Nachdenken über Parteien, Teil II

Auftrag: grün 16

Eigent­lich woll­te ich im zwei­ten Teil mei­nes „Nach­den­kens über Par­tei­en“ noch was zur Böll-Tagung letz­tes Wochen­en­de schrei­ben. Aus aktu­el­lem Anlass muss das aller­dings war­ten. Viel­mehr geht’s jetzt um … 

Splitter 2: … die nicht geführte Kursdebatte und ihre Folgen

In den letz­ten Tagen gab es ein paar Mal inner­par­tei­lich ziem­lich viel Auf­re­gung. Ein Anlass dafür war die Infor­ma­ti­on dar­über, dass der Vor­stands­vor­sit­zen­de von Daim­ler als Gast­red­ner zur dies­jäh­ri­gen Bun­des­de­le­gier­ten­kon­fe­renz (BDK) ein­ge­la­den ist. Mir erschien das halb­wegs plau­si­bel – schließ­lich ist eines der hei­ßen The­men der BDK der all­mäh­li­che Aus­stieg aus dem Ver­bren­nungs­mo­tor (unter dem Slo­gan: „Ret­tet die deut­sche Auto­in­dus­trie“). Und zu die­ser Debat­te auch mal zu hören, was Daim­ler sich so an Mobi­li­täts­zu­kunft vor­stellt, ist ja nun nicht ganz uninteressant. 

Dass es dabei bei ein­sei­ti­ger Pro­pa­gan­da blei­ben wür­de, erschien mir nicht als beson­ders plau­si­bel. Schließ­lich ken­ne ich unse­re Dele­gier­ten und weiß, dass die­se nicht ein­fach nur höf­lich klat­schen, son­dern sich durch­aus zu Wort mel­den. Und selbst ein pro­mi­nent ein­ge­flo­ge­ner Gast­red­ner mit knap­pem Zeit­bud­get wird nicht umhin­kom­men, ein biss­chen Kon­text und Wider­re­de mitzukriegen.

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Kurz: Wer wärmt das grüne Herz?

In vier Wochen ist grü­ner Bun­des­par­tei­tag in Ham­burg. Ich bin zwar Ersatz­de­le­gier­ter mei­nes Kreis­ver­ban­des und als BAG-Spre­cher könn­te ich auch ein­fach so hin­fah­ren, wer­de es aber (man­gels frei­er Novem­ber­wo­chen­en­den) höchst­wahr­schein­lich nicht tun. Und bin gar nicht so trau­rig dar­über. Einer­seits schon, weil’s halt auch immer eine Mög­lich­keit ist, einen nicht uner­heb­li­chen Teil der grü­nen Fami­lie zu sehen. Ande­rer­seits las­sen mich die Schwer­punk­te die­ser BDK selt­sam kalt. Dabei sind es eigent­lich wich­ti­ge The­men – die Frei­heits­de­bat­te, Ernäh­rung als Teil guten Lebens, Flücht­lings­po­li­tik, die „euro­päi­sche Frie­dens­ord­nung“ (was auch immer das sein mag). Aber ich habe zuneh­mend den Ein­druck (und nicht erst seit Wazi­ristan-Ver­glei­chen), dass das, was der Bun­des­par­tei­tag hier jeweils ent­schei­det, nicht wirk­lich eine Rol­le spie­len wird. Glü­hen­de Kon­tro­ver­sen sehen jeden­falls anders aus. Wirk­lich. Und Wah­len ste­hen auch kei­ne an, obwohl diver­se Pres­se­or­ga­ne so klin­gen, als sei das anders. Und ob die vor­lie­gen­de Tages­ord­nung dazu geeig­net ist, Feu­er zu ent­fa­chen und zumin­dest das grü­ne Herz zu wär­men und zu moti­vie­ren – ich weiß nicht. Inso­fern befürch­te ich, dass ich „Ham­burg“ gar nicht so sehr ver­mis­sen wer­de. Was scha­de ist.

Was auf der BDK mit dem Wahlprogrammentwurf passierte

Vor dem grü­nen Pro­gramm­par­tei­tag (BDK, kurz für Bun­des­de­le­gier­ten­kon­fe­renz) hat­te ich ein paar Visua­li­sie­run­gen zu den Ände­rungs­an­trä­gen zum Bun­des­tags­wahl­pro­gramm gepos­tet. Nach­dem inzwi­schen die von der BDK ver­än­der­ten Tex­te vor­lie­gen, ist es Zeit für eine klei­ne Bilanz der Par­tei­tags­ar­beit (bzw. der Antrags­kom­mis­si­ons­ar­beit) in drei Diagrammen:

Zunächst ein­mal fällt auf, dass der ver­ab­schie­de­te Beschluss fast ein­ein­halb mal so lang ist wie der Ent­wurf des Wahlprogramms. 

„Was auf der BDK mit dem Wahl­pro­gramm­ent­wurf pas­sier­te“ weiterlesen

Regieren nach Zahlen: Was auf der BDK 2013 ansteht (Update)

„Zeit für den grü­nen Wan­del“ – unter die­sem Mot­to steht der Antrag des Bun­des­vor­stands für das grü­ne Wahl­pro­gramm 2013. Der Antrag und alle etwa 2500 Ände­rungs­an­trä­ge sind hier abruf­bar. Wir sind also noch flei­ßi­ger gewe­sen als sonst und haben damit ver­mut­lich die Bun­des­ge­schäfts­stel­le an ihre abso­lu­ten Belas­tungs­gren­zen gebracht. Ab Frei­tag wird dann ent­schie­den, wie das end­gül­ti­ge Pro­gramm aus­sieht – und ob wir Him­bee­ren oder Erd­bee­ren als Bei­spiel für außer der Sai­son ange­bo­te­ne Früch­te bevorzugen.

Nach­dem jetzt alles auf dem Tisch liegt (bis auf die Antrags­über­sich­ten der Antrags­kom­mis­si­on, aus denen ersicht­lich ist, für wel­che Anträ­ge Über­nah­men emp­foh­len wer­den – aber die sol­len ab mor­gen kom­men), habe ich mir mal den Spaß gemacht, und Pro­gramm und Ände­rungs­an­trä­ge in Excel gekippt. Genau­er gesagt habe ich zwei Din­ge gezählt: die Zahl der Zei­len pro Kapi­tel, und die Zahl der Ände­rungs­an­trä­ge pro Kapi­tel (hier die Daten dazu). Ers­te­re sind durch­num­me­riert, inso­fern war das rela­tiv ein­fach – bei letz­te­ren habe ich mich mög­li­cher­wei­se an der einen oder ande­ren Stel­le ver­zählt. Trotz­dem las­sen sich damit ein paar inter­es­san­te Aus­sa­gen dazu tref­fen, wo wir im Wahl­kampf Schwer­punk­te set­zen – und wo die Par­tei beson­ders dis­kus­si­ons­freu­dig ist.

Zunächst ein­mal zum Auf­bau des Pro­gramms. Der sieht, in Zah­len gefasst, so aus:

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Kurz: Wahlprogramm, Phase II

Am Frei­tag lief die Dead­line für Ände­rungs­an­trä­ge zum grü­nen Wahl­pro­gramm­ent­wurf für die Bun­des­tags­wahl aus. Etwa 2600 Anträ­ge wur­den ein­ge­reicht (soweit ich das sehe, ste­hen trotz Nacht­schicht der Bun­des­ge­schäfts­stel­le noch nicht alle online). Über die­se Anträ­ge wird in knapp drei Wochen auf der Bun­des­de­le­gier­ten­kon­fe­renz (BDK) in Ber­lin dis­ku­tiert und abge­stimmt – von Frei­tag­nach­mit­tag bis Sonn­tag­mit­tag. Danach haben wir dann das beschlos­se­ne Wahl­pro­gramm 2013.

Zwi­schen Antrags­schluss und BDK liegt Pha­se II der inner­par­tei­li­chen Debat­ten­schlacht ums Wahl­pro­gramm. Pha­se II fin­det an zwei Orten statt. In der Öffent­lich­keit wird mit zuneh­men­der Hef­tig­keit für (oder gegen) bestimm­te Posi­tio­nen gestrit­ten. Schließ­lich ent­schei­den die Par­tei­tags­de­le­gier­ten auch danach, was ihnen pres­se­öf­fent­lich als ver­nünf­tig dar­ge­legt wird.

Gleich­zei­tig tagt hin­ter den Kulis­sen die Antrags­kom­mis­si­on. Die­se hat die Auf­ga­be, mit Hil­fe von Ver­fah­rens­vor­schlä­gen die 2600 Ände­rungs­an­trä­ge behan­del­bar für den Par­tei­tag zu machen. Dies geschieht ins­be­son­de­re dadurch, dass redak­tio­nel­le und inhalt­lich unstrit­ti­ge Ände­run­gen in den Ver­fah­rens­vor­schlä­gen als (modi­fi­zier­te) Über­nah­men gekenn­zeich­net wer­den. Z.T. wird auch Nicht­be­fas­sung emp­foh­len. Übrig blei­ben mehr oder weni­ger kon­tro­ver­se Fra­gen, die die Dele­gier­ten dann zu ent­schei­den haben – sofern es nicht Don­ners­tag und Frei­tag vor der BDK noch zu Kom­pro­mis­sen zwi­schen Antrag­stel­le­rIn­nen und Antrags­kom­mis­si­on kommt.