In vier Wochen ist grüner Bundesparteitag in Hamburg. Ich bin zwar Ersatzdelegierter meines Kreisverbandes und als BAG-Sprecher könnte ich auch einfach so hinfahren, werde es aber (mangels freier Novemberwochenenden) höchstwahrscheinlich nicht tun. Und bin gar nicht so traurig darüber. Einerseits schon, weil’s halt auch immer eine Möglichkeit ist, einen nicht unerheblichen Teil der grünen Familie zu sehen. Andererseits lassen mich die Schwerpunkte dieser BDK seltsam kalt. Dabei sind es eigentlich wichtige Themen – die Freiheitsdebatte, Ernährung als Teil guten Lebens, Flüchtlingspolitik, die „europäische Friedensordnung“ (was auch immer das sein mag). Aber ich habe zunehmend den Eindruck (und nicht erst seit Waziristan-Vergleichen), dass das, was der Bundesparteitag hier jeweils entscheidet, nicht wirklich eine Rolle spielen wird. Glühende Kontroversen sehen jedenfalls anders aus. Wirklich. Und Wahlen stehen auch keine an, obwohl diverse Presseorgane so klingen, als sei das anders. Und ob die vorliegende Tagesordnung dazu geeignet ist, Feuer zu entfachen und zumindest das grüne Herz zu wärmen und zu motivieren – ich weiß nicht. Insofern befürchte ich, dass ich „Hamburg“ gar nicht so sehr vermissen werde. Was schade ist.
Kurz: Freiheitsbegriffe
Der grüne Bundestagsabgeordnete Hermann Ott hat nach der Wahl von Joachim Gauck zum Bundespräsidenten eine wichtige Bemerkung getwittert:
Ich bin da sehr viel skeptischer als Hermann, dass Gauck hier lernbereit ist. Aber die Bemerkung, dass zur Vorbedingung von Freiheit auch die sozialen und die ökologischen Möglichkeiten für Freiheit gehören, ist eine extrem wichtige. Und eine, von der ich fest überzeugt bin, dass sie so etwas wie den Kern eines originär grünen Freiheitsverständnisses ausmacht. Aus dem heraus dann Debatten über so etwas wie ein Grundeinkommen, über die Gerechtigkeit zwischen Nord und Süd oder über die intergenerationale Gerechtigkeit, die Nachhaltigkeit ausmacht, entwachsen. Wer es sich nicht leisten kann, sich zu entscheiden, ist nicht frei. Und wer – das ist der ökologische Aspekt – in Zukunft keine Spielräume mehr hat, weil wir heute alle Spielräume aufgefressen haben, ist ebenfalls nicht frei. Kurz: Wer glaubt, dass es in einer ungerechten Welt echte Freiheit geben könnte, trägt dazu bei, eine Illusion aufrecht zu erhalten, nichts anderes.
Ich würde mich freuen, wenn Hermann recht behält, und wenn Gauck sich hier als lernfähig erweist. Die Skepsis bleibt.