Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer ist nicht nur altehrwürdig, sondern schuld daran, dass ich meiner Arbeit nicht so nachgehen kann, wie ich das eigentlich gerne würde. Und außerdem streikt sie ziemlich gerne, wenn der verlinkte Wikipedia-Eintrag stimmt. Dabei geht es allerdings, sofern ich diverse Presseberichte richtig verstehe, bei diesem Streik nicht nur um mehr Geld (ob das angemessen ist oder nicht, kann ich nicht beurteilen), sondern auch um die Frage, welche Gewerkschaft für welchen Teil des Bahnpersonals zuständig ist.
Kurz: Heute mal ohne materielle Identität
Mir ist gestern mein Geldbeutel abhanden gekommen. Entweder ist er mir im Zug aus der Tasche gerutscht, oder er wurde mir geklaut. Bisher ist er jedenfalls nicht wieder aufgetaucht, und dementsprechend hatte ich gestern einigen Ärger damit, diverse Karten sperren zu lassen, und werde noch einige Zeit damit verbringen, Ersatzkarten zu beschaffen. Geld war glücklicherweise nur wenig im Geldbeutel, insofern hält sich der materielle Verlust in Grenzen.
Neben Ärger ist sowas aber auch für absurde Erfahrungen gut. Etwa im Hinblick auf die alte Frage „Wer bin ich – und wie weise ich das nach, wenn alles, womit ich meine Identität beweisen könnte, im verloren gegangenen Geldbeutel ist?“. Das war dann selbst bei der „Fahrpreisnacherhebung“ – ich musste irgendwie wieder von Stuttgart nach Freiburg kommen, ein Ersatzdokument für die Bahncard 100 kann nicht einfach mal eben am Schalter ausgestellt werden, und nicht alle Zugbegleiterinnen sind so kulant, einen nach Erklärung der Situation einfach fahr- und ausweislos fahren zu lassen – ein längeres Problem. Letztlich spuckte das Gerät der Schaffnerin einen Zettel aus, auf dem ich bestätigte, ich zu sein, und der dann als Grundlage dafür diente, mir einen erhöhten Fahrpreis in Rechnung stellen zu können, den ich letztlich bis auf eine Bearbeitungsgebühr nicht zahlen muss.
Oder dieses Gefühl, an diversen Geschäften vorbeizukommen, bis auf 50 Cent, die sich irgendwie in die Tasche verirrt hatten, kein Geld dabei zu haben, sich also noch nicht einmal eine Butterbrezel kaufen zu können – aber gleichzeitig ein Smartphone in der Hand zu halten, mit dem ich sofort und auf der Stelle eine größere Anschaffung hätte tätigen können. Für einen Moment habe ich überlegt, ob ich einen Pizzaservice mit Online-Lastschrifteinzugsverfahren suchen sollte.
Und das ambivalente Gefühl, dass einem in so einer Situation deutlich wird, wie einfach social engineering als Hackmethode sein muss: an diversen Hotlines musste ich mich telefonisch ausweisen (auch, weil ich teilweise die Kartennummern nicht hatte). Dazu reichte dann der Name und die Kenntnis über ein paar persönliche Daten, die aber wiederum recht einfach zugänglich sind. In meiner Situation gestern fand ich das hilfreich, und ich kann mir auch schlecht vorstellen, wie eine Bürokratie anders damit umgehen soll, wenn es doch diesen Spielraum braucht – aber das Tor stünde auch anderen offen.
Kurz: Umsteigefrei, aber trödelig
Dass es jetzt einmal am Tag wieder eine durchgehende Verbindung von Freiburg nach Stuttgart gibt, ist eigentlich eine tolle Sache. Bisher musste ich immer in Karlsruhe umsteigen. Das war meist kein Problem, weil ICE aus Freiburg und IC nach Stuttgart aufeinander abgestimmt sind, aber es heißt doch jedesmal: Sachen zusammensuchen, Mantel anziehen, von Gleis 2 zu Gleis 7/8/9 laufen, einen neuen Sitzplatz finden. Und manchmal klappt es mit dem Anschluss doch nicht.
Jetzt gibt es die durchgehende Verbindung, aber so richtig warm geworden bin ich damit noch nicht. Irgendwie fühlt es sich „trödelig“ an, den durchgehenden IC zu nehmen. Das hat etwas damit zu tun, dass dieser langsamer fährt und im Gegensatz zum ICE auch in Lahr hält. Wichtiger aber noch ist die schlechte Vertaktung mit dem ÖPNV. Bisher ist mein Standardzug der ICE um 6.23. Um den zu erreichen, muss ich im Rieselfeld um 5.59 eine Bahn nehmen, einmal umsteigen, und habe dann am Hauptbahnhof gerade noch Zeit, schnell einen Kaffee zu kaufen.
Der durchgehende IC fährt um 6.43 ab. Faktisch heißt das, dass ich – wenn ich nicht mehrfach zwischen Bus und Straßenbahn umsteigen will – dass ich im Rieselfeld um 5.59 in die Straßenbahn steige, nicht umsteige, am Hauptbahnhof den vorherigen ICE gerade noch abfahren sehe und dann fast 20 Minuten warten muss. Letztlich bin ich bei gleicher Startzeit an der Haustür 19 Minuten später in Stuttgart. Oder anders gesagt: Ich könnte auch eine halbe Stunde später als üblich im Rieselfeld los, würde den 6.52-ICE erwischen (der den IC in Lahr überholt) – und wäre genau so schnell in Stuttgart. Ob das bequeme Sitzenbleiben und die Chance, theoretisch ohne Unterbrechung im Zug arbeiten zu können, dies aufwiegen, muss ich noch sehen.
Kurz: Exzellent verunsichert
Altkanzleramtsminister Pofalla bekommt einen Posten bei der Bahn – als Cheflobbyist. Die Medien berichten, verkehrs- und antikorruptionspolitische Empörung.
Die Satireseite Postillon behauptet, bereits am 1.1. entsprechendes berichtet zu haben. Der Schluss liegt nahe (warum eigentlich?): Die Medienmaschine hat feiertagsbedingt Satire für Ernst genommen und dann schlicht voneinander abgeschrieben. Pofalla – eine gigantische Ente?
Oder doch Metasatire? Denn Blogposts zurückdatieren kann jeder. Pofalla bei der Bahn ist also doch der Ernstfall, die Ente sind wir – aber für einen Moment verwischten die Grenzen. Allein schon die Plausibilität, dass es eben Satire hätte sein können, zeigt die Absurdität dieser Personalie. Verunsicherung par excellence. Und dafür Chapeau, lieber Postillon!
P.S.: Der Thomas Knüwer schreibt sehr viel ausführlicher eine kluge Analyse dazu, was hier passiert ist.
Kurz: Bahnfahrtipps
Als regelmäßiger Bahnfahrer spielt das richtige Maß an Gelassenheit im Umgang mit der Bahn auch in meinem Blog ab und zu eine Rolle; und wer mir auf Twitter oder Facebook folgt, erlebt manchmal entsprechende Abenteuer mit – bis hin zu Verzerrungen in der Raumzeitgeometrie, die dazu führen, dass der schnellste Weg zwischen Stuttgart und Freiburg schon mal über Mannheim führen kann.
Aktuell wollte ich aber vor allem auf eine hilfreiche Liste hinweisen, die Malte Krohn für Viel- wie Gelegenheitsfahrgäste zusammengestellt hat. Gelassenheit gehört auch dazu, aber auch ein paar weitere kluge Tipps fürs bessere Bahnfahren.