Kurz: Freiheitsbegriffe

Der grü­ne Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te Her­mann Ott hat nach der Wahl von Joa­chim Gauck zum Bun­des­prä­si­den­ten eine wich­ti­ge Bemer­kung get­wit­tert:

Freue mich und hoffe dass Herr #Gauck unter "Freiheit" auch die soz. und ökol. Bedingungen der Möglichkeit von Freiheit versteht #bv12 #bv15

Ich bin da sehr viel skep­ti­scher als Her­mann, dass Gauck hier lern­be­reit ist. Aber die Bemer­kung, dass zur Vor­be­din­gung von Frei­heit auch die sozia­len und die öko­lo­gi­schen Mög­lich­kei­ten für Frei­heit gehö­ren, ist eine extrem wich­ti­ge. Und eine, von der ich fest über­zeugt bin, dass sie so etwas wie den Kern eines ori­gi­när grü­nen Frei­heits­ver­ständ­nis­ses aus­macht. Aus dem her­aus dann Debat­ten über so etwas wie ein Grund­ein­kom­men, über die Gerech­tig­keit zwi­schen Nord und Süd oder über die inter­ge­ne­ra­tio­na­le Gerech­tig­keit, die Nach­hal­tig­keit aus­macht, ent­wach­sen. Wer es sich nicht leis­ten kann, sich zu ent­schei­den, ist nicht frei. Und wer – das ist der öko­lo­gi­sche Aspekt – in Zukunft kei­ne Spiel­räu­me mehr hat, weil wir heu­te alle Spiel­räu­me auf­ge­fres­sen haben, ist eben­falls nicht frei. Kurz: Wer glaubt, dass es in einer unge­rech­ten Welt ech­te Frei­heit geben könn­te, trägt dazu bei, eine Illu­si­on auf­recht zu erhal­ten, nichts anderes.

Ich wür­de mich freu­en, wenn Her­mann recht behält, und wenn Gauck sich hier als lern­fä­hig erweist. Die Skep­sis bleibt.

4 Antworten auf „Kurz: Freiheitsbegriffe“

  1. Ich den­ke Gaucks Frei­heits­ver­ständ­nis ist etwas ursprüng­li­cher: Er setzt sich m.E. für die Mög­lich­keit ein grund­sätz­li­che Frei­heit genie­ßen zu kön­nen. Die Fra­ge ob die dann sozi­al und/oder öko­no­misch gerecht ver­teilt ist, muss erst danach geklärt wer­den. Dass Kin­der aus sozi­al schwa­chen Ver­hält­nis­sen sehr viel mehr Anstren­gun­gen unter­neh­men müs­sen um z.B. stu­die­ren zu kön­nen ist nicht fair: Dass sie aber die Mög­lich­keit dazu haben egal ob sie schwarz,weiss,jüdisch,islamisch oder schwul usw sind: das ist wich­tig und das ist Frei­heit und dafür steht Gauck mei­ner Ansicht nach und ist damit für mich defi­ni­tiv eine Lösung mit der ich leben kann und auch glück­lich bin.

    1. Schon klar. Aber genau ein sol­ches Frei­heits­ver­ständ­nis ist letzt­lich kon­tra­pro­duk­tiv – weil es, sobald for­ma­le Rech­te garan­tiert sind, „der Poli­tik“ ermög­licht, sich auf die fau­le Haut zu legen.

  2. rich­tig: gleich­zei­tig ist es aber auch eine mah­nung die selbst­ver­ständ­lich­keit unse­rer bestehen­den frei­heit in fra­ge zu stel­len : das find ich sehr wich­tig und passt nach mei­nem ver­staend­nis mehr auf die rol­le des bp als eine detail-aus­ein­an­der­set­zung mit the­men die von par­tei zu par­tei bereits sehr unter­schied­lich dis­ku­tiert wer­den. ich den­ke er wird (und soll­te) die distanz zu all­zu typisch par­tei­po­li­ti­schen the­men wah­ren – für mich ist das auch ein­fach nicht sein job

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