Ich kann’s nicht lassen – schon wieder ein herbstlicher Baum als Foto der Woche. Aber das ist eben das, was im Herbst fotografiert werden kann. Bäume im Herbstlaub, Bäume im Nebel, Bäume im letzten Sonnenschein, demnächst dann Bäume im Schnee. Mir bleibt also gar nichts anderes übrig – und so zart im Nebelhimmel sieht ein Baum selten aus. Muss also sein. Schön finden, bitte!
Photo of the week: Birch with garden chairs (and half a swimming pool)
Der November ist in wenigen Stunden zu Ende. Noch vier Wochen, dann ist auch das Jahr 2014 vorbei. Ein Jahr mit einigen Überraschungen und Verschiebungen der politischen Kontinentalplatten. Was da am Ende von übrig bleiben wird, werden wir sehen. Stärker als je zuvor – na, stärker als je zuvor seit 1989 und 2001, wenn ich mal nur meine eigene Lebenszeit nehme – habe ich jedenfalls den Eindruck, dass viele Institutionen bei weitem nicht so stabil und gewiss sind, wie sie scheinen. Der Pfeil des Fortschritts liebt Bananen. Ältere Verhaltensmuster wabern nach oben. Gleichzeitig verheißen die wackliger werdenden Verhältnisse, die aufbrechenden Gewissheiten auch, dass Veränderungen möglich sind. Aber um welchen Preis?
Photo of the week: Pearls of dew I
Angeblich sollen es die letzten goldenen Herbsttage für dieses Jahr sein. Ich habe mir jedenfalls gestern erst mal meine Kamera geschnappt und noch ein paar Fotos gemacht. Wenn ich ehrlich bin: Frühling und Herbst mag ich beide sehr viel lieber als Sommer und Winter. Gibt es Gegenden, wo es das ganze Jahr über nur Frühling und Herbst hat?
Von glitzernden Tautropfen zum GDL-Streik fällt mir jetzt kein guter Übergang ein, aber zwei drei bis vier Dinge wollte ich dazu doch noch sagen, nachdem der Streik u.a. auf meiner Facebook-Seite massive Debatten ausgelöst hat.
So ein Streik ist ja mehrdimensional – es gibt strategische Interessen der jeweiligen Gewerkschaft, es gibt die politische Großwetterlage, es gibt bestimmte Arbeitsbedingungen, die als besser oder schlechter bewertet werden können, es gibt sowas wie „common decency“ (eine Erwartung, die ich an Mitmenschen habe, egal, auf „welcher Seite“ sie stehen), und es gibt die konkreten Streikfolgen für die Betroffenen. Und spätestens seit den 1970er Jahren fängt die klare Unterscheidung „abhängige Beschäftigte hier, Kapital da“ zu bröseln an. Es gibt Scheinselbstständige, alleinselbständige Subunternehmer und ArbeitnehmerInnen, an die ähnliche Erwartungen hinsichtlich Flexibilität und Eigeninitiative gestellt werden wie an Selbstständige. Es gibt Patchworkbiographien, Prekarität und Arbeitslosigkeit. In dieser doppelte Melange aus Mehrdimensionalität des Streiks und unklarer gewordenen Arbeitsverhältnissen nervt mich der latente Vorwurf, dass jede/r, die sich mit dem Streik nicht solidarisch erklärt, die – ich sag’s mal so drastisch – Klasseninteressen verraten würde. So einfach ist das nicht. Und deswegen finde ich nach wie vor, dass es möglich ist, Streiks generell legitim zu finden, diesen konkreten Streik aber als unverhältnismäßig anzusehen. Nicht jeder Streik ist gut, und nur weil irgendwo „Gewerkschaft“ drauf steht, muss das nicht heißen, dass innen nicht ganz viel Egoismus steckt.
Und dann ist mir aufgefallen, dass ich ja immer gerne von meiner eigenen Lebenssituation auf andere schließe, was nicht unbedingt immer stimmen muss. Ich habe keinen Führerschein. Ich bin beruflich auf die Bahn angewiesen. Vielleicht wird das Ausmaß des GDL-Streiks manchen, die sich schnell solidarisch erklären, deutlicher, wenn wir für einen Moment mal annehmen, dass hier die Gewerkschaft der LastwagenfahrerInnen (alle Subunternehmerunklarheiten mal ausgeblendet) streiken würde. Und dass sie für drei Tage die Autobahnen blockieren würde. Und alle wichtigen Seitenstraßen. Um eine deutliche Lohnerhöhung und den Alleinvertretungsanspruch für alle Berufe, die was mit Autos zu tun haben, herauszuhandeln. Immer noch solidarisch? Immer noch verhältnismäßig?
Damit zurück zu den letzten schönen Herbsttagen. Die ich jetzt genießen werde.