Ich gebe zu: einen Moment lang war ich ziemlich erschrocken, als ich gelesen habe, dass die SPD jetzt auch in Fortschritt machen will. Erschrocken vor allem deswegen, weil ich mir seit geraumer Zeit Gedanken darüber mache, dass es doch eigentlich dringend notwendig wäre, mal eine grüne Debatte darüber zu initiieren, was denn nun eigentlich unser Verhältnis zum Fortschritt sei. „Der Fortschritt der SPD. Eine Exegese“ weiterlesen
Basteln am Landtagswahlprogramm: Politik für Promovierende
Anfang Dezember wird das Landtagswahlprogramm der baden-württembergischen Grünen beschlossen werden. Deswegen tobt jetzt noch einmal die Programmdebatte durch Kreisverbände, LAGen und Mailinglisten. Ziel ist es, möglichst viele Änderungsanträge zu schreiben noch zu verbessern, was zu verbessern ist, bevor das Programm nach der Parteitagsabstimmung dann steht. Der Programmentwurf und die Änderungsanträge der zweiten Verschickung stehen im Netz.
Ich habe – zum Teil über meinen Kreisverband, zum Teil als Personenantrag (10 UnterstützerInnen notwendig) – auch schon ein paar Änderungsanträge eingereicht. Bisher noch nicht getan habe ich das für den Hochschulteil. Einige Ideen dazu stehen in diesem Etherpad. Dort ist auch der folgende Antrag zu finden, den ich gerne zum Thema „Politik für Promovierende“ einreichen möchte – der Antrag geht auf eine Diskussion in der LAG Hochschule zurück, vielleicht reichen wir ihn auch als LAG ein. Trotzdem würde mich sowohl die Unterstützung (jedes Parteimitglied aus BaWü darf …) als auch eine kritische Auseinandersetzung mit dem vorgeschlagenen Text freuen. Bisher taucht das Thema Promotion im Hochschulteil des Landtagswahlprogramms nicht auf.
Änderungsantrag „Promotion“ zu LTW 3, S. 16, Z. 756
Antrag: In Zeile 749 soll im Anschluss an die „Leitidee 8: Bologna“ ein neuer Absatz eingefügt werden, der wie folgt lautet:
„Die Situation der Promovierenden verbessern
In der Öffentlichkeit bisher wenig beachtet, an den Hochschulen aber umso deutlicher zu spüren, verändert sich mit dem Bologna-Prozess, Drittmittelforschung und der Exzellenzinitiative auch der Status der Promovierenden. [Zuletzt hat das ‚Templiner Manifest’ der GEW darauf aufmerksam gemacht, dass hier vieles im Argen liegt. / Hier liegt vieles im Argen.] Gemeinsam mit Hochschulen, Promovierenden und Gewerkschaften wollen wir die Situation der Promovierenden in Baden-Württemberg verbessern. Dies betrifft die soziale Absicherung in dieser häufig prekären Lebensphase, die hierarchische Abhängigkeit von Betreuerinnen und Betreuern und nicht zuletzt die Frage einer besseren Vereinbarkeit von wissenschaftlicher Qualifikation, Lehre und Forschung und familiärer Sorgearbeit. Wir wollen Angebote der strukturierten Promotion ausbauen, aber auch andere Wege zur Promotion erhalten und attraktiv gestalten. Studiengebühren für die Promotionsphase lehnen wir ab.“
Begründung: Wir sehen erheblichen politischen Handlungsbedarf in der Frage, wie die Promotionsphase gestaltet werden soll. Die heutige Situation der Promovierenden ist vielfach durch große Unsicherheit gekennzeichnet. Im Bologna-Prozess wird die Promotionsphase als Qualifizierungsschritt betrachtet. Gleichzeitig sind Promovierende Menschen, die nach dem Studium eigenständig wissenschaftlich tätig werden. Im „Templiner Manifest“ der GEW wird die Promotion daher als „erste Phase wissenschaftlicher Berufsausübung“ verstanden. Je nach Fach, Hochschule, persönlichem Engagement und nicht zuletzt biographischen Zufällen finden sich Promovierende heute zwischen diesen beiden Polen. Viele Promovierende erleben die Promotionsphase als eine durch sich widersprechende Anforderungen, eine starke persönliche Abhängigkeit und hohen Zeitdruck gekennzeichnet. Für Frauen und für Männer kommt heute die „rush hour“ der Familiengründungsphase hinzu, die ja oft in diesen Zeitraum fällt. Entsprechend groß ist die Zahl abgebrochener Promotionsvorhaben und psychosozialer Probleme.
Im Wahlprogramm möchten wir das Signal setzen, dass uns der politische Handlungsbedarf bewusst ist. Gerade aufgrund der Vielfalt an derzeit existierenden Wegen zur Promotion und den daraus resultierenden unterschiedlichen Lebenssituationen und Problemlagen halten wir es allerdings für falsch, so zu tun, als ob es „die“ eine politische Lösung gebe. Wir legen deswegen den Schwerpunkt darauf, deutlich zu machen, dass uns die Probleme der Promovierenden bekannt sind und Hinweise darauf zu geben, wie ein politisches Verfahren aussehen kann, mit dem an ihrer Lösung gearbeitet werden kann.
Was meint ihr?