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Leserbrief zu Studiengebühren, taz
Eine gewisse Weltfremdheit
betr.: „Studiengebühr mit Geburtsfehler“, taz vom 28. 1. 05
Wissenschaftsminister sind irgendwie seltsam. Beim baden- württembergischen Minister Peter Frankenberg ist ja schon länger bekannt, dass die Uni seiner Träume ein straff geführtes BWL-Unternehmen ist. Und auch Thomas Goppel (CSU) aus Bayern äußert sich jetzt ja zum BVerfG-Urteil. Und zeigt eine gewisse Weltfremdheit, wenn er – im Radio – davon spricht, dass Studierende ja nur auf eine Anschaffung für 100 Euro im Monat verzichten müssten, um 500 Euro Gebühren zu zahlen (ich kenne nur sehr, sehr wenig Studierende, die sich jeden Monat mal eben so etwas für 100 Euro kaufen). Oder wenn er, wie im taz-Leitartikel zitiert, in zahlenden Studierenden jetzt auf einmal „Aktionäre“ sieht. Andere nutzen die auch schon ziemlich schiefe KundInnen-Metapher, aber dass jemand durch Zahlungen für eine „Dienstleistung“ zum Aktionär wird, war mir bisher nicht bekannt. Und das mit dem Einfluss der KleinaktionärInnen ist, nebenbei gesagt, auch so eine Sache. Aber Goppel bringt mich auf eine Idee: Wo bleibt die – auch breit von der damit erfahrenen taz unterstützte – Genossenschafts-Universität?
T. WESTERMAYER, Freiburg
Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor. Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.
taz Nr. 7579 vom 1.2.2005, Seite 12, 46 Zeilen (LeserInnenbrief)
[http://www.taz.de/pt/2005/02/01/a0203.nf/text]
Öko-PISA, oder: vom Norden lernen
Laut http://www.spiegel.de/wissenschaft/erde/0,1518,338978,00.html liegt Deutschland nur auf Platz 31 in einem globalen Umweltpolitikranking der Yale-University. Dass die USA noch schlechter sind (45), war zu erwarten. Und wer liegt an der Spitze: Finnland, Norwegen, Uruguay!, Schweden, Island und Kanada. Fazit: Wie wär’s mal mit einer Nordländer-Reise des Bundeskanzlers und der MinisterpräsidentInnen?
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Bundesverfassungsgerichtsentscheidung zu Studiengebühren
Leider haben die RealpolitikerInnen und die PessimistInnen recht behalten: das Bundesverfassungsgericht hat sich zwar „sachlich“ nicht in die Studiengebührendebatte eingemischt, aber zeigte sich in einer überaus schwachen Argumentation von den vorgelegten Prognosen und sozialwissenschaftlichen Erhebungen nicht im mindesten beeindruckt – und ist vielmehr konsequent den schon mit den vorhergehenden Urteilen u.a. zur Juniorprofessur weitergegangen: der Bund hat im Hochschulbereich nur eine ganz, ganz kleine Kompetenz. Das heißt nicht nur, dass jetzt der Weg für Studiengebühren der Länder frei ist und eine bundesweite vernünftige Lösung (wie ich sie z.B. in einer generationengerechten AkademikerInnensteuer sehen würde) nicht mehr möglich ist, und es heißt auch nicht nur, dass quasi nebenbei die Pflicht zur verfassten Studierendenschaft wieder gekippt wurde (u.a. mit der Begründung, dass sich da ja in der mündlichen Verhandlung eh niemand für stark gemacht hat, und dass die Hochschulen in Baden-Württemberg und Bayern ja auch so wunderbar funktionieren). Das Urteil bedeutet vor allem: der Weg ist frei für Hochschulkleinstaaterei jeder Sorte; so gut wie jeder Versuch bundesweit einheitlicher Hochschulpolitik ist damit zum Scheitern verurteilt. Egal, was von Seltsamkeiten wie der Befristungsregelung, dem sehr löchrigen Studiengebührenverbot, der BA/MA-Pflicht oder der nur sehr zögerlich angegangenen Novelle des Bafög zu halten ist: jetzt ist davon nichts mehr sicher. Es ist zu vermuten, dass nach der weitgehenden Einschränkung der Bundeskompetenz in Bezug auf das Hochschulrahmengesetz der Bund auch beim Bafög nachziehen wird und versuchen wird, daraus so schnell wie möglich eine Länderangelegenheit zu machen – nur zahlen ohne Gestaltungsmöglichkeit ist jedenfalls nicht das, was sich eine Bundesregierung erhofft.
Mit dieser BVerfG-Entscheidung hat die Hochschulpolitik in Deutschland also einen doppelt schwarzen Tag erlebt: die seit der Abschaffung der Hörergelder andauernde Ära einer weitgehenden Studiengebührenfreiheit wird in Kürze in vielen Bundesländern enden (ohne ein vernünftiges Modell zu finden), und zugleich hat sich die letzte Föderalismusreform endgültig als deutlicher Schritt weg vom Bundesstaat erwiesen.
Wie geht es weiter? Grüne und SPD würden gut daran tun, sich deutlich von der FDP/CDU-Position abzugrenzen und so einen Kanal auch für den zu erwartenden – offenen oder stillen – Protest der Studierenden zu bilden. Das heißt aber auch, dass SPD-Ländern jetzt nicht den CDU-Modellen nachziehen dürfen, dass „Studienkonten“ als versteckte Gebühren, wie sie in NRW geplant sind, noch einmal überdacht werden müssen, und dass ein politische Position gegen Gebühren für Bildung von diesen Parteien auch offensiv vertreten werden muss. Schließen sich unter dem Druck der neoliberalen Sachzwänge alle Parteien in dieser oder jener Form jetzt der Einführung von Gebühren an, wird das kurzfristig zu einer Generation politisch resignierender Studierender führen – und längerfristig möglicherweise zum Substrat einer sehr grundsätzlichen Protestbewegung.