Der platte Stolz der Konservativen (Update)
Christian Ströbele spricht im Deutschlandfunk-Interview vieles aus, was ich mir auch so über Nationalsymbole denke – und bekommt als Antwort einen „Sturm der Entrüstung“ aus der nationalkonservativen Ecke, spricht CDU, CSU und FDP. Wie da jetzt angefangen wird, einzufordern, dass Abgeordnete stolz auf ihr Land sein müssten, um politisch agieren zu dürfen, ist schon irgendwie widerlich.
Und eigentlich ist ja mit dem Satz „Ich liebe nicht den Staat, ich liebe meine Frau.“ von Gustav Heinemann (Bundesinnenminister, Bundespräsident) auch schon alles gesagt, was dazu zu sagen ist. Solange Staaten keine Einrichtungen sind, in die mehrheitlich bewusst und individuell eingetreten wird – bei freier Auswahl -, sondern von Zufällen der Geburt und des Aufenthaltsortes abhängen, ergibt „Vaterlandsliebe“ keinen Sinn. Und selbst dann: Wir leben in einer Gesellschaft, nicht in einer Gemeinschaft.
Aber scheinbar wollen die Entrüsteten aus den drei konservativen Parteien nicht verstehen, dass nicht volksgemeinschaftliche Identität die beste Politik hervorbringt, sondern dass es gerade der etwas distanzierte Blick ist, in dem dann auch die Mißstände und braunen Flecken sichtbar, die aus der Wahrnehmung der Konservativen heraus übertüncht erscheinen und damit nicht gesehen werden wollen.
Bisher ist die einzige Bundestagspartei, die die Deutschlandfahne im Logo führt, die Union. Bei der Linkspartei weht die rote Fahne im Logo. Das ist auf einer anderen Ebene auch nicht wirklich viel besser. Grüne haben bisher, wenn überhaupt, eher mit ironischen Verfremdungen gearbeitet – „ohne uns wird alles schwarz-rot-gold“. Das war 1990, und würde heute vielleicht auch bei Bündnis 90/Die Grünen so nicht mehr verwendet. Ich hoffe, dass es dabei bleibt, und dass die Flagge in unserem grünen Wahlkampf weiterhin nur gebrochen und aus Distanz erscheint, Verbürgerlichung hin oder her.
Warum blogge ich das? Weil ich mir weder das Logo meiner Solidargemeinschaft Krankenkasse an die Brust heften will noch glaube, dass wir sowas wie den amerikanischen Umgang mit diesem Symbol hier brauchen.
P.S.: Nebenbei bemerkt: auch für den seltsamen Vorschlag der CDU, die Sprache zum Nationalsymbol und Naturdenkmal zu erklären, steht die 2/3‑Mehrheit m.W. bisher noch nicht.
Update: Die Berliner Morgenpost hat ihren Artikel zum Thema mit einer Umfrage verziert.
Spurensuche nach Gender-Aspekten in einem Forschungsprogramm
Die UB Freiburg hat soeben den Arbeitswissenschaftlichen Forschungsbericht Nr. 9 freigeschaltet: „Gender-Aspekte im Forschungsprogramm ‚Nachhaltige Waldwirtschaft‘ – eine Spurensuche“.
In diesem kleinen Aufsatz, der ein Nebenprodukt meiner Forschungstätigkeit im Projekt wa’gen darstellt, berichte ich über die Ergebnisse einer kleinen Befragung im Forschungsprogramm Nachhaltige Waldwirtschaft des BMBF. Ziel der Befragung der einzelnen Projekte in diesem Forschungsprogramm war es, herauszufinden, wie das Querschnittsthema Geschlecht in diesem Programm inhaltlich umgesetzt wurde, und welche Rolle Gender Mainstreaming und Frauenförderung als erklärte Ziele der Forschungspolitik strukturell gespielt haben.
Die Ergebnisse sind so erwartbar wie ernüchtern und unterstreichen die Notwendigkeit einer weiteren Beschäftigung mit der wissenschaftspolitischen Frage nach der Bedeutung von Geschlecht. Dies betrifft sowohl die inhaltliche Ebene wie auch die Frage, wie sich die strukturell unsichere Projektforschung im Forschungsalltag und in den Rahmenbedingungen der Förderer mit politischen Zielsetzungen wie etwa der Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder eben auch der klassischen Gleichstellungspolitik zusammenbringen lassen kann.
Ich bin gespannt, ob sich ausgehend von diesem Bericht – der tatsächlich eher Fragen aufwirft als sie zu beantworten – eine Debatte entwickelt und würde mich über Diskussionsbeiträge und Kritik freuen.
Warum blogge ich das? Weil ich das Thema „Geschlecht und Wissenschaftspolitik“ wichtig finde.
Kaffeefragebogen, ausgefüllt
Blogs lassen sich nicht nur als Kolumne mit integrierter Leserbrieffunktion verwenden, sondern auch im Sinne sozialer Netzwerke. Da sind mancherlei Spielereien denkbar, z.B. die „Blogparade“, d.h. in einem bestimmten Zeitraum schreiben viele Blogs was zum selben Thema. Finde ich meistens nicht so sinnvoll, den „Kaffeefragebogen“ hier musste ich dann aber doch ausfüllen.
Wie bereitest Du Dir Deinen Lieblingskaffee zu und was muss für Dich in einen „perfekten“ Kaffee rein: nix, Milch(schaum), Zucker, Sirup …?
Wenn ich ihn selbst zubereite: Per Percolator (also das italienische Alu-Espressokännchen für die Herdplatte), mit Espresso-Pulver. Dazu dann Milchschaum (mit dem handbetriebenen Glasmilchschäumer zubereitet); genauer gesagt: erst (viel) Milchschaum, dann Espresso in die Tasse, obendrauf je nachdem noch Zucker und/oder Kakao.
Ansonsten trifft kommerziell erhältlicher „Milchkaffee“ ohne weitere Extras meist meinen Geschmack.
Kaffee ohne Milch trinke ich sehr ungern, und wenn, dann mit Zucker. Schwarzen Kaffee ohne Zucker nur, wenn’s gar nicht anders geht.
Achtest Du beim Kaffeekauf auf bestimmte Siegel (Bio, Transfair, UTZ Certified, Rainforest Alliance)? Wenn ja, warum?
Auf jeden Fall „Transfair“ (weil ich das Prinzip eines gerechteren Welthandels von unten sinnvoll finde). Und wenn auch das Biosiegel mit drauf ist, greife ich noch lieber zu.
Ist Kaffee Deiner Meinung nach ein Problem für die Umwelt? Warum (nicht)? (CO2-Verbrauch, Anbau, Pestizid- u. Herbizideinsatz, Energieverbrauch etc.)
Gute Frage. Und wahrscheinlich (Pestizide etc.) ein Grund mehr, auf Biosiegel und ähnliches zu achten. Und vage erinnere ich mich, auch schon mal was von Bodenproblemen durch (Monokultur-)Kaffeeanbau gehört zu haben. Wie bei allen Importwaren hängt an Kaffee – wenn ich mal drüber nachdenke – natürlich ziemlich viel transportbedingtes CO2. Andererseits kann das pro Tasse oder so nicht sehr viel sein, weil dafür ja nicht sehr viel Kaffeepulver verwendet wird.
Ein Punkt, mit dem ich in meinen Kaffeegewohnheiten selbst nicht so glücklich bin, ist der Herdplatten-Percolator (nebenbei bemerkt: ist grade in „Öko-Kreisen“ sehr beliebt, glaube ich). Da bin ich mir ziemlich sicher, dass die Energiebilanz nicht optimal ist. Gleichzeitig würde ich allerdings vermuten, dass bei einer Gesamtproduktbetrachtung der Löwenanteil des Energieverbrauchs (und der Klimaemissionen) in Trocknung und Transport steckt.
Nebenbei bemerkt: Kaffee eignet sich gut, um über globale Beziehungen nachzudenken. Wolf Göhring hat das bei oekonux mal gemacht.
So. Und jetzt habe ich doch nochmal bei Ryan/Durning (1997) nachgeschaut – in einem netten kleinen Buch namens Stuff, in dem für die amerikanische „Northwest Environment Watch“ den globalen Beziehungen (unter Umweltgesichtspunkten) hinter Alltagsgegenständen nachgegangen wird. Ein paar Faktenschnippsel aus diesem Buch:
- Bei zwei Tassen Kaffee pro Tag (das ist so etwa mein Konsum) liegt der Jahresverbrauch bei 18 „pound“ Kaffeebohnen, das sind etwa acht kg. Dem Buch zufolge entspricht dies der Ernte von 12 Kaffeebäumen.
- Ertragsstarke Kaffeeplantagen (in Kolumbien) sind tatsächlich monokulturell, verfügen nicht mehr über Schattenbäume und die entsprechende Biodiversität – und werden häufig mit Pestiziden besprüht.
- Die von Hand geernteten Kaffeebohnen werden maschinell von dem sie umgebenden Fruchtfleisch getrennt. Pro Kilogramm Kaffeebohnen fallen damit etwa zwei Kilogramm Fasern an, die Stuff zufolge (die dem Weg kolumbianischen Kaffees gefolgt sind) einfach in einen Fluss gekippt werden, was diesem Sauerstoff entzieht.
- Die sonnengetrockneten Kaffeebohnen werden dann in Säcken zu 60 kg per Schiff weitertransportiert und am Zielort etwa eine Viertelstunde bei 200°C geröstet, verpackt und weitertransportiert (per Lastwagen). Mit diesen Angaben ließe sich jetzt der direkte CO2-Ausstoß abschätzen.
Stuff empfiehlt, am besten auf lokal angebauten Kräutertee umzusteigen. Das habe ich nicht vor – die Hintergrundinfos bestärken mich aber darin, wenn schon Kaffee, dann zumindest biologisch angebauten zu verwenden. Was im übrigen beim Kaffeetrinken „auswärts“ gar nicht so klar ist: die Kaffeemaschinen in der Cafeteria der Uni werben damit, organisch angebauten Kaffee zu verwenden. Wie das bei sonstigen Lokalitäten aussieht, bleibt erstmal unklar.
Fühlst Du Dich beim Kaffeekauf genügend informiert (Angaben auf der Packung, Webseite des Herstellers etc.) oder welche Informationen vom Kaffeeanbau bis zur Zubereitung vermisst Du?
Im Prinzip finde ich die Labels („Transfair“, Biosiegel) da ausreichend. Was ich vermisse, ist vielmehr das gerade eben angesprochene: Infos über den Hintergrund beim Kauf zubereiteten Kaffees in Restaurants und Cafes (oder auch am Arbeitsplatz – also immer da, wo der Kaffeeeinkauf durch jemand anderes erfolgt). Wäre für mich jedenfalls durchaus ein Grund, bestimmte Cafes zu meiden bzw. zu bevorzugen.
Was war bislang Dein schönstes Kaffee-Erlebnis (Flirt am Kaffee-Automaten, Diskussionen in der Espressobar … was auch immer)?
Politikertypisch weiche ich der Frage mal aus und erzähle lieber, dass ich lange selbst keinen Kaffee getrunken habe. Das regelmäßige Kaffeetrinken – das ja dann, typisch Suchtmittel, das Nichttrinken von Kaffee mit Entzugserscheinungen verbindet, sprich: Kopfweh – also, das regelmäßige Kaffeetrinken habe ich erst auf politischen und sonstigen Konferenzen kennengelernt. Und im Arbeitsalltag des u‑asta, also im Studium. Während meiner Magisterarbeit dann exzessiv, inzwischen mit etwa zwei Tassen Kaffee (oder Espresso) pro Tag in einem wie ich finde einigermaßen sinnvollen Rahmen. Das dann aber schon!
Ryan, John C. / Durning, Alan Thein (1997): Stuff. The Secret Lives of Everyday Things. Seattle: Northwest Environment Watch.
Warum blogge ich das? Weil ich die Fragen interessant finde. Ausgangspunkt des Ganzen sind übrigens Vitalgenuss und Maskal.



