Am Samstag hat der grüne Bundesparteitag sich mehr oder weniger überraschend für einen differenzierten, von einer nicht-militärischen Grundhaltung geprägten Antrag zum Thema Afghanistan entschieden – und gegen einen seltsam blutleeren Kompromiss zwischen Ja und Nein. Die etablierten Medien sehen die Grünen jetzt in der Krise. Ich war in Göttingen, fand das ganze durchaus spannend, war mir nach dem tosenden Applaus für Jörg Rupp und Robert Zion sicher, dass es für den BuVo nicht so ganz einfach wird, und finde das Ergebnis vor allem ein Zeichen dafür, dass Grüne innerparteiliche Meinungsbildung leben, sich nicht auf falsche Führungsfiguren stürzen und weiterhin in der Lage sind, unbequeme, aber durchdachte Beschlüsse zu fassen. Für einige in der Bundestagsfraktion war das – rechtzeitig vor den nächsten Listenaufstellungen – vielleicht ein „Warnschuss“. Ich denke da insbesondere an diejenigen, die jetzt nonchalant erklären, dass für sie völlig egal ist, was die Partei beschließt. Winni Nachtwei plädiert für eine Enthaltung der Fraktion bei der ISAF-Abstimmung – das zumindest erscheint mir die richtige Reaktion zu sein, statt einfach „weiter so“ zu sagen.
Was die „große Presse“ schreibt, ist also klar, was ich davon halte, vermutlich auch, aber was sagen die anderen?
Peter Albers lobt auf Remix-Generation die Basisdemokratie, und Daniel Mack
kritisiert ebenda das mediale Bild von GAU und Krise.
Bei Julia Seeliger gibt es angehängt an die Erläuterung ihrer Enthaltung im Parteirat zum Bundesvorstandsantrag eine ausführliche Debatte über den Realismus oder auch nicht des Ergebnisses.
Henning Schürig war nicht da, ist aber trotzdem mit dem Parteitagsverlauf eher unglücklich.
Und Thorsten Deppner (der gerne da gewesen wäre, aber nicht durfte), macht drauf aufmerksam, dass der Parteitagsbeschluss erstmal gelesen werden sollte, bevor er a. in Bausch und Bogen verdammt oder b. als Sieg des linken Fundamentalismus gefeiert wird.
Da war dagegen Linda Heitmann, die in ihrem Bericht die Atmosphäre des Parteitags gut einfängt.
Warum blogge ich das? Um dem weitgehenden medialen Einheitsbrei ein bißchen was entgegenzuhalten.
Update: Jetzt muss ich doch noch auf eines der „großen“ Medien verlinken – Thomas Pany überlegt in Telepolis sehr klug, wie das eigentlich ist mit der Unfähigkeit, differenzierte Beschlussfassungen auch wahrzunehmen.
Update 2: Bei „GrünesFreiburg“ finden sich jetzt auch Stellungnahmen von Johannes Waldschütz der das Ergebnis der BDK traurig findet und die mediale Wahrnehmung „Super-GAU“ verteidigt nicht unerwartet findet.
Hi Till,
in der Tat das Ergebnis gefällt mir nicht, die Berichterstattung aber auch nicht, ich habe dazu in der Kommentarfunktion bei uns nochmal was geschrieben. Ich verteidige nicht das was die Medien geschrieben haben, ich glaube nur, dass es so zu erwarten war.
Grüße
Johannes