Bei uns

Es ist schon eine Wei­le her, dass ich so geflasht war von einem unse­rer Par­tei­ta­ge. Dass ich mit dem posi­ti­ven Gefühl nach Hau­se fah­re, dass wir klar sind, dass wir gebraucht wer­den, und dass wir eine Par­tei sind. Und die­ses posi­ti­ve Gefühl liegt nicht am Schlaf­man­gel und auch nicht an der Son­ne, die sich nach drei Tagen Pro­gamm­de­bat­te zeig­te, son­dern an etwas anderem.

Es hat län­ger gedau­ert, als es not­wen­dig gewe­sen wäre, und es war ein schmerz­haf­ter Pro­zess – aber jetzt haben wir uns sor­tiert. Jetzt sind wir als Par­tei wie­der bei uns. 

Grün zu sein, fühlt sich end­lich wie­der stim­mig an. Gemein­sam, geschlos­sen, ent­schlos­sen – und nicht ein mut­lo­ser Hau­fen von sich unter­ein­an­der befeh­den­den Grüpp­chen. Und auch das ist ange­kom­men, wur­de wahr­ge­nom­men und wird uns in der vor­sich­tig-posi­ti­ven bis enthu­si­as­ti­schen Pres­se­be­richt­erstat­tung zurück­ge­spie­gelt. Das trägt. Ja: Wir wer­den gebraucht, und wir wis­sen genau, was wir in die­sem Land zum Posi­ti­ven ändern wollen.

Die Pro­gamm-BDK hat­te aus mei­ner Sicht drei Funk­tio­nen. Und die hat sie dies­mal – da ein gro­ßer Dank vor allem an Micha Kell­ner, an den Bun­des­vor­stand, aber auch an alle wei­te­ren Betei­lig­ten – alle drei mit Bra­vour erfüllt.

„Bei uns“ weiterlesen

Kurz: Adulting

Ich bin 41 Jah­re alt, habe – zumin­dest die Hälf­te jeder Woche – zwei Kin­der, seit län­ge­rem einen Uni­ab­schluss und seit eini­ger Zeit auch eine fes­te Stel­le. Ich lebe in einer eher klei­nen Miets­woh­nung, habe weder Füh­rer­schein noch Auto, und fin­de trotz dem frü­hen Auf­ste­hen, das sich durch das Pen­deln zur Arbeit bzw. das In-die-Schu­le-Schi­cken der Kin­der ergibt, ab und zu doch, dass sich mein Leben gar nicht so sehr ver­än­dert hat seit der Zeit, als ich stu­diert habe. Im eng­lisch­spra­chi­gen Raum (bzw. in dem Aus­schnitt, der bei mir via Twit­ter davon ankommt …) fin­det hin­ter dem Begriff „adul­ting“ (in etwa: „erwach­se­ne Din­ge tun“) immer mal wie­der eine Debat­te dar­über statt, was Erwach­sen­sein im 21. Jahr­hun­dert eigent­lich aus­macht. Ich lese zum Bei­spiel immer noch viel Sci­ence Fic­tion und Fan­ta­sy – machen Erwach­se­ne sowas? Lego für Erwach­se­ne, Pop­mu­sik, viel Zeit zum Ver­gnü­gen vor dem Bild­schirm, ob das jetzt – bei mir eher nicht so – der Seri­en­kon­sum via Net­flix, Com­pu­ter­spie­le oder – das doch viel – sozia­le Medi­en sind, eine nur vage Annä­he­rung an erwach­se­ne Klei­dung­s­tan­dards. Lesens­wert ist hier z.B. der Bei­trag und die dar­un­ter ste­hen­de Debat­te im Blog des SF-Autors Charles Stross unter dem Titel „Fore­ver young?“. Haben sich die Kon­ven­tio­nen geän­dert und pas­sen schlicht nicht mehr zu den in der Kind­heit gelern­ten Erwar­tun­gen? Oder hat unse­re Gesell­schaft (jedes­mal, wenn ich aus Ber­lin kom­me, den­ke ich, da viel­leicht noch mehr als anders­wo) das Erwach­sen­sein verlernt?

Kommunikativer Vertrauensverlust in verunsicherten Zeiten

Waiting I

Kom­mu­ni­ka­ti­ons­gue­ril­la pro­du­ziert immer, immer, immer Ver­un­si­che­rung. Und zer­stört damit gesell­schaft­li­ches Ver­trau­en. Das ist unaus­weich­lich. Trotz­dem kann es legi­tim sein, zu die­ser Form poli­ti­scher Akti­on zu grei­fen. Bei­spiels­wei­se dann, wenn es dar­um geht, etwas schein­bar Selbst­ver­ständ­li­ches in Fra­ge zu stel­len, an Insti­tu­tio­nen zu rüt­teln, Men­schen dazu anzu­re­gen, nach­zu­den­ken und nicht ein­fach hin­zu­neh­men, was ist. (Da hat Kom­mu­ni­ka­ti­ons­gue­ril­la eini­ges mit Sozio­lo­gie gemein­sam, aber das ist eine ande­re Geschichte). 

Weil Kom­mu­ni­ka­ti­ons­gue­ril­la Ver­trau­en zer­stört, und weil, wenn es eines gibt, was in die­ser Gesell­schaft gera­de fehlt, Ver­trau­en ist, bin ich so ver­är­gert dar­über, dass ges­tern jemand die Geschich­te in die Welt gesetzt hat, dass auf­grund des tage­lan­gen War­tens in der Käl­te vor dem Ber­li­ner „Lage­so“ ein Flücht­ling gestor­ben ist. Ich gehö­re zu den tau­sen­den Men­schen, die die­se Geschich­te geglaubt haben, und die sie wei­ter­ge­ge­ben haben. 

„Kom­mu­ni­ka­ti­ver Ver­trau­ens­ver­lust in ver­un­si­cher­ten Zei­ten“ weiterlesen

Kurz: Sonderbares Berlin

imageBer­lin ist ja so ein biss­chen eine hass­ge­lieb­te Stadt von mir. Viel­leicht ist sie auch zu groß, um sie ganz zu grei­fen. Facet­ten blit­zern auf und ver­schwin­den wie­der: das poli­tisch-media­le Ber­lin in sei­ner inzes­tuö­sen Abschot­tung, das Tou­ri-Ber­lin in ver­schie­de­nen Alters­klas­sen, das Sze­ne-Ber­lin (frü­her auto­nom, jetzt Hips­ter, aber immer uni­form und kon­form). Und dazwi­schen ab und an auch etwas sehr Rau­hes (in den Geschmacks­rich­tun­gen Ost und West).

Ich bin immer mal wie­der in Ber­lin, meist poli­tisch, manch­mal auch pri­vat, wie die­ses Wochen­en­de (ein paar Fotos). Klar sind es immer nur Aus­schnit­te, die ich da zu sehen krie­ge. Aber zusam­men erge­ben sie dann doch ein Gesamtbild.

Heu­te habe ich mir die Aus­stel­lung West:Berlin ange­schaut. Durch­aus loh­nes­wert – und lehr­reich, was die Geschich­te der bis heu­te durch­schim­mern­den Exzep­tio­na­li­tät angeht. Insel­sta­tus als Fes­tung des frei­en Wes­tens im Osten, Insel­sta­tus als Rück­zugs­ort und selbst­ge­wähl­tes Gefängnis/Lautsprecher einer links­al­ter­na­ti­ven Bewe­gung. Bei­des hat eige­ne Pra­xen, Mythen und Iden­ti­täts­bruch­stü­cke gene­riert, die – so mei­ne ich – in ver­scho­be­ner und ver­zerr­ter Form bis heu­te fort­wir­ken, und erklä­ren, war­um in Ber­lin (im Guten wie im Bösen) man­che Din­ge anders lau­fen. Dahin­zie­hen woll­te ich nicht – inter­es­sant ist es allemal.