Ich mag ja Sonnenuntergänge. Und dramatische Wolkenberge.
Kurz: Sonderbares Berlin
Berlin ist ja so ein bisschen eine hassgeliebte Stadt von mir. Vielleicht ist sie auch zu groß, um sie ganz zu greifen. Facetten blitzern auf und verschwinden wieder: das politisch-mediale Berlin in seiner inzestuösen Abschottung, das Touri-Berlin in verschiedenen Altersklassen, das Szene-Berlin (früher autonom, jetzt Hipster, aber immer uniform und konform). Und dazwischen ab und an auch etwas sehr Rauhes (in den Geschmacksrichtungen Ost und West).
Ich bin immer mal wieder in Berlin, meist politisch, manchmal auch privat, wie dieses Wochenende (ein paar Fotos). Klar sind es immer nur Ausschnitte, die ich da zu sehen kriege. Aber zusammen ergeben sie dann doch ein Gesamtbild.
Heute habe ich mir die Ausstellung West:Berlin angeschaut. Durchaus lohneswert – und lehrreich, was die Geschichte der bis heute durchschimmernden Exzeptionalität angeht. Inselstatus als Festung des freien Westens im Osten, Inselstatus als Rückzugsort und selbstgewähltes Gefängnis/Lautsprecher einer linksalternativen Bewegung. Beides hat eigene Praxen, Mythen und Identitätsbruchstücke generiert, die – so meine ich – in verschobener und verzerrter Form bis heute fortwirken, und erklären, warum in Berlin (im Guten wie im Bösen) manche Dinge anders laufen. Dahinziehen wollte ich nicht – interessant ist es allemal.
#12von12 mal ausprobiert
Dass ich heute bei der Aktion #12von12 mitmachen will, ist mir erst spät am Morgen eingefallen – also um kurz vor 7 Uhr. Sonst wäre jetzt noch ein schönes Sommerstimmungsfoto vom Bahnhof zu sehen.
Um 6.43 Uhr bin ich in den einzig durchgehenden Zug des Tages eingestiegen, um nach Stuttgart zu pendeln. Wie jedes Mal hält der Zug irgendwo zwischen Freiburg und Lahr, um den ICE überholen zu lassen. Der ICE fährt in Freiburg später los, trifft aber in Karlsruhe wieder auf den IC. Deswegen das Überholmanöver, deswegen ein paar Minuten Standzeit, und deswegen ein Foto eines Kabelkanals neben den Gleisen.
Kurz: Kaffeepause
Ich beobachte, dass sich mein Kaffeegenuss in Richtung zweier dezidierter Muster entwickelt hat. An meinen Zuhause-Tagen mache ich mir zum Frühstück einen Kaffee mit aufgeschäumter Milch. Nach dem Mittagessen trinke ich noch einen Espresso mit einem Schuss Milch – gerne in der Sonne, gerne mit einem Stück Schokolade.
An meinen Stuttgart-Tagen ist mein Kaffeekonsum dagegen deutlich ausgeprägter: Den ersten Milchkaffee gibt es auf der Zugfahrt nach Stuttgart. Dort – auch dank der großartigen Fraktionskaffeemaschine – trinke ich dann im Lauf des Tages noch zwei bis drei Becher Cappuccino. (Und klar: die Sitzungen mit Filterkaffee gibt es manchmal auch noch).
Tage ganz ohne Kaffee? Schwer vorstellbar, jedenfalls nicht ohne längere Umgewöhnungszeit. Und ihr so?
Taschengeldgeschichten
Zur Kindheit im vollendeten Kapitalismus gehört die Investition von Taschengeld in – aus Elternsicht eher schrecklichen – Plastikkruscht, gerne in Form von Sammelfiguren. R. hat gestern abend ausgerechnet, dass er sich zwei Figuren kaufen kann, und mir heute morgen extra noch mitgeteilt, dass wir doch bitte nach dem Kindergarten zum Discounter gehen sollen, um diesen Plan in die Tat umzusetzen. Gesagt, getan – ich hole R. vom Kindergarten ab, gemeinsam finden wir den Discounter (in dem ich sonst nie einkaufe), und auch der Aktionsbereich kurz vor der Kasse ist schnell lokalisiert. Ein hilfsbereites Kind informiert uns – die Figuren sind nicht ausgezeichnet – über Preise und Erwerbsstrategien, R. kauft seine beiden roten Figuren, packt sie schon auf dem Weg zum Fahrradanhänger aus und ist zunächst glücklich.
Es wird jetzt aber auch höchste Zeit, Z. vom Hort abzuholen. Also die Rieselfeldallee entlanggesaust – bis das muntere Spiel-Gebrabbel aus dem Anhänger jäh unterbrochen wird. „Papa, eine Figur ist weg!“
Ich halte am Straßenrand an, wir schauen im Anhänger nach, unter der Kuscheldecke, in R.s Jackentaschen. Da ist die Figur nicht. Und wirklich – der Anhänger hat an einigen Stellen Öffnungen, aus denen die Figur gekullert sein könnte. R. bleibt beim Rad (könnte ja gestohlen werden, meint er), ich gehe nochmal ein ganzes Stück zurück, angestrengt Ausschau haltend nach einer kleinen roten Plastikfigur. Finde aber keine. Den kommenden Wutausbruch schon vor dem inneren Auge, teile ich dies R. mit. Er ist traurig, nur die Ansage, dass ich den finanziellen Verlust zu teilen bereit bin, heitert ihn auf. Aber es hilft alles nichts, wir müssen weiter.
Kaum will ich los, sehe ich eine Sammelfigur im Straßendreck liegen. Grün, nicht rot, aber aus der gleichen Serie. Müssen gerade alle haben. R. ist glücklich über die grüne Figur. Ich denke, dass es doch eine Karmaverrechnung gibt – da wird sich dann wohl ein anderes Kind über R.s verlorene Figur freuen. Ausgleichende Gerechtigkeit, aber jetzt auf zum Hort.
Z. wartet schon, gemeinsam trödeln wir uns nach Hause. Am späten Nachmittag ist das ein langer Weg. Endlich in der Tiefgarage angekommen, das Rad verstaut, die Treppen zur Wohnung hoch, bleibt R. plötzlich stehen. Verdutzt präsentiert er uns – die rote, die verloren geglaubte Figur. Die wohl in den Ärmel gerutscht war. „Hatte ich die ganze Zeit in der Hand, ohne es zu merken“, meint R. dazu.
Morgen will er dann weitere Figuren kaufen. Ich hoffe, er hält sie gut fest.