Meistens sind auf meinen Eichhörnchenfotos nur irgendwelche seltsam verwaschenen Streifen zu sehen. Diesmal hielt das Hörnchen still, jedenfalls lange genug, um ein Foto zu machen. Nestbau, scheint mir.
Photo of the week: Entengrütze
So ’ne Art Jahresrückblick, Teil I: Orte, an denen ich 2019 war
Dieses Jahr habe ich mich nicht außerhalb Deutschlands aufgehalten, insofern stellte sich auch keine Flugfrage. Abgesehen davon war ich 2019 in Freiburg und Umland sowie in Stuttgart – und an einigen weiteren Orten in Baden-Württemberg, und außerhalb davon in Bonn (mehrfach), Berlin (mehrfach), Bielefeld, Leipzig, Werbelinsee und Greifswald.
Verglichen mit den Jahren davor waren das eher wenige Termine außerhalb von Freiburg bzw. Stuttgart. Aber selbst so ist ein Nebeneffekt der (ehrenamtlichen) Politik, dass diese mit einigem Reiseaufwand verbunden ist. Oder positiv gesagt: in einem guten Vierteljahrhundert Politik habe ich die meisten größeren Städte Deutschlands mindestens einmal gesehen – zumindest deren Bahnhöfe und Tagungshallen. Parteitage und davor Kongresse des Grün-Alternativen Jugendbündnisses, Campusgrün-Sitzungen und Gremiensitzungen, die nicht immer in Berlin stattfinden müssen, führen zu ganz schön viel Eisenbahnkilometern.
Hier zeigt sich auch ein gewisses BahnCard-100-Paradox. Theoretisch könnte ich innerhalb Deutschlands ganz viele Städtereisen unternehmen – tatsächlich bin ich meist froh, wenn ich neben dem Pendeln unter der Woche und diversen Politikterminen auch Zeit finde, die ich zu Hause verbringen kann. Der große Sommerurlaub mit den Kindern war bei mir letztes Jahr dran (da waren wir in Holland) und wird dann 2020 wieder auf mich zukommen. Falls die zwischenzeitlich 11 und 14 Jahre alten Kinder nächstes Jahr überhaupt noch eine solche Reise wollen …
Im Vergleich zu 2018 ist das politische Reisen aber auch deswegen weniger geworden, weil mit der BAG-Sitzung in Mannheim im Mai (und dem Besuch der Grundsatzakademie der BAGen in Werbellinsee im August) mein Engagement als Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Wissenschaft, Hochschule, Technologiepolitik endete. Neben den eigentlichen Sitzungen der BAG an zwei bis vier Wochenenden im Jahr umfasste das auch einige zusätzliche Termine, etwa Sitzungen des BAG-Sprecher*innen-Rates. Auch die Schreibgruppe für den Zwischenbericht zum Grundsatzprogramm beendete im Frühjahr 2019 ihre Tätigkeit, so dass deutlich weniger Berlin-Reisen als im Jahr zuvor notwendig waren.
Beruflich-politisch fokussiert’s sich bei mir nun auf Baden-Württemberg, und da, abgesehen von Klausuren und dem einen oder anderen externen Termin vor allem auf Stuttgart. Das hat auch mit dem Wechsel meiner Zuständigkeit in der grünen Landtagsfraktion zu tun – bis Ende 2018 war ich Parlamentarischer Berater für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Medien, seit Anfang 2019 bin ich übergreifend für Grundsatz und Strategie zuständig. Auch das führt dazu, dass Baden-Württemberg stärker ins Blickfeld rückt.
Baden (Süd nach Nord)
- Grafenhausen im Südschwarzwald, Fraktionsvorstandsklausur
- Bad Krozingen, grüne Kreismitgliederversammlung
- Schneeburg (Ebringen), Ausflug
- Kybfelsen (Freiburg-Günterstal), Ausflug
- Freiburg, der Freibuger Südwesten – hier wohne ich, hier gehen meine Kinder zur Schule, Home-Office-Arbeitsort usw.
- Freiburg, div. Veranstaltungen, Demos, Elternbeiratssitzungen, Schulfeste usw.
- Kaiserstuhl, Wanderung
- Gundelfingen, Familienbesuch (mehrfach)
- Gundelfingen, 40 Jahre Grüne Breisgau-Hochschwarzwald
- Waldkirch, Freunde besuchen
- Emmendingen, Kind vom Schachturnier abholen
- Ramsbach/Oppenau, Hüttenwochenende
- St. Peterstal-Griesbach, Klausur parl. Berater*innen
- Allerheiligen, Wanderung
- Ettlingen, Familienfeier
- Karlsruhe, Besuch im ZKM mit der Familie
- Karlsruhe, Übernachtung wg. Pendeln Stuttgart-Freiburg
- Öwisheim, Fortbildung
- Mannheim, Fraktionsklausur
- Mannheim, BAG Wissenschaft, Hochschule, Technologiepolitik (meine letzte Sitzung)
Württemberg (Süd nach Nord)
- Tübingen, Besuch Cybervalley/MPI
- Herrenberg, Fraktionsklausur
- Sindelfingen, Landesdelegiertenkonferenz
- Stuttgart, Arbeitsort (an zwei bis drei Tagen pro Woche)
- Stuttgart, Teilnahme an einer Sitzung der BAG Medien
- Stuttgart, Stakeholdergespräch KI
- Stuttgart, Digitalisierungsveranstaltung
- Heilbronn, Besuch der Experimenta mit den Kindern
- Heilbronn, Betriebsausflug zur Bundesgartenschau
Deutschland außerhalb Baden-Württembergs (Süd nach Nord)
- Bonn, Familienbesuch (mehrfach)
- Königswinter/Drachenfels, Ausflug
- Leipzig, Sitzung der BAG Wissenschaft, Hochschule, Technologiepolitik
- Bielefeld, Bundesdelegiertenkonferenz
- Berlin, Schreibgruppe für den Zwischenbericht zum grünen Grundsatzprogramm (mehrfach)
- Berlin, Grundsatzkonvent der Partei
- Berlin, Jubiläums-Mitgliederversammlung Campusgrün
- Werbellinsee (Brandenburg), Grundsatzakademie der BAGen von Bündnis 90/Die Grünen
- Greifswald, Besichtigung Wendelstein 7x
Lesenswert: Walter Mossmanns bewegte Autobiografie
Vor ein paar Wochen war ich – dienstlich – im Archiv soziale Bewegungen in Freiburg, immerhin wird das jnzwischen auch aus Landesmitteln gefördert. Zum Abschied hat uns Volkmar Vogt, der Archivar, ein Buch in die Hand gedrückt. Inzwischen hab ich’s gelesen und bin beeindruckt.
Konkret: die 2009 erschienene Autobiografie von Walter Mossmann. Natürlich war mir Mossmann ein Begriff, Bewegungspromi, habe ihn auf der einen oder anderen Demonstration oder Kundgebung im Dreyeckland singen oder reden gehört. 2015 verstorben.
In realistisch sein: das unmögliche verlangen, Untertitel Wahrheitsgetreu gefälschte Erinnerungen, plaudert Mossmann über die 1960er, 1970er, 1980er. Er erzählt, und gleichzeitig ist das eine sehr lebendige Geschichtsstunde. Über das sogenannte Nachkriegsdeutschland. Musik, natürlich. Das studentisch-internationalistische Milieu Freiburgs. Noch mehr Musik. Das „Tolle Jahr“ 1968. Die Geburt der badisch-elsässischen Bürgerinitiativen aus dem Geist des Widerstands (Geburtshelfer W.M.) gegen AKW und Chemieindustrie, gegen den technokratischen Plan zur Industrialisierung des Rheintals. Als, wie es so schön heißt, multitude. Ein bisschen geht’s in Mossmanns Lebensgeschichte auch um Politsekten und um die RAF, aber die steht am Rand. Und Rudi Dutschke träumt von der neuen USPD, die er anführen könnte, Petra Kelly nervt, während die BIs zur ganz konkreten Tat schreiten, mit Flugblattliedern und Erwartungsbruch – erfolgreich.
Die grüne Parteigründung kommt auch vor (das muss ich natürlich erwähnen), kurz vor Schluss des Buches. Mossmann schreibt, „Wir [die Bürgerinitiativen] schickten doch schon seit Jahren unsere Anwälte in die Gerichtsverhandlungen, warum sollten wir nicht auch unsere Abgeordneten ins Parlament schicken?“ – kommunal fing das etwa 1975 an, in Landesparlamenten dann 1980, und was Mossmann skeptisch macht, ist nicht der Schritt ins Parlament, sondern die Suche nach der „Partei ganz neuen Typs“. Nein, er „hätte lieber eine stinknormale Partei, die grünen Abgeordneten sollten dann aber im Parlament mindestens so gut und professionell sein wie unsere besten Anwälte vor Gericht.“ – 1980 geschrieben, und vielleicht sind wir da heute, irgendwie.
Aber Mossmanns Autobiografie hat mich nicht deswegen beeindruckt, weil ganz am Schluss auch grün als politische Farbe vorkommt. Nein, spannend und lebendig und unglaublich dicht und nah ist das, was – mit Ausflügen nach Larzac und Chile, Dänemark und Waldeck – in den zwei Jahrzehnren zuvor da passiert, wo Politik zwischen WGs, Kollegiengebäuden und Webers Weinstube sich materialisiert, und wo der Zug aus Karlsruhe kommend die Vorberge passiert und dann über Denzlingen, Gundelfingen und Zähringen den Hauptbahnhof erreicht. Neben all dem Großen ist’s der Geist des Ortes, der hier präzise rekonstruiert wird, und so Mossmanns prägende Jahre nahe bringt.