Auch wenn die Polizeigewerkschaft das anders sieht: die bei Google Street View gezeigten Bilder sind – genauso übrigens wie die hochauflösenden Luftaufnahmen und Satellitenbilder bei Google Maps – nicht live, sondern Archivaufnahmen. Z.B. ein Jahr alt. Oder zwei Jahre alt. Je nachdem. Mit Google Street View virtuell auf Streife gehen zu wollen ist damit ebenso unsinnig wie das „ausbaldowern“ von Häusern. Das ist alles.
Kurz: Der virtuelle Gartenzaun
Vielleicht hat ja jemand Lust, die folgende These zu diskutieren – Anlass ist die Einladungsmail für eine Anhörung der grünen Landtagsfraktion Baden-Württemberg zu Google Street View (am 8.7.), die von Klischees nur so trotzt über die ich mich geärgert habe, weil sie m.E. ziemlich einseitige Stimmungsmache darstellt. Ich zitiere (weil ich’s online (noch) nicht finde) (vgl. Einladung):
Mit Google Street View werden aus einer Kamerahöhe von fast 3 Metern flächendeckend Straßen, Häuser, Garagen, Gärten und Höfe für jedermann weltweit im Internet einsehbar gemacht; es geht also um weit mehr als Straßenansichten, sondern um persönliche Daten, die den privaten Bereich betreffen. Mit diesen Daten kann man sich nicht nur die Hotels und Unterkünfte für die nächste Ferienreise ansehen, sondern sie sind auch für Versicherungen und Banken interessant, die schon heute über die Zuordnung von Scorewerten die Konditionen für die Verträge mit ihren Kunden bestimmen. Auch potentielle Einbrecher können sich mit diesen Daten bequem übers Internet lohnende Objekte aussuchen.
Jetzt also meine These dazu: dass es gerade in Deutschland zu so einer vehementen Bürgerbewegung der Häusle-Bauer gegen Google Street View kommt, hat wenig mit den hier genannten Argumenten zu tun, und viel mit dem Drang, Zäune und Mauern zu bauen, sich abzuschotten und bloß nicht über Geld (z.B. das Gehalt) zu reden oder den Mief hinter der Heile-Welt-Fassade – aus 3 m Höhe vielleicht einsehbar – zu thematisieren.
Zugespitzt: Die Angst vor Google Street View ist letztlich weniger eine sinnvolle Reflektion der deutschen Erfahrung der Bürokratisierung der Vernichtung, sondern mehr ein letztes Aufscheinen der 1950er Jahre.