Frauenanteile auf den Listen zur Landtagswahl NRW

Abisko III (detail)

Zu den Land­tags­wah­len 2012 in NRW wur­den 17 Lis­ten zuge­las­sen (pdf). Die Lan­des­wahl­lei­te­rin hat auch jeweils ange­ge­ben, wie vie­le Frau­en unter den Lis­ten­be­wer­be­rIn­nen zu fin­den sind. 

In einem ers­ten Schritt hat­te ich das ges­tern in Pro­zent umge­rech­net. Dann liegt Mensch-Umwelt-Tier­schutz mit 80 Pro­zent ganz vor­ne, gefolgt von DIE LINKE (60%) und uns Grü­nen (bewährt quo­tiert mit durch­gän­gig 50%). SPD, CDU und FDP haben dem­nach jeweils einen Frau­en­an­teil um die 30 Pro­zent auf den Lis­ten, bei den Pira­ten sind es 16,7 Prozent.

Diver­se Kom­men­ta­re auf Twit­ter haben dann dar­auf hin­ge­wie­sen, dass eine sol­che pau­scha­le Betrach­tung wenig sinn­voll ist. Ins­be­son­de­re die SPD hat eine Lis­te, die anfangs voll quo­tiert ist, und erst am Schluss abfällt. Des­we­gen habe ich ver­sucht, aus den öffent­lich zugäng­li­chen Infor­ma­tio­nen abzu­lei­ten, wie sich die Frau­en­an­tei­le über die Lis­ten­plät­ze ver­tei­len. Das Ergeb­nis fin­det sich in die­ser Goog­le-Tabel­le.

Bei der Bewer­tung der dort vohan­de­nen Infor­ma­tio­nen (z.B. hat die FDP auf den Plät­zen 1–10 nur eine Frau!) ist zu berück­sich­ti­gen, dass CDU und SPD vor allem über die Wahl­krei­se in den Land­tag NRW ein­zie­hen wer­den. Die Aus­sa­gen über die Quo­tie­rung der Lis­ten sind des­we­gen nur bedingt rele­vant; die Info, in wie vie­len aus­sichts­rei­chen Wahl­krei­sen Frau­en bzw. Män­ner für CDU und SPD antre­ten, müss­te noch zusam­men­ge­stellt werden …

Neben­bei: Bei der Zusam­men­stel­lung der Zah­len habe ich mal auf die Web­auf­trit­te der ver­schie­de­nen Par­tei­en geschaut – und fest­ge­stellt, dass Infos zu Kan­di­da­tIn­nen sehr unter­schied­lich gut zugäng­lich sind. Bei der CDU tritt z.B. nach dem ers­ten Augen­schein nur ein gewis­ser Herr Rött­gen an, sonst nie­mand. Auch bei eini­gen Kleinst­par­tei­en (z.B. Fami­li­en­par­tei, Par­tei der Ver­nunft) steht so gut wie nichts über die Kan­di­da­tIn­nen der jewei­li­gen Lis­te im Web – zum Teil wird nur Platz 1 mit­ge­teilt, manch­mal Platz 1 bis 5, manch­mal nicht ein­mal das. Dabei wären bei den für den Ein­zug in den Land­tag not­wen­di­gen fünf Pro­zent wohl ca. elf Men­schen gewählt – hier also Blindflug.

Auch die Pira­ten stel­len auf ihrer Sei­te nur die Plät­ze 1 bis 20 vor – die wei­te­ren sind nur über das Pro­to­koll des Nomi­nie­rungs­par­tei­tags im Wiki zu fin­den. Bei den der­zei­ti­gen Umfra­ge­wer­ten wären nach mei­ner Kennt­nis aber schon die Plät­ze 1–23 im Land­tag NRW vertreten.

P.S.: Bei der Lan­des­wahl­lei­te­rin habe ich ges­tern zumin­dest kei­ne Infor­ma­tio­nen über alle zur Wahl antre­ten­den Lis­ten im Detail gefun­den. Viel­leicht kommt das noch, zumin­dest bei den Bun­des­tags­wah­len ist das so.

P.P.S.: Wer möch­te, darf ger­ne feh­len­de Infos nach­tra­gen (z.B. hier als Kom­men­tar – die Goog­le Tabel­le habe ich jetzt doch vor Bear­bei­tun­gen geschützt, zwecks kein Vandalismus).

War­um blog­ge ich das? Ein­mal, weil die unter­schied­li­chen Frau­en­an­tei­le ganz inter­es­sant sind. Zum ande­ren aber auch, weil es inter­es­sant ist, dass es metho­disch nicht ganz so sim­pel ist, wie es viel­leicht anfangs erscheint, fest­zu­stel­len, wie hoch die Frau­en­an­tei­le sind der ein­zel­nen zur Wahl antre­ten­den Lis­ten sind. Ganz genau wird es erst fest­ste­hen, wenn der Land­tag gewählt ist – und wenn es dann hof­fent­lich wie­der eine Minis­ter­prä­si­den­tin und eine stell­ver­tre­ten­de Minis­ter­prä­si­den­tin geben wird.

Die Höflichkeit der Parteien

Back into the sunset XX

Kaum stei­gen die PIRATEN in ers­ten Umfra­gen über die zehn Pro­zent, grün­det auch die CDU einen Arbeits­kreis Netz­po­li­tik (in dem Fall den Ver­ein „CNETZ“). Etwas weni­ger pole­misch ver­kürzt: Die Tat­sa­che, dass die PIRATEN es nach Ber­lin inzwi­schen auch im Saar­land in den Land­tag geschafft haben, und dass es in Schles­wig-Hol­stein und in NRW so aus­sieht, als kön­ne eben­falls ein Land­tags­ein­zug gelin­gen, lässt die „eta­blier­ten“ Par­tei­en nicht kalt. Und natür­lich nicht. (Ich kann mir jetzt ganz gut vor­stel­len, wie sich die pro­gres­si­ve­ren Kräf­te in der dama­li­gen SPD und in der dama­li­gen FDP gefühlt haben müs­sen, als sich her­aus­stell­te, dass die­se komi­schen GRÜNEN sich ernst­haft als Par­tei fest­set­zen würden …).

Die Pira­ten sind also da, und umso drin­gen­der stellt sich die Fra­ge: Was machen wir mit denen? [Zwei unter­schied­li­che grü­ne Ant­wor­ten dar­auf haben gera­de Nina Gal­la und Jörg Rupp gegeben].

Um die­se Fra­ge zu beant­wor­ten, ist es mei­ner Mei­nung nach hilf­reich, sich zunächst mal zu ver­ge­gen­wär­ti­gen, dass das aktu­el­le Hoch der Pira­ten zu einem Teil ein media­les Hoch ist. 

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120 „Proteststimmen“ aus den Gauck tragenden Fraktionen

Die ver­mut­lich lang­wei­ligs­te Bun­des­ver­samm­lung ever ist nun vor­bei. Ich konnt’s natür­lich nicht las­sen, neben dem Aus­fül­len mei­ner Steu­er­erklä­rung doch ab und zu auf den Twit­ter-Stream zu schau­en, und weiß des­we­gen jetzt, dass Joa­chim Gauck – gro­ßes Erstau­nen! – gewählt wur­de und in sei­ner Rede die­sen Sonn­tag lob­te. Geti­ckert wur­den auch die Zahlen:

Joa­chim Gauck 991 80,7%
Bea­te Klarsfeld 126 10,3%
Olaf Rose (NPD) 3 0,2%
Ent­hal­tun­gen 108 8,8%
Gül­ti­ge Stimmen 1228 100%
feh­len­de Dele­gier­te bzw. ungültig 7 (laut tages­schau) 8
d.h. 5 Stim­men, die ent­we­der ungül­tig waren oder auch fehl­ten 4*
Wahl­leu­te 1240 (laut wahlrecht.de)

Span­nend ist natür­lich, wer hin­ter den 108 Ent­hal­tun­gen (und den 2 Stim­men, die Bea­te Klars­feld über die Links­frak­ti­on hin­aus bekom­men hat) steckt. 2 davon sind bekannt: die Pira­ten haben ange­kün­digt, sich zu ent­hal­ten. Blei­ben 106+2=108. Dann kön­nen wir noch die 12 Wahl­leu­te dazu­rech­nen, die nicht da waren oder ungül­tig gewählt haben, gibt 120 Pro­test­stim­men.**

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Individualismus der Piraten, Kollektivismus der Anderen

Single leaf

Zwi­schen @korbinian (Pira­ten), chris­ti­ans­oeder (SPD), @flo_wi (pira­ti­ger Grü­ner) und mir ent­stand gera­de eine kur­ze Twit­ter-Debat­te über die Fra­ge der Dele­ga­ti­on. Die SPD wählt ihre 600 Dele­gier­ten für den Bun­des­par­tei­tag auf Lan­des­ebe­ne. Wir Grü­ne wäh­len unse­re 800 auf Kreis­ebe­ne. Die Pira­ten ver­zich­ten (noch?) auf ein Dele­ga­ti­ons­sys­tem, auch wenn Liquid Demo­cra­cy in die Rich­tung geht. Ein ent­schei­den­der Unter­schied zwi­schen Pira­ten und ande­ren Par­tei­en ist mir genau dabei und aus die­ser Debat­te klar geworden:

Aus Sicht des an der Debat­te betei­lig­ten Pira­ten macht eine Dele­ga­ti­on aus dem Kreis­ver­band her­aus wenig Sinn:

ich den­ke halt nicht in regio­ver­bän­den son­dern indi­vi­du­ell. bin in ers­ter linie bun­despi­rat solan­ge es kei­ne welt­wei­te par­tei gibt

auf die­sen wohn­ort­ge­bun­de­nen regio­na­lis­mus hät­te ich kei­ne lust. ich will mir schon selbst aus­su­chen kön­nen wer für mich stimmt

ja, und das nervt mich ohne ende. is doch scha­de um „anders­den­ken­de“ in der regi­on. ich wohn im internet 

Ich habe das dann als Dif­fe­renz zwi­schen „Ich-Den­ke“ und „Wir-Den­ke“ bezeich­net. Was eine kla­re Reak­ti­on auslöste:

jo, „wir-den­ke“ leh­ne ich ab. ich find das schon fast faschistisch 

Die Dele­ga­ti­on der Pira­ten bei Liquid Demo­cra­cy ist eine indi­vi­du­el­le, mit der vir­tu­el­le und tem­po­rä­er Inter­es­sens­ge­mein­schaf­ten auf­ge­spannt wer­den. Die Dele­ga­ti­on der eta­blier­ten Par­tei­en ist eine regio­na­le, aus einer über den gemein­sa­men Lebens­ort geknüpf­ten Gemein­de her­aus kom­men­de. Die bei uns im Hin­ter­grund manch­mal noch wab­bern­den Räte­ge­dan­ken ändern dar­an nichts (qua­si-impe­ra­ti­ves Man­dat der Dele­gier­ten): Auch hier ist die Grup­pe, die von einem oder einer Dele­gier­ten ver­tre­ten wird, die des Kreis­ver­bands. Poli­tik ist lokal.

Ein Neben­ef­fekt davon sind inhalt­lich auf­ge­la­de­ne Regi­ons­zu­schrei­bun­gen: Der Kreis­ver­band A ist links, der Kreis­ver­band B eher rea­lo-mäßig ori­en­tiert, ist ja klar, wen die ent­sen­den und wie deren Ver­tre­te­rIn­nen abstim­men werden. 

Soweit ich weiß, dele­gie­ren inner­halb der Grü­nen im Lan­des­ver­band Ber­lin zu einem (klei­nen) Teil auch die Arbeits­ge­mein­schaf­ten. Das aus­zu­wei­ten, wäre eine Mög­lich­keit, das reprä­sen­ta­ti­ve Ver­tre­tungs­prin­zip mit einer ego­is­ti­schen Inter­es­sen­ver­tre­tung zusammenzubringen. 

Aller­dings hat die Dele­ga­ti­on aus dem KV als mög­li­cher­wei­se ganz gemischt zusam­men­ge­setz­ter Grup­pe her­aus auch Vor­tei­le: Im Ide­al­fall fin­det Wil­lens­bil­dung über poli­ti­sche Dif­fe­ren­zen dann schon auf die­ser Ebe­ne statt. Und es pral­len nicht erst auf dem Bun­des­par­tei­tag 400 Dele­gier­te der AG Kunst auf 400 Dele­gier­te der AG Netz.

War­um blog­ge ich das? Weil Tweets so flüch­tig sind, und ich die ganz unter­schied­li­chen Sich­ten auf Dele­ga­tio­nen her­vor- und auf­he­bens­wert fand.

P.S.: Die­ser Aus­schnitt aus einer Stunk­sit­zung zu Grü­nen und Pira­ten passt auch noch mit rein …

Die digitale Revolution geht auf die Straße

Heu­te durf­te ich auf der Stutt­gar­ter Stopp-ACTA-Demo für Bünd­nis 90/Die Grü­nen eine kur­ze Rede hal­ten. Da waren etwa 2500 Men­schen, wie bei der letz­ten ACTA-Demo (bei der ich in Frei­burg war) vie­le Jün­ge­re. In Stutt­gart mas­siv prä­sent waren die loka­len Pira­ten, die wohl auch die Demo orga­ni­siert haben. 

Anbei nun mein Rede­zet­tel, den ich aller­dings nicht 1:1 abge­le­sen habe. Wer lie­ber den Wort­laut der Rede sehen will, kann hier das Video davon auf You­tube anse­hen (mit Dank an Alvar Freu­de fürs Fil­men; Update 26.02.: Link korrigiert).

Lie­be Leute,

ich hat­te ja erst über­legt, ob ich es bei 140 Zei­chen belas­sen soll, aber ein biss­chen mehr habe ich schon zu sagen. Mein Name ist Till Wes­ter­may­er, bei Twit­ter unter dem Hand­le _tillwe_ zu fin­den, und ich bin heu­te hier als Ver­tre­ter von Bünd­nis 90/Die Grü­nen Baden-Würt­tem­berg. Ich über­brin­ge euch die Grü­ße und die Unter­stüt­zung der GRÜNEN in Baden-Würt­tem­berg, im Bund und in Europa!

Wir GRÜNE unter­stüt­zen die Pro­tes­te gegen ACTA. Zusam­men haben wir schon eini­ges bewegt. In vie­len euro­päi­schen Staa­ten wur­de die Unter­zeich­nung des ACTA-Abkom­mens „zurück­ge­stellt“ – was auch immer das hei­ßen mag. Die Kom­mis­si­on hat den Ent­wurf nun dem Euro­päi­schen Gerichts­hof zur Über­prü­fung vor­ge­legt. Das ist der Erfolg von uns allen, die wir gegen Abkom­men und Geset­ze wie ACTA pro­tes­tie­ren, im Par­la­ment und auf der Stra­ße. Aber die­ser Erfolg darf uns nicht täu­schen: ACTA ist noch nicht tot! 

„Die digi­ta­le Revo­lu­ti­on geht auf die Stra­ße“ weiterlesen