rats­vor­sit­zen­den, auch die Tages­zei­tung gibt’s wei­ter­hin) tra­gen eigent­lich nur dazu bei, dass Bild abzu­run­den. Dane­ben dann noch ein zwei­ter Hand­lungs­strang auf einer See­fes­tung, hat auch irgend­was mit Daten und Com­pu­ter­kri­mi­na­li­tät zu tun.

Soweit, so gut. Aber irgend­wann wird dann deut­lich, dass Ham­mer­schmitt den Leser oder die Lese­rin über etwas ganz ande­res beleh­ren möch­te: über die Unmög­lich­keit, in Sci­ence Fic­tion nicht nur plau­si­ble, son­dern tat­säch­lich funk­ti­ons­fä­hi­ge Alter­na­tiv­wel­ten durch­zu­spie­len, über die Fähig­keit des Men­schen, über­all Mus­ter und Gestal­ten zu erken­nen, und Wider­sprü­che hin­zu­neh­men. Das Ende ist über­ra­schend, und wer zu lan­ge mit­spielt, mag es auch scho­ckie­rend emp­fin­den. Denn das Ziel des Expe­ri­ments stellt sich als ein ganz ande­res her­aus – über das mehr zu sagen das Lesen des Romans doch beein­träch­ti­gen wür­de. Und damit ist schon fast zuviel verraten.


Satur­day, Novem­ber 02, 2002

Internet ist keine Einbahnstraße

Jeden­falls fän­de ich Kom­men­ta­re zu mei­nen Kom­men­ta­ren ganz nett. Direk­te Reak­tio­nen zu den Tex­ten funk­tio­nie­ren lei­der nur, wenn mensch sich selbst bei XANGA anmel­det, was ja nun nicht unbe­dingt sein muss – aber wer möch­te, kann sich auch in mei­nen „guest book“ ver­ewi­gen. (Und irgend­wann in fer­ner Zukunft ist das gan­ze hier viel­leicht auch mal ein Wiki statt ein Blog, dann wär’s noch eine gan­ze Spur interaktiver …).

Altes aus Xanga, Teil VI

Satur­day, Novem­ber 02, 2002

Zusammen bahnfahren

Ich glau­be zwar immer noch dar­an, dass sich auch poli­tisch noch etwas am neu­en Bahn­preis­sys­tem ändern las­sen könn­te – bei­spiels­wei­se die Bei­be­hal­tung der „alten“ 50%-BahnCard, ent­we­der als Ange­bot spe­zi­ell für Men­schen in Aus­bil­dung (und damit in der ‚for­ma­ti­ven‘ Pha­se des Bahn­fah­rens), oder aber als all­ge­mei­nes Ange­bot, das dann eben in der Anschaf­fung teu­rer ist und sich nicht mit den neu­en Rabat­ten kom­bi­nie­ren lässt. Des­we­gen ste­he ich auch unter einem ent­spre­chen­den Antrag für den nächs­ten Par­tei­tag von Bünd­nis 90/Die Grünen.

Soll­te die Bahn sich aber tat­säch­lich nicht erwei­chen las­sen und kom­pro­miss­los bei ihrem Sys­tem blei­ben, gibt’s immer­hin einen Licht­blick (und zwar schon in min­des­tens drei Inkar­na­tio­nen) – näm­lich inter­net­ba­sier­te Mit­rei­se­zen­tra­len für Bahn­rei­sen­de. Neben kom­mer­zi­el­len Ange­bo­ten bie­tet auch der alter­na­ti­ve Ver­kehrs­club Deutsch­land unter der URL www.ticket-teilen.de inzwi­schen ein Bahn-Sha­ring-Por­tal. Gute Idee, und viel­leicht lässt sich so – über den Umweg, ähm, zivil­ge­sell­schaft­li­chen Enga­ge­ments – doch eini­ges an neu­en Instru­men­ten in das ganz schnell unbe­weg­li­che neue Bahn­preis­sys­tem ein­bau­en. Inno­va­ti­on nennt sich sowas, oder?

P.S.: Auf mei­nen Brief hat die Bahn bis­her noch nicht geant­wor­tet. Und wer sein bis­he­ri­ges eige­nes Bahn­preis­sys­tem für so kom­pli­ziert erklärt, dass noch nicht mal Ein­stein es ver­steht (wie aktu­ell in der Wer­bung zu sehen, und wie heu­te zu recht in der taz kri­ti­siert), der muss irgend­wie ein ziem­lich komi­sches Bild sei­ner Mit­ar­bei­te­rIn­nen und Kun­dIn­nen haben. Aber was soll mensch auch von einem Bahn­chef Meh­dorn erwar­ten, der öffent­lich zugibt, es nicht län­ger als vier Stun­den in sei­nen eige­nen Zügen aus­zu­hal­ten? Und der – klar – erst­mal von sich auf ande­re schließt?


Thurs­day, Octo­ber 24, 2002

Ein USA-Deutschland-Vergleich

Nicht nur ange­sichts der mehr oder weni­ger aktu­el­len Kli­ma­ab­küh­lun­gen zwi­schen den bei­den Regie­run­gen (inkl. angeb­lich dann doch nicht exis­tie­ren­den For­de­run­gen) fin­de ich fol­gen­den Text ziem­lich span­nend – ein seit eini­gen Jah­ren in den USA leben­der Deut­scher beschreibt sei­ne Sicht der Unter­schie­de zwi­schen bei­den Kulturen.

> Com­pa­ri­son USA-Germany


Satur­day, Octo­ber 19, 2002

Kick it like Beckham

„Foot­ball vs. Indi­an coo­king.“ (The four word film review: Phoe­be, Aus­tra­lia)

Vor­ne­weg soll­te ich viel­leicht sagen, dass ich eher unsport­lich bin. Dass ich Fuß­ball mehr oder weni­ger für etwas schreck­li­ches hal­te, besten­sfalls für ein sozi­al­wis­sen­schaft­lich ana­ly­sier­ba­res Mas­sen­phä­no­men. Dass mei­ne Freun­din da ande­rer Mei­nung ist. Und dass mir „Kick it like Beck­ham“ (Bend it like Beck­ham) trotz­dem wirk­lich gut gefal­len hat. 

Der Film ist ein Mär­chen­film, soviel ist schon mal klar. Es ist ganz offen­sicht­lich, dass eini­ges an der Sto­ry mit dem Hap­py-End unrea­lis­tisch ist. Oder stimmt es wirk­lich, dass Fuß­ball­spie­le­rIn­nen ganz ohne Trai­ning in den Wochen davor und has­tig ohne Auf­wär­men ein­ge­wech­selt sofort von Talent­scouts ent­deckt wer­den? Aber das macht nichts; der Film ist trotz­dem (oder viel­leicht auch gera­de des­we­gen) toll. Und für eine Komö­die erstaun­lich ernsthaft.

Kurz zur Sto­ry: Jess, eigent­lich Jes­min­der, so aber nur von ihrer Mut­ter genannt, ist eine typi­sche indi­sche Bri­tin, macht gera­de ihr Abitur und hat eine gro­ße Lei­den­schaft: Fuß­ball. Sie spielt fan­tas­tisch und träumt davon, Fuß­bal­le­rin zu wer­den – bis­her spielt sie nur im Park mit ein paar Jungs aus der Gegend. Dort beob­ach­tet Jules sie, und nimmt sie mit zum Trai­ning der Frau­en­fuß­ball­mann­schaft. Cool – nur lei­der wis­sen Jess‘ Eltern nichts davon, und wenn sie was wüss­ten, wäre das gar nicht gut. Und natür­lich kommt es, wie’s kom­men muss: alle Tar­nung hilft nichts, Jess spielt ein­fach zu gut, als dass es ihre Eltern nicht mit­krie­gen wür­den. Und das Unglück mit Hap­py-End nimmt sei­nen Lauf. 

Neben­bei spie­len dann noch die Hoch­zeit ihrer Schwes­ter Pin­ky, die gro­ße Bedeu­tung des Zube­rei­ten­kön­nens eines ech­ten indi­schen Mahls für ihre Mut­ter und das Cri­cket-Team, in der Jess‘ Vater nicht spie­len durf­te, wich­ti­ge Rol­len. Mehr zu sagen wäre wahr­schein­lich zuviel ver­ra­ten. Nur soviel: Tony steht auf Beck­ham, Jess auf Joe, und Jules ist nicht les­bisch, auch wenn das in man­chen Zei­tungs­be­rich­ten anders klang und ihre Mut­ter davon über­zeugt ist.

Abge­se­hen von den mär­chen­haf­ten Zufäl­len ist Kick it like Beck­ham glau­be ich ein Film, der ziem­lich gut das Leben in einer hybri­den Gesell­schaft mit all sei­nen Chan­cen, Dop­pel­deu­tig­kei­ten und Pro­ble­men deut­lich macht. Und dabei gleich­zei­tig ziem­lich unter­halt­sam ist.

> Offi­zi­el­le Web­site des Films

> Rezen­si­on auf Programmkino.de


Fri­day, Octo­ber 11, 2002

Koalitionsverhandlungen

Nur ein klei­ner Hin­weis auf einen Stim­mungs­be­richt über die Koal­ti­ons­ver­hand­lun­gen in Spie­gel Online: 

> Tage der bit­te­ren Wahr­heit: War­te nur ein Weil­chen… – Poli­tik – SPIEGEL ONLINE


Wed­nes­day, Octo­ber 09, 2002

Koalitions… ja, was eigentlich?

Zur Zeit wird dar­über ent­schie­den, was im Koali­ti­ons­ver­trag von SPD und Grü­nen ste­hen wird. Neu­en Pres­se­be­rich­ten ist zu ent­neh­men, dass die SPD inzwi­schen wie­der zu ihrem alten Dog­ma zurück­ge­fun­den hat: Das, was wir wol­len, ist rich­tig, alles ande­re ein gro­ßes Zuge­ständ­nis. Aber auch klei­ne­re Indi­zi­en wei­sen dar­auf hin, dass die lau­fen­den Aus­ein­an­der­set­zun­gen von den bei­den Par­tei­en ganz unter­schied­lich gewer­tet wer­den. So ist auf der Web­site von Bünd­nis 90/Die Grü­nen die Rede davon, dass hier die Ver­hand­lun­gen für die Koali­ti­on ’02-’06 stattfinden:

Grüne: Die Verhandlungen

Bei der SPD dage­gen ist von Koali­ti­ons­ver­hand­lun­gen nichts zu sehen. Hier sind es schlicht (ganz in rot gehal­te­ne) Koali­ti­ons­ge­sprä­che:

Gespräche

Das lässt als Indiz für das Ver­hand­lungs­kli­ma und die Bewer­tung und Umset­zung der Ergeb­nis­se nichts gutes ahnen. Sind doch Gesprä­che eher etwas unver­bind­li­ches, die SPD hört sich mal an, was denn die Grü­nen zu ihren Plä­nen sagen. Ver­hand­lun­gen signa­li­sie­ren dage­gen: wir haben die glei­che Augen­hö­he, wir han­deln gemein­sam etwas aus, zu dem wir dann bei­de stehen. 

Nicht jedes unglück­li­che Omen muss sich letzt­lich als sol­ches erwei­sen. Die letz­ten Tage hel­fem einem aber nicht gera­de, dar­an zu glau­ben, dass das SPD-Team (übri­gens: sechs Män­ner und eine Frau; bei den Grü­nen steht’s 4:3) irgend­ei­nen Zwei­fel dar­an lässt, dass das ver­än­der­te Grö­ßen­ver­hält­nis am bes­ten kom­plett igno­riert wer­den soll­te. Hof­fen wir, dass es nicht dabei bleibt.

> BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bundespartei

> SPD