Zum Andenken an Terry Pratchett

RIP Terry Pratchett

Es hat eine Wei­le gedau­ert, bis sich mir erschlos­sen hat, dass die Schei­ben­welt-Serie von Ter­ry Prat­chett mehr ist als ein Mas­sen­pro­dukt. Die unglaub­li­che Pro­duk­ti­vi­tät (gera­de auch im Ver­gleich zu Dou­glas Adams, des­sen Bücher ich frü­her ent­deck­te) und die „lus­ti­ge“ Ober­flä­che täusch­te – dahin­ter steck­te, wie ich schnell fest­stell­te, als ich mich dann doch her­an­trau­te, weit mehr: ein fun­keln­der, tief­grün­di­ger und hin­ter­sin­ni­ger Humor. Der huma­nis­ti­sche Ärger dar­über, wie die Welt ein­ge­rich­tet ist, der Prat­chetts Schrei­ben antrieb. Lebens­weis­hei­ten in Fuß­no­ten und phi­lo­so­phi­sche Über­le­gun­gen, nur hin­ter dem dün­nen Vor­hang des schnör­kel­los-ver­schro­be­nen Fan­ta­sy-Set­tings ver­steckt. Kurz: Bücher, die es sich zu lesen lohnt, um nicht nur unter­hal­ten zu wer­den, son­dern auch, um sich beim Lesen aktiv mit der Welt – unse­rer Welt – auseianderzusetzen.

Nicht jedes sei­ner zahl­rei­chen Bücher begeis­ter­te mich, und ich habe nicht jedes gele­sen (aber doch vie­le, eini­ge auch des­we­gen, weil sie bei Freun­den stan­den, oder weil es das ein­zig brauch­ba­re war, was es in Bahn­hofs­buch­hand­lun­gen zu kau­fen gab). Mit Long Earth konn­te ich nicht so rich­tig etwas anfangen. 

Aber es gibt doch mehr als eine Hand­voll Bücher, die mir ganz beson­ders ans Herz gewach­sen sind, dazu zählt an vor­ders­ter Stel­le die Serie um Tif­fa­ny Aching. 

Und wenn ich mich so umschaue, wer aus wel­chen Grün­den sich seit ges­tern alles geäu­ßert hat, dann sind da sehr vie­le dabei, die in den Büchern von Ter­ry Prat­chett Halt und Vor­bil­der fan­den, die dar­aus etwas gelernt haben, wie die Welt, wie Gesell­schaft, wie Poli­tik, wie Reli­gi­on funk­tio­niert. Ein sati­ri­sches Zerr­bild der Wirk­lich­keit, das eben nicht bei­ßend und zynisch ist, son­dern zeigt, dass eine gelas­se­ne, freund­lich-amü­sier­te Mensch­lich­keit (ja, den­noch: eine Mensch­lich­keit mit einem gewis­sen Biss und mit einer poli­ti­schen Agen­da) durch­aus auf Trol­le und Vam­pi­re aus­ge­wei­tet wer­den kann, und dass Din­ge sich ändern können. 

Es wird kei­ne neu­en Bücher von Ter­ry Prat­chett mehr geben. TOD lau­er­te schon seit eini­gen Jah­ren im Hin­ter­grund, seit er sei­ne Ear­ly-Alz­hei­mer-Dia­gno­se vor eini­gen Jah­ren öffent­lich gemacht hat­te. Das macht es nicht weni­ger trau­rig, dass Prat­chett ges­tern im Alter von 66 Jah­ren gestor­ben ist. So selt­sam das klin­gen mag: in sei­nen Büchern wird er als Weg­wei­ser auch für neue Gene­ra­tio­nen wei­ter wir­ken. Prat­chetts Disc­world hat das Gesche­hen auf der run­den Kugel ver­än­dert, auf der wir leben. Und was mehr als das könn­te ein Autor erreichen?

Lesezeichen: „Among Others“ und anderes

Titel Among OthersIn den letz­ten Wochen habe ich ziem­lich viel gele­sen; auch die Weih­nachts­zeit etc. haben das ihre dazu bei­getra­gen, dass ich Zeit dazu gefun­den habe. Dazu gehör­ten unter ande­rem Wil­liam Gib­sons neu­er Roman The Peri­phe­ral (teil­wei­se recht span­nend, aber irgend­wie nicht ganz so groß­ar­tig, wie ich das erwar­tet hät­te), Ken MacLeods Des­cent (Ufos ins Schott­land, oder viel­leicht auch nicht), Ben Aaron­vitchs Fox­glove Sum­mer (mit eng­li­schen Elfen und Ein­hör­nern) und Ursu­la K. Le Guins über ihr gan­zes Werk zurück­schau­en­de Kurz­ge­schich­ten­samm­lung The Unre­al & The Real (die mir noch ein­mal sehr deut­lich gemacht hat, war­um ich LeGu­in für eine her­aus­ra­gen­de Schrift­stel­le­rin hal­te, und ihren Stil sehr mag). Außer­dem kamen meh­re­re tau­send Sei­ten Peter F. Hamil­ton dazu, den ich bis­her ver­passt hat­te. Andy Weirs The Mar­ti­an – klas­si­sche har­te Sci­ence Fic­tion mit einem Schuss Mac­Gy­ver – muss­te ich an einem Stück lesen. 

Der eigent­li­che Anlass für die­sen Blog­ein­trag ist aber Jo Walt­ons Among Others, das Ende der 1970er Jah­re in Wales und Süd­eng­land spie­len­de gehei­me Tage­buch eines Teen­agers, das bereits Anfang 2011 erschie­nen ist. 

Mor­ween, nach einem Unfall ver­krüp­pelt, wird auf ein Inter­nat geschickt. Sie ist klug und beob­ach­tet sich selbst und ihre Umwelt ziem­lich genau. Die klas­si­sche Außen­sei­ter­ge­schich­te. Walt­on ver­webt geschickt zwei Erzähl­strän­ge inein­an­der. Die Coming-of-Age-Geschich­te eines Mäd­chens aus unüber­sicht­li­chen Fami­li­en­ver­hält­nis­sen, die vor ihrer Mut­ter weg­ge­lau­fen ist, und Halt und Freund­schaft fin­det im Sci­ence-Fic­tion- und Fan­ta­sy-Kanon der 1970er Jah­re, und eine Geschich­te über Magie, Feen und die Mut­ter als böse gewor­den­de Hexe.

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