Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer ist nicht nur altehrwürdig, sondern schuld daran, dass ich meiner Arbeit nicht so nachgehen kann, wie ich das eigentlich gerne würde. Und außerdem streikt sie ziemlich gerne, wenn der verlinkte Wikipedia-Eintrag stimmt. Dabei geht es allerdings, sofern ich diverse Presseberichte richtig verstehe, bei diesem Streik nicht nur um mehr Geld (ob das angemessen ist oder nicht, kann ich nicht beurteilen), sondern auch um die Frage, welche Gewerkschaft für welchen Teil des Bahnpersonals zuständig ist.
Außer der GDL (die im Beamtenbund organisiert ist) gibt es nämlich noch die im DGB organisierte Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). In der EVG sind rd. 200.000 Menschen Mitglied, in der GDL sind es laut Wikipedia um die 30.000. Wer wieviel Prozent des Personals in welchen Bereichen organisiert, ist dabei wohl arg umstritten – und die GDL spielt ihren faktisch längeren Hebel halt einfach mal aus. Die GDL selbst sagt, bei ihr seien 51% der Beschäftigten in den Eisenbahnverkehrsunternehmen der DB organisiert; im Konzernbetriebsrat hat dagegen die EVG das Sagen.
Als Verfilmung im Games-of-Thrones-Stil würde ich mir die Auseinandersetzungen zwischen GBL, EVG und Bahn ja gerne angucken – als vom Streik konkret Betroffener nervt es nur noch.
Dass die GDL aktuell streikt, angeblich, um das gesamte Zugpersonal der Bahn zu vertreten, hat jetzt also zur Folge, dass ich morgen in Freiburg sitzen bleibe. Nominell beginnt der Streik erst um 14 Uhr (was dazu geführt hätte, dass ich nach Stuttgart gekommen wäre, und dort versucht hätte, mit dem Fernbus aus Stuttgart zurück zu fahren). Faktisch hat die Bahn darauf aber mit einem Notfahrplan reagiert, „um möglichst viele Kunden ans Ziel zu bringen“. Konkret heißt das, dass morgen früh so gut wie kein Zug aus Freiburg losfährt. Habe ich zufälligerweise grade noch gesehen. Mit dem Fernbus – den es auch gibt – wäre ich erst deutlich nach 10 Uhr am Arbeitsplatz, und müsste auch früher wieder los, um noch zurück zu kommen. Bleibe ich also unfreiwillig im Home Office sitzen, verpasse einen Termin und sehe mir die Plenardebatte nur aus der Ferne an – Digitalisierung sei dank!
Ich finde das ziemlich ärgerlich, und bin da sicherlich nicht der einzige. Morgen und übermorgen ist Plenarsitzung, d.h. zum Beispiel, dass die ganzen Abgeordneten nach Stuttgart kommen müssen. Viele davon fahren normalerweise Zug – morgen wohl nicht.
Eine Bahn, die nur manchmal fährt (wg. Baustellen / Wetter / Streik, zutreffendes bitte unterstreichen), die nicht zuverlässig ist, ist kein gutes Signal für eine Verkehrswende. An der eine altehrwürdige Lokführergewerkschaft ja eigentlich ein Interesse haben müsste.
Statt dessen aber geht es mit Volldampf durch die Wand, auf dem Rücken derjenigen, die auf die Bahn angewiesen sind, und die jetzt irgendwie umplanen müssen. Da habe ich dann keine Lust, mich objektiv mit dem Streikrecht und seiner historischen Bedeutung auseinanderzusetzen.
Warum blogge ich das? Ärger rauslassen, sage ich mal. Nachdem schon der GDL-Warnstreik mich drei Stunden in Leipzig festsetzte (und auch dazu führte, dass ich einen Termin nicht wahrnehmen konnte), fehlt mir ein bisschen die Sympathie für den romantischen Arbeitskampf.
P.S.: Ja, es ist die Welt, und da ist sicherlich Meinung mit dabei, aber dieses Portrait des GDL-Chefs Weselsky passt gut zu dem, wie dieser Streik und diese Gewerkschaft sonst so rüberkommt.
P.P.S. (17.10.2014): Mal sehen, was die tarifrechtlichen Nebenfolgen davon sind, dass die GDL statt zu verhandeln schon wieder streikt – diesmal ein komplettes Wochenende lang, das zudem in vielen Bundesländern den Beginn bzw. das Ende der Herbstferien markiert.
Ich finde es überhaupt nicht verwerflich, dass die GDL für etwas anderes streikt als Geld. Meinetwegen können Gewerkschaften streiken, wofür sie wollen. Sich gegen andere Gewerkschaften zu positionieren, ist zwar etwas seltsam, aber bittesehr, das müssen die schon selber wissen.
Was mich bei der ganzen Sache irritiert, ist die strategische Dummheit. Es mag ja ein hübsche Machtdemonstration und überhaupt ein geiles Gefühl sein, wenn man den ganzen Tag den kompletten Verkehr zum erliegen bringen kann, aber ich frage mich, was das bringt. Der Schaden bei der Bahn dürfte sich da in Grenzen halten, schließlich versteht sowieso jeder, dass man in der Größenordnung keinen Ersatzverkehr organisieren kann. Da kann man sich zurücklehnen, dem Chaos seinen Lauf lassen und womöglich sogar noch Treibstoffkosten sparen. Imageverlust hat die Bahn auch kaum, den kriegt komplett die GdL ab.
Viel besser wäre es doch gewesen, punktuell zu streiken und vorher exakt anzukündigen, welche Strecken betroffen sind. Wenn die Bahn dann Ersatzverkehr organisiert – was möglich wäre und von den Kunden erwartet würde -, hat sie damit erhebliche Kosten. Und wenn sie es nicht tut, hat sie ein erhebliches PR-Problem. Und so oder so hätte jeder Verständnis für die Lokführer.
Wie es jetzt läuft, grenzt das Ganze dagegen an Terrorismus, und entsprechend steht die GdL inzwischen auch öffentlich da…