Imperfekt Nr. I

Merry lettuce snails IV

In den letz­ten Tagen dach­te ich mehr­mals: Dazu soll­te ich jetzt aber was blog­gen. Und hab’s dann doch beim Tweet belas­sen. Und jetzt gera­de konn­te ich mich nicht ent­schei­den, was einen gan­zen Blog­ein­trag Wert wäre und was nicht. Also, viel­leicht mal was Neu­es aus­pro­bie­ren – mei­ne Tweets der letz­ten Tage durch­fors­tend das eine oder ande­re noch­mal her­vor­he­ben und kom­men­tie­ren. Gedacht als Expe­ri­ment mit even­tu­el­ler Fortsetzungschance.

In die­ser Aus­ga­be: Urhe­ber­rechts­fach­ta­gung, Län­der­rat, die neue alte Medi­en­wir­kungs­de­bat­te (D‑Demenz), Bio­le­bens­mit­tel, Sci­ence-Fic­tion-Fil­me als Opern, feh­len­de Apps für Kin­der, die Arbeits­zei­ten von Wis­sen­schaft­le­rIn­nen, grü­ne Strö­mun­gen im Netz, die Zukunft mei­nes Zei­tungs­abos, links-femi­nis­ti­sche Bezie­hun­gen und die Grü­ne Jugend.

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Kurz: Eine Frage des Wahlverfahrens

Dass es jetzt die Urwahl geben soll, fin­de ich mutig und rich­tig, und wer­de selbst­ver­ständ­lich auf dem Län­der­rat am 2.9. dafür stim­men soll. Inzwi­schen liegt auch der ent­spre­chen­de Antrag des Bun­des­vor­stands vor.

Mei­ne ers­te Reak­ti­on war, dass ich in plau­si­bel fin­de. Der Antrag sagt: 

Im Urwahl­brief soll fol­gen­de Fra­ge beant­wor­tet werden:

„Wel­che zwei Per­so­nen aus der fol­gen­den Lis­te sol­len Spit­zen­kan­di­da­tIn­nen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Bun­des­tags­wahl 2013 sein?

X (hier fol­gen nach Geschlecht und alpha­be­tisch geord­net die bis zum Bewer­bungs­schluss ein­ge­gan­ge­nen BewerberInnen)

Jedes Mit­glied kann bis zu zwei Stim­men ver­ge­ben, wobei nicht zwei Stim­men auf zwei männ­li­che Bewer­ber ent­fal­len dür­fen und nicht bei­de Stim­men auf eine Per­son ver­eint wer­den dür­fen. Alter­na­tiv kann ins­ge­samt mit Nein oder Ent­hal­tung gestimmt werden.*“ 

Auf Face­book bin ich jetzt zurecht dar­auf auf­merk­sam gemacht wor­den, dass das Ver­fah­ren so nicht ganz ein­fach ist. Ers­tens, weil damit gewählt ist, wer die rela­ti­ve Mehr­heit hat (das kann dann im Zwei­fel eine Per­son sein, die 70% nicht gut fin­den), und zwei­tens, weil es Grenz­fäl­le gibt, in denen die Ein­hal­tung des grü­nen Frau­en­sta­tus (bei zwei glei­chen Plät­zen: min­des­tens eine Frau) nicht gesi­chert ist.

Des­we­gen hier der Auf­ruf: Wer einen Vor­schlag dafür hat, wie das bes­ser geht, darf den ger­ne hier pos­ten. Wenn er mich über­zeugt und fol­gen­den Rand­be­din­gun­gen ent­spricht, brin­ge ich in auf den Län­der­rat als Ände­rungs­an­trag ein.

Rand­be­din­gun­gen:

  1. Ziel ist die Wahl von zwei Spit­zen­kan­di­da­tIn­nen aus einer belie­bi­gen Zahl an Frau­en und Männern
  2. Der Wahl­vor­schlag muss nach­voll­zieh­bar sein, der grü­nen Sat­zung ent­spre­chen und im Text als Ände­rungs­an­trag ver­wend­bar sein
  3. Er soll nur einen Wahl­gang erfordern.
  4. Er soll es ermög­li­chen, dass als Wahl­er­geb­nis eine Frau und ein Mann oder zwei Frau­en her­aus­kom­men, aber nicht zwei Män­ner (Min­dest­quo­tie­rung).
  5. Er muss den Wil­len der Wäh­le­rIn­nenPar­tei­ba­sis bes­ser reprä­sen­tie­ren als der Vor­schlag des Bun­des­vor­stands (d.h. appr­oval voting oder ähn­li­che demo­kra­tie­theo­re­tisch „bes­se­re“ Ver­fah­ren umsetzen).

Ich bin gespannt.

Spitze und Breite

BDK: Renate Künast makes the difference

Jetzt heißt es, für den Wahl­er­folg in Baden-Würt­tem­berg sei es ganz wich­tig gewe­sen, dass wir mit Win­fried Kret­sch­mann genau einen Spit­zen­kan­di­da­ten gehabt hat­ten (und ein Team aus drei wei­te­ren Men­schen, aber das ist schnell ver­ges­sen – der jet­zi­gen Vor­sit­zen­den des Sozi­al­aus­schus­ses im Land­tag, Bärbl Mie­lich, der Staats­se­kre­tä­rin im Ver­kehrs­mi­nis­te­rin, Gise­la Splett, und dem stell­ver­tre­ten­den Frak­ti­ons­vor­sit­zen­den, Andre­as Schwarz). Vor der Wahl gab es in der Lan­des­par­tei hef­ti­ge Aus­ein­an­der­set­zun­gen dar­um, ob es nicht bes­ser wäre, ein Zwei­er­team vor­ne hin zu stel­len. Das hät­te der heu­ti­ge Minis­ter­prä­si­dent nicht mit­ge­macht. Und viel­leicht war es ja wirk­lich sei­ne Per­sön­lich­keit, die das ent­schei­den­de Quänt­chen für den Wahl­er­folg aus­ge­macht hat. Wer weiß. 

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Drei Komponenten grüner Hochschul- und Forschungspolitik

Concrete meets light

Seit eini­gen Jah­ren beschäf­ti­ge ich mich ehren­amt­lich und inzwi­schen auch beruf­lich mit grü­ner Hoch­schul- und For­schungs­po­li­tik. Hoch­schul- und For­schungs­po­li­tik ist dabei eines die­ser mit­tel­gro­ßen Poli­tik­fel­der, das oft als weni­ger wich­tig ange­se­hen wird. Wer etwas auf sich hält, macht Außen­po­li­tik, oder Wirt­schafts­po­li­tik, oder doch zumin­dest Innen­po­li­tik. Oder eben Öko­lo­gie. Aber Hoch­schul­po­li­tik? For­schungs­po­li­tik gar? Was soll denn dar­an grün sein?

Das jeden­falls ist eine Hal­tung, die einem manch­mal ent­ge­gen­schlägt, bei ent­spre­chen­den Anträ­gen, auf der Suche nach Zeit­fens­ter oder Res­sour­cen in der Par­tei. Hoch­schu­le? Klar sind Stu­die­ren­de eine wich­ti­ge Wäh­le­rIn­nen-Grup­pe, aber die zwei Mil­lio­nen allei­ne machen den Kohl auch nicht fett. Und der Mit­tel­bau wählt uns doch sowie­so wegen der gro­ßen Poli­tik­fel­der. So oder ähn­lich wird dann ger­ne mal argumentiert.

Und dann bleibt es zunächst ein­mal eine offe­ne Fra­ge, ob es den tat­säch­lich sowas wie eine grü­ne Hoch­schul- oder For­schungs­po­li­tik sui gene­ris gibt. Oder ob es sich dabei nicht ein­fach um eine Mischung aus den gera­de übli­chen Mode­trends und All­ge­mein­plät­zen und aus Kli­en­tel­po­li­tik für Stu­die­ren­de bzw. Aka­de­mi­ke­rIn­nen han­delt. Oder um ein doch stark tech­no­kra­ti­sches Feld, in dem Poli­tik eigent­lich gar nicht stattfindet.

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Machtblindheit, oder: ist Law Code?

Petrikirche interior I

I. Deutungshoheit und die Wirkung von Texten

Das eine ist die unglaub­li­che Nai­vi­tät, mit der man­che Men­schen an Posi­ti­ons­pa­pie­re, Sat­zun­gen und Geset­ze her­an­tre­ten. Viel­leicht schlägt da bei mir der Sozio­lo­ge durch, aber wer glaubt, dass ein Text, nur weil in die­sem Text etwas steht, allei­ne Wir­kung ent­fal­tet, lei­det aus mei­ner Sicht an einer Wahr­neh­mungs­stö­rung. Eine Wahr­neh­mungs­stö­rung, die sich viel­leicht am tref­fends­ten als „Macht­blind­heit“ bezeich­nen lässt.

Macht­blind­heit meint hier nicht, blind vor Macht zu sein, son­dern nicht zu sehen, dass jeder Text deu­tungs- und inter­pre­ta­ti­ons­of­fen ist. Dass jeder zu einem Werk­zeug in einem Akteurs­netz­werk gemacht wer­den kann, um bestimm­te Zie­le zu errei­chen und ande­re Zie­le zu verhindern. 

Die Deu­tungs­mög­lich­kei­ten sind dabei nicht belie­big, aber sie sind sehr viel grö­ßer, als vie­le sich das vor­stel­len. Wer sich letzt­lich mit sei­ner Deu­tung durch­setzt, hat etwas mit dis­kur­si­ver Hege­mo­nie zu tun, aber eben auch damit, wer am sprich­wört­li­chen län­ge­ren Hebel sitzt.

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