Science Fiction und Fantasy im Juli 2025

August garden: micro biom - III

Erstaun­lich, was alles an Seri­en in den letz­ten Wochen raus­ge­kom­men ist! Na gut, eigent­lich vor allem die drit­te Staf­fel von Foun­da­ti­on (Apple TV), durch­wach­sen – irgend­wie klappt es nicht so gut, Jahr­tau­sen­de in weni­ge Per­so­nen zu packen, aber das war auch schon bei Asi­mov ein Pro­blem – und die lan­ge erwar­te­te drit­te Staf­fel von Star Trek: Stran­ge New Worlds (Para­mount+). Von den fünf Fol­gen, die ich bis­her gese­hen habe, fand ich zwei­ein­halb über­zeu­gend, die ande­ren waren nicht so meins – zu sehr Hor­ror­kli­schees, zu sehr das in der Dun­kel­heit der Dimen­sio­nen ver­bor­ge­ne jahr­tau­send­al­te abso­lu­te Böse. Und ob die Idee, in jeder Fol­ge ein Gen­re zu imi­tie­ren (Hoch­zeits­ko­mö­die, Zom­bie, …) trägt? So ganz über­zeugt bin ich davon noch nicht. Inter­es­sant fand ich Fol­ge 4 – ohne all­zu­viel zu spoi­lern, wur­de es hier sehr meta­tex­tu­ell: eine klas­si­sche Mur­der-Mys­tery im Holo­deck im Rah­men einer Tech­n­obab­b­le-Geschich­te, und in der Mur­der Mys­tery im Stil der 1960er tauch­te dann eine Welt­raum­aben­teu­er­se­rie auf, die sehr an Star Trek: TOS (aus irgend­ei­nem Par­al­lel­uni­ver­sum) erin­ner­te. Wobei TOS ja nach SNW spielt. Was ins­ge­samt die Fra­ge auf­wirft: Gibt es Star Trek (die fik­ti­ve Geschich­te) in der Ver­gan­gen­heit des Star-Trek-Universums? 

Außer­dem habe ich die letz­te Doc­tor-Who-Staf­fel (Fünf­zehn­ter Dok­tor, 2. Staf­fel) ange­schaut und war dann doch sehr ange­tan davon. Ins­be­son­de­re „The Sto­ry & the Engi­ne“ fand ich in ganz ver­schie­de­ner Hin­sicht stark, auch als ein Stück Selbst­re­fle­xi­on über kolo­nia­le Aneig­nung, die Macht des Geschich­ten­er­zäh­lens etc. Und „Inter­stel­lar Song Con­test“ hat­te eben­falls etwas, wobei ich hier doch star­ke Par­al­le­len zu Cat Valen­tes Space Ope­ra gese­hen habe. Und dann noch ein Staf­fel­fi­na­le, bei dem mal wie­der alles auf dem Spiel steht. Auf­fäl­lig gewis­se Par­al­le­li­tä­ten zwi­schen SNW und die­se Doc­tor-Who-Staf­fel – „The Well“, aber eben auch die meta­tex­tu­el­le „The Sto­ry & the Engine“.

Schon lan­ge woll­te ich mal in Sever­ance (Apple TV) rein­schau­en – die ers­ten bei­den Fol­gen waren schon mal viel­ver­spre­chend, wenn auch ein wenig gewöh­nungs­be­dürf­tig. Lost für die 2020er Jahre?

Last but not least zwei Fil­me, jeweils als kleins­ter gemein­sa­mer Nen­ner zwi­schen mir und den Teen­agern: K‑Pop Demon Hun­ters (2025, Net­flix), ein Ani­me-Spiel­film über den seit Jahr­tau­sen­den durch Musik­grup­pen aus­ge­tra­ge­nen Kampf Gut gegen Böse mit ein paar uner­war­te­ten Ambi­va­len­zen und Zwi­schen­tö­nen, und Army of Thie­ves (2021, Net­flix), das wir als Heist-Movie über einen Bank­be­am­ten, der zum Pan­zer­kna­cker wird, und nicht als Zom­bie­film-Pre­quel gese­hen haben – inso­fern waren die ein­ge­blen­de­ten Nach­rich­ten­se­quen­zen über den Aus­bruch einer Zom­bie­pla­ge eher über­ra­schend, aber für die Hand­lung auch nicht wei­ter wich­tig. Der Heist-Teil war ein sehr deut­scher Film (Mat­thi­as Schweig­hö­fer), auch wenn auf eng­lisch gefilmt und ange­schaut. Gut gefal­len haben mir die gen­re­par­odie­ren­den Ele­men­te – so ganz ernst nimmt sich die­ser Film nicht.

Damit zu den Büchern. Whe­re the Axe Is Buried von Ray Nay­ler (2025) fand ich beein­dru­ckend. In der nahen Zukunft bekämp­fen sich die „Fede­ra­ti­on“ (die stark an Russ­land erin­nert, nur das der Prä­si­dent hier sein Bewusst­sein in immer neue Kör­per her­un­ter­lädt) und ein zer­fal­len­der Wes­ten; es geht um Flucht und Auf­stän­de, um Spio­na­ge und Gegen­spio­na­ge und das Leben in einer düs­te­ren, orwell-arti­gen Gesell­schaft, in der Social Scores den Hand­lungs­ra­di­us bestim­men. Inter­es­sant wird die­ses Buch dadurch, dass auf meh­re­ren Ebe­nen sozio­tech­ni­sche Fra­gen dis­ku­tiert wer­den: Ver­spricht es Frei­heit, wenn der Pre­mier­mi­nis­ter durch einen Chat­bot ersetzt wird – und was tun, wenn die Ent­schei­dun­gen nicht mehr nach­voll­zieh­bar sind? Ist Wider­stand in einer tech­nisch-tota­li­tä­ren Gesell­schaft über­haupt mög­lich? Wem kann über­haupt noch ver­traut wer­den, wenn jeder erpress­bar ist? Wie viel Tech­nik ist zu viel? Auch auf­grund der The­ma­tik kei­ne ganz ein­fa­che Lek­tü­re, aber auf jeden Fall eine Emp­feh­lung – und (nach vie­len Büchern, in denen AI und künst­li­che Agen­ten irgend­wie eine Rol­le spie­len) mei­nes Wis­sens nach das ers­te, das sich im Medi­um der SF kon­kret mit Lar­ge Lan­guage Models auseinandersetzt.

Unter­halt­sa­mer und in dem Sin­ne leich­te­re Lek­tü­re – obwohl zwi­schen den Zei­len auch ein biss­chen Tief­gang mit­schwimmt – die drei Bän­de A Mar­vell­ous Light (2021), A Rest­less Truth (2022) und A Power Unbound (2023) von Freya Mar­s­ke. In einem alter­na­ti­ven edwar­dia­ni­schen Eng­land ist Magie real, auch wenn die meis­ten Men­schen davon nichts wis­sen. Wir fol­gen den Geschwis­tern Robin und Maud Bly­th, die uner­war­tet mit der magi­schen Welt in Berüh­rung kom­men. Robin ist ein Baro­net, grö­ße­re Tei­le der Bücher spie­len auf Her­ren­häu­sern (und einem Oze­an­damp­fer) sowie mit den Intri­gen von Lords und Ladys. Zum Gück gibt es als Kon­tra­punkt Alan­zo Ros­si, der sich als Kind einer ita­lie­ni­schen Ein­wan­de­rer­fa­mi­lie recht und schlecht als Jour­na­list durch­schlägt, und so etwas wie einen Klas­sen­stand­punkt in die Geschich­te bringt. Neben einer durch­aus packen­den Geschich­te, die zu den Ursprün­gen der eng­li­schen Magie zurück­führt und im drit­ten Band in einem gro­ßen Fina­le mün­det, sind die Bücher que­e­re Roman­zen. Dass Ros­si neben­her Geld damit ver­dient, unter Pseud­onym schwu­le Por­no­gra­fie zu ver­fas­sen (sor­ry, Spoi­ler zu Band 2), passt auch inso­fern, als alle drei Bän­de immer mal wie­der kon­sen­sua­le, aber sehr expli­zi­te Sex-Sze­nen ent­hal­ten. Die aller­dings durch­aus dazu bei­tra­gen, die Bezie­hun­gen zwi­schen den fünf, sechs han­deln­den Cha­rak­tern und deren Ängs­te und – in die­ser Welt meist heim­li­chen – Begeh­ren ver­ständ­lich zu machen. 

Und dann noch­mal Eng­land und Magie – The Bright Sword (2024) von Lev Gross­man ist des­sen Aus­ein­an­der­set­zung mit der Artus-Saga. Die Haupt­per­son, Collum, kommt aus einer der äußers­ten Ecken des vor-angel­säch­si­schen Eng­lands an den hoch­mit­tel­al­ter­li­chen Hof in Came­lot – nur um zu erfah­ren, dass die Tafel­run­de in Auf­lö­sung befind­lich ist. Mit den weni­gen ver­blie­be­nen Rit­tern (und der Zau­be­rin Nimue), die Gross­man der Artus-Sage ent­nimmt, aber mit Hin­ter­grund­ge­schich­ten aus­schmückt und plau­si­bel macht, begibt Collum sich auf Ques­te, die hin und wie­der auch ins Feen­reich und an ande­re unwirk­li­che Orte führt. Gross­man erzählt das groß­ar­tig, gera­de durch die mino­ri­tä­re Per­spek­ti­ve, die mal nicht einen der klas­si­schen Hel­den in den Mit­tel­punkt stellt, und den Blick auf die Übrig­ge­blie­be­nen am Ende der Tafel­run­de. Lesens­wert auch das Nach­wort, in dem er deut­lich macht, dass die Ursprün­ge des Stoffs im 6. oder 7. Jahr­hun­dert lie­gen, ent­spre­chend vor der angel­säch­si­schen Inva­si­on, in einem nach­rö­mi­schen Bri­tan­ni­en, das von Kelt*innen besie­delt ist – die übli­chen Ver­sio­nen aber die Rit­ter in das höfi­sche Ritu­al des Hoch­mit­tel­al­ters ste­cken, und davon natür­lich auch nicht abge­wi­chen wer­den kann. Inso­fern spielt der Roman in einer so nie exis­tiert haben­den Traum­zeit – da sind dann auch Kür­bis­se in einem Gar­ten, die mich aus der Bahn gewor­fen haben, oder die eben­falls ana­chro­nis­ti­schen Blau­bee­ren ver­zeih­bar, über die Gross­man selbst im Nach­wort schreibt. Inter­es­sant fin­de ich die post-kolo­nia­len Bre­chun­gen – in der Per­spek­ti­ve des mus­li­mi­schen Rit­ters Sir Palo­mi­des, der von den Errun­gen­schaf­ten des isla­mi­schen Zivi­li­sa­ti­on schwärmt, aber auch dar­in, wie die Cha­rak­te­re des Buchs mit dem Ende der römi­schen Kolo­ni­sie­rung umgehen. 

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