Brandung (10)

Teil X. der SF-Geschich­te „Bran­dung“. Wie geht es mit Kath und Ber­ti weiter?

Waldspaziergang II: Rusty fence

Brandung (10)

Kath kau­er­te sich in das Gebüsch aus Brom­bee­ren und irgend­wel­chen jun­gen Bäu­men, das auf die­ser Sei­te der Mau­er wucher­te. Ein Ver­steck, aber für wie lan­ge? Über sich hör­te sie Geräu­sche. Sie schreck­te zusam­men. Äste, die gegen die Mau­er feg­ten. Ein dump­fer Auf­prall. Ein halb unter­drück­ter Schrei. Vor­sich­tig schob sie eini­ge Zwei­ge zur Sei­te. Da: ein paar abge­bro­che­ne Äste, und Ber­ti, weni­ge Meter von ihr ent­fernt. Sie kroch an der Mau­er ent­lang, bis sie bei ihm war.

„Alles okay mit dir?“, flüs­ter­te sie. Ber­ti nick­te. „Ich hof­fe es. Mein Fuß, argh, mein Fuß tut ein biss­chen weh. Aber wir haben sie jetzt erst­mal abge­hängt. Hof­fe ich doch.“ 

Kath sah Ber­ti an, dass des­sen Fuß mehr als ein biss­chen weh tat. Sein Gesicht war schmerz­ver­zerrt, und solan­ge er nichts sag­te, bis er die Zäh­ne auf­ein­an­der. Sei­ne Hän­de such­ten immer wie­der den Knö­chel sei­nes Fußes, und rie­ben an die­sem. Den Hel­den spie­len wol­len, das sah ihm gleich. 

Sie hör­te Geräu­sche wie von einem Spielzeughubschrauber. 

„Kannst du dich bewe­gen?“, frag­te sie ihn. 

„Das wer­den wir sehen. Aber ich hab … eine Idee. Gib mir mal dein … Telefon.“

„Soll ich Hil­fe rufen? Oder wozu brauchst du mein Tele­fon?“ Kath wuss­te nicht so genau, was Ber­ti damit woll­te, kram­te aber trotz­dem gehor­sam das Smart­phone aus ihrer Umhän­ge­ta­sche und reich­te es ihm.

Die Hub­schrau­ber­ge­räu­sche waren jetzt deut­lich ver­nehm­bar. Eine Polizeidrohne?

„Kei­ne Hil­fe. Was … ande­res. Dei­ne … Daten, hast du … die in der … Cloud?“

„Äh, ja, warum?“

Ber­ti reagier­te nicht auf ihre Fra­ge. Statt­des­sen nahm es das Tele­fon und rich­te­te sich müh­sam auf. Mit Schwung schleu­der­te er es von sich. Das schwarz glän­zen­de Smart­phone prall­te gegen einen Baum und schlit­ter­te dann eini­ge Meter weit auf eine Schuttfläche. 

Fast hät­te jetzt Kath laut auf­ge­schrie­en. Auf­ge­bracht flüs­ter­te sie ein „He, was soll das? Das war teu­er!“ in Ber­tis Rich­tung und woll­te dem Tele­fon hin­ter­her. Ber­ti pack­te sie am Arm und zog sie mit sich in die Hocke. Kath ver­such­te, sich zu befrei­en, aber trotz sei­ner Schmer­zen war Ber­ti stärker.

Ber­ti zeig­te in Rich­tung des Tele­fons. „Ein Expe­ri­ment. Wir … müs­sen war­ten. Lei­se!“ Er ließ Kath los. Die­se über­leg­te, was sie tun soll­te. Ent­we­der war Ber­ti vor Schmer­zen halb ver­rückt, oder es gab gute Grün­de für sein selt­sa­mes Ver­hal­ten. Sie beschloss, zunächst ein­mal abzuwarten.

Eini­ge Minu­ten spä­ter wur­den die Hub­schau­er­ge­räu­sche lau­ter. Kath press­te sich an die Mau­er und ver­such­te, sich mög­lichst ganz in den Büschen zu ver­ber­gen. Auch Ber­ti kroch tie­fer in die Brom­beer­ran­ken hin­ein. Aus ihrem Ver­steck her­aus konn­te sie sehen, wie die Poli­zeidroh­ne genau über der Schutt­flä­che in der Luft stand. Lang­sam näher­te sie sich dem Boden. Ein Greif­arm wur­de her­un­ter­ge­las­sen. Direkt nach­dem er das Smart­phone gefun­den und fest umklam­mert hat­te, fing die Droh­ne wie­der an, auf­zu­stei­gen. Der Greif­arm wur­de ein­ge­zo­gen, die Droh­ne beschleu­nig­te und surr­te in den wol­ken­lo­sen Som­mer­him­mel davon.

„Was war das?“ Kath schau­te Ber­ti fra­gend an. „Ein Ver­such, die … Poli­zei zu über­lis­ten. Die … Robo­ter … sind dumm. Als nächs­tes … kom­men … Men­schen. Dann wird es … gefähr­lich. Wir müs­sen … weg. Schnell.“

Ber­ti krab­bel­te aus dem Gebüsch und ver­such­te, zu ste­hen. „Mein Fuß, mein Fuß“, jam­mer­te er. Kath stütz­te ihn, so gut es ging. „Wohin jetzt?“ 

„Bau­wa­gen … wir müs­sen Guy … warnen.“

Kath hat­te das Gefühl, dass es eine Ewig­keit dau­er­te, bis sie den Bau­wa­gen erreich­ten. Sie hat­ten es nicht gewagt, durch freie Flä­chen zu gehen. Statt­des­sen waren sie unter Büschen lang gekro­chen. Ber­ti stütz­te sich dabei zuneh­mend auf sie und zog ein Bein hin­ter­her. Das sah nicht gut aus. 

Die Freu­de dar­über, den alten Bau­stel­len­wa­gen gefun­den zu haben, währ­te jedoch nicht lan­ge. Die Tür stand weit auf. Kath warf einen Blick hin­ein. Auch vor­her hat­te das Inne­re des Wagens nicht gera­de auf­ge­räumt gewirkt. Das Cha­os, das jetzt dort herrsch­te, ließ sich nur dadurch erklä­ren, dass jemand die Rega­le umge­wor­fen, den Tisch zer­stört und sämt­li­che Papie­re und Kaf­fee­tas­sen zur Sei­te gefegt hat­te. Von Guy van Roman kei­ne Spur – auch sein Fle­xi­pad und sei­nen Alu­mi­ni­um­kof­fer konn­te Kath im Halb­dun­kel nicht sehen. 

(to be continued)

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