Könnte jemand ein Gesetz erlassen, das Koalitionsaussagen vor der Wahl verbietet?
Oder um mal kurz die Ausschlüsse aufzulisten:
- Die CDU will mit der FDP, schließt eine Koalition mit den Grünen aus und würde wohl auch mit der SPD koalieren
- Die SPD will mit den Grünen, evtl. mit der LINKEN, evtl. mit der FDP, evtl. wohl auch mit der CDU
- Die Grünen wären – wenn die Inhalte passen – bereit, solange es nicht Jamaika ist, oder eine Tolerierung durch die LINKE
- Die FDP will wohl mit der CDU (pdf). Andere Optionen? Zumindest aus dem Saarland wird zur Ampel geraten (oder kommt noch der Westerwelle-Coup kurz vor der Wahl, sich doch wieder nur auf schwarz-gelb festzulegen?)
- Die LINKE macht keine klaren Aussagen, will aber einen Politikwechsel und verweist auf Hessen. Sprich, rot-rot und rot-rot-grün sind nicht ausgeschlossen.
Unter Strich bleiben damit (neben Alleinregierungen …) die Optionen CDU-FDP, CDU-SPD, SPD-Grüne, SPD-LINKE, SPD-Grüne-LINKE und ganz evtl. SPD-Grüne-FDP
Wie sieht’s rechnerisch aus? Nach der neusten Umfragen (emnid, 24.03.2010) liegen die Parteien bei CDU (38%), SPD (32%), Grüne (11%), FDP (8%) und LINKE (7%). Ohne mir jetzt das Wahlrecht genauer anzuschauen, hieße das für die genannten Optionen derzeit:
- CDU-FDP: 46%
- CDU-SPD: 70%
- SPD-Grüne: 43%
- SPD-LINKE: 39%
- SPD-Grüne-LINKE: 50%
- (SPD-Grüne-FDP: 51%)
Kann sich aber natürlich bis zum Wahltag im Mai noch ändern. So sieht das für mich unangenehm nach einer großen Koalition aus. Die SPD muss also nur drum kämpfen, dass CDU und FDP zusammen keine Mehrheit bekommen (wenn die oben dargestellten Ausschlüsse stimmen). Wer die große Koalition verhindern will, und gleichzeitig eine Alternative zu schwarz-gelb in NRW haben will, muss dagegen die Grünen stärken, und die LINKE und/oder die FDP davon überzeugen, dass eine Regierungsbeteiligung zusammen mit SPD und Grünen sinnvoll sein könnte.
Warum blogge ich das? Weil ich die Diskrepanz zwischen den tatsächlichen Möglichkeiten und den medial hochgejazzten Optionen interessant finde.
Update (28.03.2010): Einige Kommentatoren haben ja schon angemerkt, dass sie Rüttgers nicht glauben, dass er schwarz-grün tatsächlich nicht machen würde. Auf der anderen Seite wurde von Sigmar Gabriel rot-rot-grün ausgeschlossen. Ampel, schwarz-grün oder große Koalition? Oder doch Wahlergebnisse, bei denen manche große Augen machen, wie Gregory das vermutet?
Update 2 (04.05.2010): Die FDP hat inzwischen erklärt, dass sie nie, auf keinen Fall und überhaupt nicht mit Grünen und / oder SPD koalieren will. Ein Dreierbündnis mit der Linken halte ich für unwahrscheinlich. Nach den aktuellen Umfragen haben weder Schwarz-gelb noch Rot-grün eine Mehrheit. Und Schwarz-grün auch nicht. Das kann sich noch ändern, klar. Aber bisher scheint mir in NRW alles auf eine große Koalition hinauszulaufen. Zu verhindern nur mit starken Grünen!
Update 3 (05.05.2010): Apropos Schwarz-grün: Arndt Klocke macht nochmal klar, dass die Hürden dafür extrem hoch hängen:
«Es gehört zu unseren klaren Wahlzielen, dass Jürgen Rüttgers nach dem 9. Mai nicht länger Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen ist», sagte Grünen-Landeschef Arndt Klocke der «Rheinischen Post» (Donnerstag). «Eine Koalition mit Jürgen Rüttgers an der Spitze ist für uns Grüne nur sehr schwer vorstellbar.»
Anders gesagt: eigentlich geht es in NRW jetzt um eine klassische Richtungswahl: Rot-grün oder Schwarz-gelb. Und jede Stimme für die CDU, die FDP – aber eben auch für die LINKE und die PIRATEN – macht es wahrscheinlicher, dass es zu Schwarz-gelb kommt (oder zur ungeliebten Notlösung „große Koalition“). Also: am Sonntag grün wählen für den Wechsel in NRW!
Hallo,
ich halte auch nicht viel von Koalitionssaussagen vor der Wahl. Führt zu oft zu großen Koalitionen oder gebrochenen Versprechen (s.Hessen). Ich will hier keine Schwarz-Grün-Diskussion aufmachen, aber:
Rüttgers Aussage „Ich möchte nicht mit den Grünen koalieren“, die beim Spiegel (oder wahrscheinlicher bei der dpa) dann zur Überschrift „Rüttgers erteilt Schwarz-Grün klare Absage“ wurde, würde ich aber aber eben nicht als eine „klare Absage“ sehen. Ich hab leider nicht die komlette Rede von ihm gefunden, aber das was ich gesehen habe, ist keine 100% eindeutige Aussage wie damals bei Ypsilanti. Auf ein „möchte“ kann man Rüttgers nach der Wahl nicht festnageln. Deshalb würde ich Schwarz-Grün nicht als „ausgeschlossen“ betrachten.
Den Ausschluß von Schwarz-Grün seitens der Rüttgers muß man mE keine Revelanz zuschreiben. Die CDU wird im Zweifelsfall die gleiche Argumentation wie bei großen Koalitionen bringen: Daß man zwar nicht möchte, aber aus Gründen der Staatsraison eben doch muss.
Die Beschreibung ist insofern falsch, als die Grünen zwar Rot-Grün bevorzugen und Schwarz-Grün als Möglichkeit sehen. Für Rot-Grün-Rot (grüne Nomenklatur, nur der politische Gegner nennt es anders), wird wie es die Grünen in Hessen auch gerne gesehen hätten, eine Regierungsbeteiligung der LINKEN zwingend gefordert. Nur wenn die dunkelroten bereit sind, einen Frontmann|frau in der Öffentlichkeit zu verschleißen, wollen die NRW-Landesgrünen ihr Okay geben. Eine Duldung wird abgelehnt, nicht ganz so konsequent wie Jamaika, aber deutlich genug.
In der Liste fehlt
CDU-Grüne: 49%
Darauf sind einige ganz heiß, denn die (NRW)-CDU gilt anders als die SPD als zuverlässiger Bündnispartner. Neben Basta-Kanzler Schröder haben auch Rau, Clement und Steinbrück mehrere Entscheidungen gegen SPD-Parteitagsbeschlüsse getroffen, nur um die Grünen zu brüskieren. Die Genugtuung der Genossen, es dem Juniorpartner mal so richtig gezeigt zu haben, war wichtiger als politische Inhalte. Das haben einige noch nicht vergessen.
Finde ich ja interessant, dass Rüttgers Wort so wenig gilt …
Die Optionen müssten dann also um schwarz-grün mit 49% ergänzt werden, wie hier und auch auf Twitter einige festgestellt haben. Ob da wirklich so viele ganz heiß drauf sind – oder ist’s nicht doch eher der Journalismus des „wir hätten gerne mal was neues“?
@mdarge: Die Bezeichnung rot-grün-rot ist natürlich richtig; ich ändere das oben jetzt aber nicht extra. Dass eine Duldung abgelehnt wird, ist mir bekannt (deswegen frage ich mich ja auch, wie die LINKE in NRW das sieht …).
die grünen werden bei dieser wahl noch große augen machen…
@Gregor: Warum genau? Weil die Umfragen mal wieder besser als das Ergebnis sein werden? Oder wird es sozialistische Wahlergebnisse für die LINKE geben?
Rüttgers Wort gilt schon etwas, nur sollte es richtig gedeutet werden. Es ist das Pfeifen im Walde. Er will seine Koalition gesund-beten, dazu ist er von Berlin verpflichtet worden.
Wie die Linke das sieht, spielt keine Rolle. Wenn sie sich weigern, sich mit einem Posten in der Landesregierung zu beteiligen, wird die Dreier-Koalition eben zerbrechen – sollte überhaupt zustande kommen. Die Linke muss endlich aus dem Quark kommen. In Hessen haben sie Absprachen mit der SPD-Spitze versäumt oder vergeigt. In Hamburg hatte die Linke DKP-Leute in der Liste. Im Saarland hat ein falscher Satz von Oskar Lafontaine die Endscheidung gegen Rot-Grün-Rot besiegelt. In Thüringen 2009 war es die Frage nach dem Ministerpräsidenten, die dieses Bündnis verhinderte. Von Wahl zu Wahl gibt es neue Gründe, warum die Linke am liebsten beleidigte Leberwurst spielt. Falls es in NRW wieder nicht klappt, wird die Linke Wähler an die SPD zurückgeben und dauerhaft im Westen Marginalie bleiben. Leider gibt es selbst-zerstörerische Kräfte, die die Partei lieber gegen die Wand fahren, als sich um das Wohl des Landes zu kümmern.
In Thüringen ist es ganz klar an der SPD gescheitert, da sind sich Grüne und Linke einig. Aber 4 Minister in der Verhandlungsgruppe waren einfach zu leicht…
Heute hat Kraft dann noch r‑g-r ausgeschlossen. Mal schauen, ob das reicht, um den Einzug der Linkspartei zu verhindern – oder ob nachher, bei Einzug der Linkspartei, schwarz-rot oder das von Rüttgers halb ausgeschlossene schwarz-grün die einzigen nicht mit „Lüge“-Rufen verbundenen Alternativen sind.
So ein Blödsinn. Seit Jahren hat sich gezeigt, dass Ankündigungen der SPD, jede Koalition mit der Linken auszuschließen, den Linken ZUSÄTZLICHE Stimmen verschafft hat. Eigentlich hatten sich die Dunkelroten durch ihre internen Querelen selbst aus dem Rennen geworfen, jetzt hat Kraftilani sie wieder ins Rennen gebracht. Auch wenn Zweidrittel der gemeinen SPD-Wähler die Linke aus tiefste ablehnt, werden diejenigen, die von der SPD-Sozialpolitik enttäuscht sind, erst recht Linke wählen – oder enttäuscht zuhause bleiben.
In die gleiche Richtung geht die Nominierung von Guntram Schneider. Dieser Verräter von DGB sorgt seit Jahren für niedrige Lohnabschlüsse und schwindende Mitgliedszahlen bei den Gewerkschaften. Nicht zuletzt ist seine Nominierung ein weiterer Tritt gegen das Schienbein der Grünen und ein versteckter Fingerweis für die Große Koalition.
Wenn ich mir die aktuellen Umfragen so anschaue, halte ich eine große Koalition auch für wahrscheinlich – aber ganz und gar nicht für wünschenswert. Ich drücke den KollegInnen in NRW deswegen die Daumen, dass bis zum Wochenende noch ein paar grüne Stimmen dazukommen, und es für rot-grün reicht. (Siehe auch Update 2 oben im Beitrag)