Die digitale Revolution geht auf die Straße

Heu­te durf­te ich auf der Stutt­gar­ter Stopp-ACTA-Demo für Bünd­nis 90/Die Grü­nen eine kur­ze Rede hal­ten. Da waren etwa 2500 Men­schen, wie bei der letz­ten ACTA-Demo (bei der ich in Frei­burg war) vie­le Jün­ge­re. In Stutt­gart mas­siv prä­sent waren die loka­len Pira­ten, die wohl auch die Demo orga­ni­siert haben. 

Anbei nun mein Rede­zet­tel, den ich aller­dings nicht 1:1 abge­le­sen habe. Wer lie­ber den Wort­laut der Rede sehen will, kann hier das Video davon auf You­tube anse­hen (mit Dank an Alvar Freu­de fürs Fil­men; Update 26.02.: Link korrigiert).

Lie­be Leute,

ich hat­te ja erst über­legt, ob ich es bei 140 Zei­chen belas­sen soll, aber ein biss­chen mehr habe ich schon zu sagen. Mein Name ist Till Wes­ter­may­er, bei Twit­ter unter dem Hand­le _tillwe_ zu fin­den, und ich bin heu­te hier als Ver­tre­ter von Bünd­nis 90/Die Grü­nen Baden-Würt­tem­berg. Ich über­brin­ge euch die Grü­ße und die Unter­stüt­zung der GRÜNEN in Baden-Würt­tem­berg, im Bund und in Europa!

Wir GRÜNE unter­stüt­zen die Pro­tes­te gegen ACTA. Zusam­men haben wir schon eini­ges bewegt. In vie­len euro­päi­schen Staa­ten wur­de die Unter­zeich­nung des ACTA-Abkom­mens „zurück­ge­stellt“ – was auch immer das hei­ßen mag. Die Kom­mis­si­on hat den Ent­wurf nun dem Euro­päi­schen Gerichts­hof zur Über­prü­fung vor­ge­legt. Das ist der Erfolg von uns allen, die wir gegen Abkom­men und Geset­ze wie ACTA pro­tes­tie­ren, im Par­la­ment und auf der Stra­ße. Aber die­ser Erfolg darf uns nicht täu­schen: ACTA ist noch nicht tot! 

ACTA ist falsch, weil es den Weg dafür frei machen wür­de, eine här­test­mög­li­che Bekämp­fung von Urhe­ber­rechts­ver­let­zun­gen zum glo­ba­len Stan­dard zu machen. ACTA ist aber auch des­we­gen falsch, weil hier ein­sei­tig Wirt­schafts­in­ter­es­sen geschützt wer­den; letzt­lich die Inter­es­sen eini­ger gro­ßer west­li­cher Kon­zer­ne! Dabei geht es nicht nur um das soge­nann­te geis­ti­ge Eigen­tum. Eben­so pro­ble­ma­tisch ist es, dass mit ACTA bei­spiels­wei­se die Inter­es­sen der Phar­ma­kon­zer­ne am Schutz ihrer Paten­te deut­lich höher gewich­tet wer­den als die Gesund­heits­ver­sor­gung mit Gene­ri­ka in den Län­dern des Südens. Hier wie dort ist ACTA ein Weg­wei­ser, der in die fal­sche Rich­tung weist!

ACTA ist nicht der ers­te Ver­such dafür. Auch wenn das Kür­zel sich ändern mag: Blei­ben wir wach­sam, machen wir gemein­sam deut­lich, dass wir das nicht mit uns machen lassen. 

Netz­po­li­tik war lan­ge ein The­ma klei­ner ver­schwo­re­ner Zir­kel. 2012 ist Netz­po­li­tik ein The­ma, das die Schul­hö­fe des Lan­des erreicht hat. Vie­le, die heu­te in Deutsch­land demons­trie­ren, sind 2013 zum ers­ten Mal wahl­be­rech­tigt. Ihr seid die Kin­der der digi­ta­len Revolution!

Und das ist gut so. Denn das Netz ist gekom­men, um zu blei­ben. Nicht als Unter­hal­tungs­me­di­um, nicht als Spiel­zeug, son­dern als grund­le­gen­de Infra­struk­tur der glo­ba­len Gesell­schaft, als ganz nor­ma­ler Teil des All­tags. Wenn auf ein­mal gel­ten soll, dass das, was in der ana­lo­gen Welt selbst­ver­ständ­lich war, im Netz kri­mi­nell ist, dann kann das nicht rich­tig sein! Dann ent­facht das zu Recht hef­ti­ge Pro­tes­te einer jun­gen Bewegung! 

Hier ist klar: Wir GRÜNE ste­hen für die digi­ta­le Pri­vat­ko­pie, für die lega­le pri­va­te Wei­ter­ga­be von Medi­en auch im Netz. Wir GRÜNE wol­len die Frei­hei­ten des Net­zes erhalten!

Wir GRÜNE sind eine Par­tei, die gera­de begrif­fen hat, was es heißt, dass das Netz gekom­men ist, um zu blei­ben. Auch bei uns braucht es dafür immer wie­der und wei­ter­hin Über­zeu­gungs­ar­beit. Da sieht‘s nicht anders aus als in der Bevöl­ke­rung. Hier sind wir alle als Netz­be­we­gung gefragt!

Denn Poli­tik ist mehr, als SOPA, PIPA, ACTA usw. abzu­weh­ren. Demos wie die heu­te set­zen ein star­kes Zeichen. 

Aber: Als Netz­be­we­gung wie auch in den Par­tei­en müs­sen wir jetzt aktiv wer­den, und selbst Vor­schlä­ge dafür machen, wie Urhe­ber­recht in der digi­tal gewor­de­nen Welt aus­se­hen kann, wie es zu einem Aus­gleich zwi­schen Nut­ze­rIn­nen und Kul­tur­schaf­fen­den kom­men kann, und vor allem: Wie wir die Frei­hei­ten des Net­zes erhal­ten können. 

ACTA liegt am Boden, aber die gemein­sa­me Arbeit geht jetzt erst los! Jetzt ist es an der Zeit, ACTA end­gül­tig zu stop­pen und das Netz, wie wir es ken­nen, zu erhal­ten – in Par­tei­en und Par­la­men­ten, aber auch auf Plät­zen, Stra­ßen und Schulhöfen!

War­um blog­ge ich das? Zum Nach­le­sen für alle, die nicht da waren, auf der Demo nichts hören konn­ten, oder den Stream ver­passt haben. Und um – wenn ich mich schon nicht trau­te, das als Schlacht­ruf in der Demo anzu­brin­gen – zumin­dest hier laut „Hoch die inter­na­tio­na­le Kon­nek­ti­vi­tät!“ zu rufen.

P.S.: Beim nächs­ten Mal fän­de ich ein paar mehr grü­ne Fah­nen übri­gens gar nicht schlecht …

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