Leute, wir machen das jetzt wie bei Formspring. Zum Politcamp 11 könnte ich ziemlich viel schreiben – oder auch gar nichts. Zu ganz unterschiedlichen Themen, die was damit zu tun haben – von der Regenschirmdichte im Unwetter (nahe null) bis zu den Auseinandersetzung mit den hinter Post-Privacy stehenden Utopien. Und über Vorurteile, darüber ganz klar auch. Aber: wir machen das jetzt wie bei Formspring. Konkret soll das heißen: Macht mir – in Form konkreter Fragen, eine pro Person, hier im Kommentarbereich – mal ’ne Vorgabe. So bis heute abend. Auf die werde ich dann in einem zweiten Blogeintrag reagieren.
Die Hintertür im Ausstieg aus dem Ausstieg aus dem Ausstieg
Reiner Metzger, stellvertretender Chefredakteur der taz, leitartikelt heute, dass die schwarz-gelben Ausstiegspläne ein Grund zum Feiern sind („ein riesiger Sieg der Antiatombewegung“). Da hat er ja recht – aber eben auch damit, dass die Freude darüber, dass CDU, CSU und FDP keinen anderen Weg mehr gesehen haben, als selbst einen Ausstiegsbeschluss zu verkünden, einen nicht blind machen sollte. Denn der Merkel’sche Ausstieg hat diverse Tücken und Hintertüren.
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Kurz: Qual der Sozialwahl
Wieder Sozialwahl. Wieder doch gewählt. Aber mit Bauchweh. Weil ich eigentlich nicht so genau weiß, wen ich da für was gewählt habe. Mein Vorschlag: Statt Unmengen an Geld in inhaltslose Werbekampagnen zu stecken, braucht’s mehr Transparenz*, klare Unterscheidungsmöglichkeiten** und dementsprechend auch tatsächlichen inhaltlichen Einfluss***. Dann wird schon gewählt werden. Ein Gesundheitsminister z.B. der FDP könnte sich da wunderbar als Bürgerbeteiligungsminister profilieren. Allerdings bezweifle ich, dass das auf der FDP-Agenda steht.
Wer trotzdem wählen will: jetzt den Wahlbrief in den Briefkasten werfen!
Piraten! Drei Sätze anlässlich des Wahlausgangs in Bremen
Da ist eine Kleinstpartei, die zwei Tage vor der Wahl in Bremen in der nationalen und internationalen Presse heiß diskutiert wird (#servergate), die kurz vorher einen in allen überregionalen Medien begleiteten Parteitag hatte, die in einem Umfeld antritt, in dem es ein sehr modernes Wahlrecht gibt, in der Kleinstparteien traditionell immer mal wieder gerne gewählt werden, wo die Wahlbeteiligung niedrig ist, in der der Wahlausgang im Prinzip schon feststeht, so dass Piratenstimmen keine verlorenen Stimmen sind, und in der sogar die 5%-Hürde durch das Bremen/Bremerhaven-Prinzip nur eingeschränkt gilt – und trotzdem holt sie (nach aktuellem Stand der Hochrechnungen) nicht mal zwei Prozent. Felix Neumann scheint recht zu haben – hier etabliert sich eine stabile Minimilieupartei, die es aber in absehbarer Zeit nicht schaffen wird, landesparlamentarisch zu werden. Die letzte realistische Chance, das in diesem Jahr doch noch hinzukriegen, ist Berlin – aber ich glaube noch nicht daran.
Auf dem Weg zur Platz-2-Partei

Nach Baden-Württemberg jetzt wohl auch in Bremen: Die zweitstärkste Partei mit deutlich über zwanzig Prozent sind wir Grüne. Dass das jetzt so aussieht, hat was mit Stuttgart 21, mit Fukushima, mit dem Ausstieg aus dem Ausstieg zu tun, und viel auch damit, dass sowohl SPD als auch CDU bundesweit nicht mehr als glaubwürdige und kohärente Parteien erscheinen. (Und die FDP erst recht).
Die verschiedenen Ereignisse und diese Stimmung zusammen haben etwas katalysiert und beschleunigt, was sonst vielleicht noch länger gebraucht hätte – Grüne als ernsthafte Alternative, als eine der „großen“ Parteien. Aber auch ohne diesen Kontext bin ich überzeugt, dass eine Bewegung in diese Richtung stattfindet – und dass wir davon ausgehen können, dass ein Potenzial von zwanzig bis fünfundzwanzig Prozent für Grün in Zukunft realistisch sein kann. Ein wichtiger Faktor dabei: Das über Jahrzehnte gute Abschneiden in jüngeren Altersgruppen ist jetzt bis in die Altersgruppe 50+ hochgewachsen.
Bei der Gelegenheit noch ein Seitenhieb auf die taz – die hat in ihrer Wochendausgabe nämlich einen Artikel über grüne Flügel, und sieht im harmonischen Zusammenspiel von Linken und Realos einen Grund für die grüne Popularität. Ich finde es gar nicht so blöd, mal über die nicht-offensichtlichen Funktionen von Flügeln nachzudenken. Der Artikel behauptet zwar, das zu tun, greift aber deutlich zu kurz – und ist in einigen Aussagen auch schlicht falsch.
Mein Eindruck: Wir haben derzeit zwei selbstbewusste, starke Flügel. Wir haben keinen „Flügelkampf“ im Sinne eines Versuchs, den einen oder den anderen Flügel rauszumobben oder ständig zu überstimmen – sowas gab es mal. Kurz: ja, wir zeigen, dass es einen konstruktiven Umgang mit innerparteilichen Differenzen geben kann, und dass organisierte Interessen auch innerhalb von Parteien sinnvoll sind. Inszeniert ist das nicht. Und ob es zu unserer Außenwahrnehmung als Volkspartei in der Nussschale beiträgt, mag ich nicht beurteilen.
Zurück nach Bremen: Ich bin gespannt, welches Senatorenamt die stärker gewordenen Grünen der SPD abnehmen werden – und wer in die Bürgerschaft einziehen wird. Das neue Wahlrecht macht das spannend, und verlängert die Auszählzeiten erheblich. Da heißt es also noch ein bisschen warten.
Warum blogge ich das? Als grünes Wort zum Wahlsonntag.

