Die Grünen haben ein neues Logo, und es ist nicht wirklich spannend – keine Schrift mit Gewöhnungsbedürftigkeit, keine Experimente. Dafür fällt das Urteil der Profis auch entsprechend aus: Wortfeld findet die Futura auch anderswo in Parteilogos (und ich würde hinzufügen: fett & kursiv sieht auch bei CDU/CSU und diversen Rechtsrandparteien dynamisch aus), auch Fontblog geht u.a. darauf ein und das Designtagebuch betont die Nähe zum Vorgänger und sieht darin „vielleicht nicht die bestmögliche aller denkbarer Versionen eines Grünen-Logos aber […] einen breiten Konsens.“ Mir persönlich ist er zu breit, ein bißchen mehr Profil hätte gerne sein können. BTW: der KV Pankow hatte noch eine vierte Variante (pdf) eingereicht, die tatsächlich nur eine handwerklich saubere Überarbeitung des bisherigen Logos darstellt, also das Bewährte noch ein Stück weit stärker hätte bewahren können – die wurde zwar auf Druck der Delegierten zum Verfahren zugelassen, dann aber eher stiefmütterlich behandelt (und z.B. so präsentiert, als sei hier die Invertierung – weisse Schrift auf grünem Grund – nicht möglich). Schade, wäre neben Variante 2 mein Favorit gewesen.
Z01-775–2
Gerade noch rechtzeitig vor Änderungsantragsschluss habe ich meinen Änderungsantrag zu Z‑01 (Grundsicherung) eingereicht. Ich hoffe immer noch, dass der Bundesparteitag am Wochenende – wie schon in Baden-Württemberg – für ein durchdachtes Grundeinkommensmodell stimmen wird.
Sollte dies jedoch nicht der Fall sein, dann wäre Z‑01 für mich nur mit deutlichen Verbesserungen tragbar. Dass z.B. Boris Palmer in mehreren Interviews Z‑01 sinngemäß als „offene Tür für ein späteres Grundeinkommen“ bezeichnet hat, kann ich so nicht so ganz nachvollziehen, und bin da wohl auch nicht der einzige, wenn ich mir die große Zahl an Änderungsanträgen anschaue. Einer davon ist der von mir gestellte (herzlichen Dank an dieser Stelle an alle MitunterzeichnerInnen!), der den schönen Namen Z01-775–2 erhalten hat (Parteiabkürzung für: Änderungsantrag Nr. 2 zu Zeile 775 in Antrag Z‑01). Darin geht es darum, statt dem vagen Hinweis auf eine Brücken-Existenzsicherung – im unterlegenen baden-württembergischen Grundsicherungsantrag war damit ein einmal im Leben abrufbares einjähriges Zeitkonto für einen Pseudo-Grundeinkommensbezug gemeint, hier ist es nicht näher ausformuliert – genauer zu beschreiben, wie ein Modell aussehen könnte, das sowohl die Nothilfe als auch die der Grundeinkommensidee entnommene Überlegung, (begrenzte) Freiräumen für Kreativität, Existenzgründung, soziales Engagement etc. zu schaffen, umsetzen kann. Letzteres nenne ich bei mir „Bürger-Projekt-Stipendium“ und meine damit
Mittel – ebenfalls in Höhe des aufgestockten ALG-II – [die] ohne Bedarfsprüfung für einen vorher festgelegten Zeitraum nach positiver Prüfung eines eingereichten Projektvorschlages und verfügbaren Mitteln regional vergeben [werden]. Ein derartiges Bürger-Projekt kann im wirtschaftlichen Bereich angesiedelt sein, wie etwa die Unterstützung einer Existenzgründung oder einer Produktentwicklung, es kann als soziales, ökologisches, künstlerisches oder wissenschaftliches Projekt ausgestaltet sein oder der eigenen Weiterqualifikation dienen.
Mal schauen, was daraus wird. Die ersten Weichenstellungen wird es schon beim Treffen der AntragsstellerInnen Freitag mittag geben – vielleicht bewegt sich der Bundesvorstand ja.
Warum blogge ich das? Update zu diesem Beitrag.
P.S.: Oswald Metzger hat ja nun schon an verschiedenen Stellen verkündet, dass er aus der Partei austreten will, wenn ein Grundeinkommen beschlossen wird. Wie neoliberal er tatsächlich eingestellt ist, zeigt sein Änderungsantrag zu Z‑01: der derzeitige Hartz-IV-Regelsatz soll in Z‑01 von 345 auf 420 Euro erhöht werden, wie dies u.a. die Wohlfahrtsverbände fordern. Das möchte Oswald streichen – Begründung: die Lohnnebenkosten würden steigen und die Konjunktur gefährdet. Wie es den Menschen geht, die mit Hartz-IV auskommen (müssen), scheint ihn nicht im geringsten zu interessieren …
Vor dem 27. Parteitag
Nächste Woche findet die Bundesdelegiertenkonferenz, sprich, der Bundesparteitag, von Bündnis 90/Die Grünen in Nürnberg statt. So die Bahn bis dahin wieder fährt, bin ich einer der etwa 800 Delegierten, die dort über einige wichtige Themen entscheiden werden. Auf der Tagesordnung steht nicht nur die grüne Marktwirtschaft, sondern auch die Frage „Zukunft der sozialen Sicherung“ (samt bisher etwas schwachbrüstiger Online-Debatte) und das immer wieder gerne diskutierte Thema Neues Logo.
Die Zukunft des Sozialen wird sich letztlich um die Frage Grundsicherung oder Grundeinkommen drehen. Dazu liegen inzwischen etwa fünf leitantragsfähige Anträge und haufenweise Änderungsanträge (Kategorie „Z“) vor. Der Antragsschluss für Änderungsanträge ist übrigens Sonntag; auch ich suche noch nach drei UnterstützerInnen für einen Antrag zur Abmilderung von Z‑01 (bzgl. der Brückenexistenz-Sicherung). Eine Synopse der zentralen Anträge hat Dirk Werhahn zusammengestellt. Kurz gesagt gibt es den (teilweise recht wolkigen) Grundsicherungsantrag des Bundesvorstandes (Z‑01), den Beschluss der LDK Baden-Württemberg zum Sockelgrundeinkommen, über den ich hier ja schon ausführlich geschrieben habe (Z‑02). Dann gibt es noch ein paar ähnliche Anträge u.a. aus Rheinland-Pfalz, und den Antrag Z‑08, der sich – wiederum wolkiger, aber dafür etwas radikaler – für ein weitergehendes Grundeinkommen ausspricht.
Die Einschätzungen, welcher Antrag mehrheitsfähig ist, gehen weit auseinander – von „der Buvo darf nicht schon wieder blamiert werden, deswegen wird Z‑01 gewinnen, egal was drinsteht“ bis zu „viele Landesverbände haben sehr knapp für bzw. gegen ein Grundeinkommen gestimmt; es wird auch diesmal sehr knapp werden und bei guter Argumentation und guter Bündnisarbeit zu gewinnen sein“ (und das Gerücht, das es Anträge geben wird, die tatsächliche Abstimmung zu vertagen, weil gerade da und dort Landtagswahlen stattfinden, habe ich auch schon gehört). Ich persönlich fände es sehr schön, wenn der Bundesparteitag sich dem baden-württembergischen Votum anschließen würde, und ein zukunftsweisendes, ausgearbeitetes Konzept für ein Grundeinkommen unterstützt, das durchaus finanzier- und umsetzbar ist. Freitag voram Abend der BDK (21 Uhr) wird es noch ein Treffen des grün-internen Netzwerks Grundeinkommen geben – vielleicht ergibt sich dort ja auch noch eine Verdichtung der Antragslage. Ich würde das begrüßen.
Zu Z‑01 ist – ähnlich wie beim entsprechenden in Baden-Württemberg gescheiterten Grundsicherungsantrag – vor allem zu sagen, dass eine schöne Rhetorik mit einigen positiven Forderungen und viel Weiter-so und einer ganz anders laufenden Praxis zusammenkommt. In der jetzigen Form kann ich diesen Antrag nicht unterstützen; wenn er zu einem echten Kompromiss erweitert wird, der Türen für das Grundeinkommen aufmacht, statt es pauschal zu verdammen, müsste ich mir das nochmal überlegen.
Während meine Aufmerksamkeit derzeit also vor allem auf der Grundeinkommens-Grundsicherungs-Debatte liegt, ist natürlich auch die Logo-Entscheidung nicht unspannend. Ich denke, ich werde für ein neues Logo, und zwar für den Entwurf 2 stimmen:
Warum blogge ich das? Weil auf Parteitagen vieles schon entschieden ist, wo die wichtige Meinungsbildung im Vorfeld – also jetzt – abläuft. Und weil es auf dem Parteitag selbst wohl nur kostenpflichtiges T‑Lan geben soll.
Grüne diskutieren nächtens Bürgerrechte (Update 2: Debatte)
Während für die CSU Interaktivität anscheinend in bunten Bildern und vorgelesenen Texten besteht, macht die grüne Bundestagsfraktion heute was nettes: nämlich eine lange Nacht der Bürgerrechte. Wer zufälligerweise in Berlin wohnt, kann ab heute um 17 Uhr in den Newthinking Store in die Tucholskystraße gehen, und dort bis 2 Uhr nachts mit diversen Grünen (u.a. Ströbele, Künast, Roth), aber auch mit Leuten vom CCC etc. über Bürgerrecht in der Informationsgesellschaft reden (Programm und Ort).
Was das ganze mit Interaktion und der CDU zu tun? Angeblich – auf der Infoseite steht nur: Angabe folgt – soll es auch eine Möglichkeit geben, sich per Chat an der Debatte zu beteiligen. Wäre nicht schlecht, weil ja nun auch außerhalb Berlins Menschen wohnen, die das Thema Bürgerrechte wichtig finden. Und die sich so dann auch beteiligen können.
Warum blogge ich das? Wichtiges Thema, und wenn Berlin nicht so weit weg wäre …
Update: Auch der Chat läuft jetzt. Und später soll es auch Videostreams geben.
Update 2: Diverse Blogs (z.B. Ravenhorst und FX!MBR) haben den Grünen die rot-grüne Koalition noch nicht verziehen. Oder halten die politische Auseinandersetzung mit dem Thema Bürgerrechte für vorgezogenen Wahlkampf. Darf ’ne politische Partei sich mit Organisationen wie Newthinking, dem CCC oder dem AK Vorratsdatenspeicherung einlassen, oder diskrediert das besagte Gruppen und AktivistInnen – das ist der Tenor der Debatte.
Auf dem Weg zur Law-and-order-Burg?
Eigentlich habe ich gerade überhaupt keine Zeit für diesen Blogeintrag (wiederhole ich mich?), aber – ohne Verlinkung und auf die Schnelle – ich wollte doch kurz was zum aktuellen Freiburger Thema Alkoholverbot in der Innenstadt sagen. Alleine und für sich genommen wäre das ein etwas verfehlter Versuch des Streetworkings (da sind SozialarbeiterInnen aber eigentlich deutlich besser zu geeignet als PolizistInnen). Ein bißchen geht’s mir bei dem Thema wie beim Rauchverbot in Kneipen: mir selbst ist es eher egal (ich rauche nicht und trinke auch keinen Alkohol), aber aus prinzipiellen Erwägungen heraus finde ich es schwierig. Wie gesagt – für sich genommen wäre das mit dem Versuch, randalierende Jugendliche dadurch davon abzuhalten, dass der Verzehr von Alkohol im öffentlichen Raum in der Innenstadt verboten wird, ein bißchen seltsam (nicht zuletzt, weil das Weinfest auf dem Münsterplatz davon sicher nicht betroffen sein wird). Aber es steht halt nicht alleine da, sondern in einer Reihe mit dem rabiaten Vorgehen gegen das wilde Fahrradparken, mit dem Ess- und Trinkverbot in den Straßenbahnen, mit dem härteren Umgang mit spontanen Demos und der linksalternativen Szene, mit einem entsprechenden Polizeichef usw. Von einem grünen Oberbürgermeister und einer grünen Fraktion mit einer relativen Mehrheit hätte ich da – selbst in einer de facto schwarz-grünen Koalition, wie hier in Freiburg – dann doch ein bißchen was anderes erwartet. Bürgerrechtspartei, ein gewisses Bewusstsein dafür, dass Verbote meistens nur dazu führen, dass das Verbotene verlagert wird (die alkoholisierten Jugendlichen werden dann halt in Zähringen oder in Weingarten die harten Sachen trinken, bevor sie in die Straßenbahn steigen oder in der Innenstadt ankommen – macht die Sache nicht besser).
Warum blogge ich das? Weil ich bisher davon ausgegangen bin, dass OB Salomon mal wiedergewählt werden will. Aktuell sieht’s nicht so danach aus.