Heute tagte der Lenkungskreis Stuttgart 21. Noch vor Ende der Sitzung eilte die Schlagzeile „Grün-rot will S21 weiterbauen“ über die Ticker bzw. Twitter. Das ist allerdings ziemlich irreführend. So weit ich das aus den verschiedenen Presseberichten etc. rekonstruieren kann, hat die grün-rote Landesregierung bei dieser Sitzung darauf verzichtet, einen förmlichen Antrag auf Baustopp zu stellen (weil das bedeuten würde, dass so ungefähr 50 Mio. Euro Kosten pro Monat Baustopp auf das Land zukommen – zum Vergleich: einmal Studiengebühren abschaffen kostet jährlich so ungefähr 150 bis 200 Mio. Euro). Das war das „Kompromissangebot“ der Bahn. Begründet wurde der Verzicht auf einen förmlichen Antrag seitens der Landesregierung nicht zuletzt damit, dass die den Zahlen der Bahn zugrundeliegenden Daten unklar sind und keine Grundlage für einen Kabinettsentscheid oder gar einen Landtagsbeschluss darstellen können.
Ein Verzicht auf einen förmlichen Antrag auf Baustopp ist aber nun kein grünes Licht für den Weiterbau. Auch wenn einige Medien jetzt genau das signalisieren. Rechtlich kann die Bahn die Bauarbeiten fortführen. Das Protestrisiko und auch das Risiko, auf Kosten sitzen zu bleiben, wenn S21 doch noch gestoppt wird (wg. Stresstest, wg. Überschreitung des Kostenrahmens, wg. Volksabstimmung) liegt bei der Bahn. Entsprechend sinnvoll ist es, dass Verkehrsminister Winne Hermann nicht auf die Erpressung (Baustopp gegen Entschädigung) eingegangen ist, aber Presseberichten zufolge klar signalisiert hat, dass das Land einen Weiterbau zwar nicht stoppt, aber eben auch nicht gutheißt. Diese Position wurde auch von vielen S21-GegnerInnen begrüßt.
Ein interessanter Aspekt dabei ist, wie zwischen 10 und 12 Uhr dann aus „Grün-rot will S21 weiterbauen“ ein „S21 kann zunächst weitergebaut werden“ und schließlich ein „Bahn will weiterbauen“ wurde. Mal schauen, was die Spinmaschinen (inkl. des Netzes) da bis morgen draus gemacht haben. Dabei interessant auch zu beobachten, wie welche Parteien (hallo LINKE, hallo Piraten!) jetzt in Windeseile angebliche „Wahllügen“ aus der Tasche ziehen. Ohne den Eindruck zu erwecken, zu verstehen, was da gerade entschieden wurde. Und warum.