Die grün-nahe Heinrich-Böll-Stiftung veranstaltet am 9. Oktober eine durchaus spannende Tagung zur Netzpolitik – mit einer Menge geladener Redner und Referenten und Slots, um Beiträge aus der „community“ aufzunehmen. Klingt erstmal spannend. Bis … Moment: Redner und Referenten? Anne Roth weist darauf hin, dass …
Yo, die Böll-Stiftung lädt zur gänzlich frauenfreien Netzpolitikveranstaltung, Bingo! http://bit.ly/aLV1t5
Und sie hat wohl recht. Was ich schade finde, weil ich die Böll-Stiftung bisher – als Stipendiat, aber auch als Mitorganisator von Veranstaltungen – als eine Organisation erlebt habe, die Gender und Diversity einen extrem hohen Stellenwert einräumt. Das spiegelt sich zum Beispiel im Leitbild der Böll-Stiftung wider, und hat – so habe ich das jedenfalls bisher erlebt – auch bei netzpolitischen Veranstaltungen in der Vergangenheit dazu geführt, dass eben auch nach Rednerinnen und Referentinnen gesucht wurde – zumeist mit Erfolg. Auch das hat nicht unbedingt zu einer ausgewogenen Verteilung geführt (und wenn nur eine einzelne Person etwas vorträgt, kann das dann eben auch mal ein Mann sein) – aber eine Veranstaltung mit einem nummerischen Geschlechterverhältnis von 21:0 wirft dann doch ein schlechtes Licht darauf, wie dieses Leitbild gelebt wird. Und weil ich weiss, dass die Böll-Stiftung es besser kann, ärgert mich das umso mehr.
Bei der Petra-Kelly-Stiftung in Nürnberg gehts eine Woche später ums Web 2.0, da ist auch nur eine Frau unter neun Referenten. Themen sind unter anderem „Partizipations- und Emanzipationsprozesse“, hm.
http://www.petrakellystiftung.de/programm/veranstaltungen.html
also aktuell sind 2 frauen dabei. vllt. haben nur noch nicht alle angefragten zugesagt?
Ganz so stimmt das nicht! Laut Einladung ist da u.a. Dr. Iris Henseler-Unger, Vizepräsidentin Bundesnetzagentur auf dem Podium und ein, zwei weitere Frauen habe ich da auch noch entdeckt. Aber sicher sind sie in der Minderheit (ich vermute mal, dass es bei den TeilnehmerInnen ähnlich aussehen wird). Ist Netzpolitik also eine Männerdomäne? Es gibt ja auch kaum Piratinnen, oder!?
@Holger & Anonymus: In der Tat – während gestern noch keine Frau dabei war, sind jetzt (Stand 20:55) immerhin drei Frauen bei 25 oder so dabei. Ob das daran liegt, dass darüber im Netz diskutiert wurde, ob es internen Druck gab, oder ob da einfach jemand mit einem sehr unfertigen Programm (es gäbe ja sonst auch die Möglichkeit eines „XYZ angefragt“) an die Öffentlichkeit gegangen ist, weiss ich nicht. Fakt ist jedenfalls: Frauen sind bei dieser Tagung erstmal massiv in der Minderheit – was den Eindruck, dass Netzpolitik eine Männerdomäne ist, verstärkt, statt daran etwas zu ändern. Damit bleibe ich dabei, dass die Böll-Stiftung hier den Auftrag ihres ureigenen Leitbildes verfehlt.
Dass es keine geeigneten Referentinnen gibt, bezweifle ich – mir fallen auf Anhieb ein halbes Dutzend Wissenschaftlerinnen ein, die zu netzpolitischen Themen arbeiten, und dann gibt es (neben einigen durchaus sichtbaren Netzpolitikerinenn) immer auch noch eine ganze Reihe Netzpolitikerinnen, die sich selbst nicht als solche sehen, sondern der Ansicht sind, Medienpolitik, Bürgerrechtspolitik oder Infrastrukturpolitik zu betreiben – faktisch damit aber ganz nah dran an netzpolitischen Themen sind.
Schlechte Sitten der Piraten müssen nicht übernommen werden ;-)
P.S.: Ich habe vor einigen Stunden die Einladung per Mail gekriegt – und im Mailtext sind ebenfalls nur Männer aufgeführt.
Ich hatte ja in weiser Voraussicht ein Bildschirmfoto erstellt:
http://rotstehtunsgut.de/2010/09/28/21-manner-keine-frau-echt-grun/
Tja.