Als Anfang des Jahres die Nachricht des Todes des großen Soziologen Ulrich Beck bekannt wurde, waren es – zumindest in meiner Timeline – auffällig viele Grüne, die sich mit Erinnerungen und Bezügen zu Wort meldeten. Die im Tschernobyljahr 1986 erschienene Risikogesellschaft ist in gewisser Weise auch ein programmatisch grünes Buch, und das betrifft nicht nur die ökologischen Risiken, sondern auch die Individualisierungsthese und den Blick auf eine sich verändernde Arbeitswelt. In diesem Zusammenhang fiel mir dann auch noch einmal auf, dass am Fenster der grünen Fraktionssitzungssaals im Landtag Baden-Württemberg die Worte „Reflexive Modernisierung“ (und „Zuversicht“) kleben. Während der Saal der CDU von einem Kruzifix geschmückt wird, und bei der SPD Ledersessel stehen, hängt bei uns der politische Kompass am Fenster.
Inzwischen habe ich erfahren, dass diese Begriffe ca. 2006 von der damaligen Fraktionsgeschäftsführerin Hedi Christian aufgeklebt worden sind. Der Bezug zu Ulrich Beck ist nur ein indirekter – die Fraktion hatte 2006 einen Roadmap-Prozess (»Roadmap 2016«) laufen (wer im Archiv der Fraktion sucht, findet dieses historische Dokument von Ralph Bürk und Birgit Locher-Finke auch heute noch). Ein Element dieser aus heutiger Sicht durchaus wirkungsvollen Roadmap ist das Setzen auf „reflexive“ statt auf „additive“ oder „linear-expansive“ Modernisierung: Nicht immer mehr, nicht Neues zusätzlich zum Bestehenden, sondern eine ständige Anpassung und Veränderung bestehender Strukturen an neue Herausforderungen, um mit begrenzten Ressourcen klarzukommen. Auf diesem Weg ist die „reflexive Modernisierung“, die Ulrich Beck in die Welt getragen hat, ans Fenster der Landtagsfraktion gekommen, immer im Blickfeld des Fraktionsvorstands und der Regierungsmitglieder am runden Tisch der Fraktionssitzungen.